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The 1975 in der Mercedes-Benz-Arena: So performte Matty Healy in Berlin


So war das Konzert
The 1975 live in Berlin: Popstars der Moderne

  • Nils Heidemann
MeinungVon Nils Heidemann

Aktualisiert am 14.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Matty Healy auf der Bühne (Archivbild): Hier bei einem Auftritt im Jahr 2023.Vergrößern des Bildes
Matty Healy auf der Bühne (Archivbild): Er liebt es, zu polarisieren. (Quelle: IMAGO/Gonzales Photo)

The 1975 gilt als eine der größten Rockpopbands der vergangenen Jahre. Der Frontsänger Matty Healy ist bekannt für Ausschweifungen. Wie lief das Konzert in Berlin ab?

Aus der Mercedes-Benz-Arena in Berlin berichtet Nils Heidemann.

Es ist einfach, Matty Healy nicht zu mögen. Immer wieder gibt sich der Frontmann der Band The 1975 auf Konzerten als prätentiöser Popstar und überzogener Provokateur. So ist die Frage am Dienstagabend: Kommt es in Berlin zu Eskapaden? Healy sitzt zu Beginn der Show am Klavier, würdigt seine Fans kaum eines Blickes. Vor ihm ein Drink, in seiner Hand eine Zigarette. "Na klar …", könnte man abwinken und den Kopf schütteln. Doch der tosende Applaus des Publikums noch vor dem ersten Song gibt dem Briten recht.

Healy ist nicht nur für seine Ausschweifungen bekannt, sondern auch für sein ausgefeiltes Songwriting. Kaum jemand schafft es, den Zeitgeist so lyrisch pointiert festzuhalten, ohne dass er überzeichnet oder kitschig ist. Hinzu kommt sein Verhalten auf der Bühne: Die Diskrepanz zwischen Healys teils rüpelhaftem Auftreten und der Weichheit, die die Musik vermittelt, wirkt anziehend. Es ist eine Verletzlichkeit, mit der sich vor allem die Gen Z identifiziert.

Healy trinkt, raucht – und haut in die Tasten

Nicht umsonst ist 2024 die größte aller Berliner Hallen – die Mercedes-Benz-Arena – dran. Zuletzt spielte The 1975 im Jahr 2016 in der deutlich kleineren Columbiahalle. Ein logischer Schritt, auch wenn der Oberrang komplett abgehängt ist und im Unterrang noch viele Plätze frei sind.

Die Band richtet es sich hier gemütlich ein: Sessel, mehrere flackernde Bildschirme, eine große Wendeltreppe, ein Bücherregal und diverse Lampen stehen auf der Bühne. Es ist die Innenansicht einer zweigeschossigen Wohnung, die an eine Sitcom erinnert. Inmitten dieses Settings sitzt Healy. Er trinkt, raucht – und haut in die Tasten.

Die Band startet mit dem Song "The 1975" in das Konzert und steigert das Klavierspiel von Healy in ein orchestrales Gewitter. Der Frontmann singt etwa über das endlose Scrollen auf dem Handy und über die eigene Unsicherheit wegen Erektionsproblemen. Er porträtiert, so scheint es, was die größtenteils jungen Fans heutzutage fühlen, was sie bewegt und verängstigt. Das Publikum zahlt es ihm zurück und singt den Song lauthals textsicher mit.

Nahtlos geht es in das zweite Lied über. Healy steht auf, schnappt sich die Gitarre und spielt "Looking For Somebody (To Love)" an. Das Orchestrale weicht 80er-Jahre-Gitarren, treibenden Drums und nostalgischen Saxophonen. The 1975 widmet dem ersten Akt des Konzertes Songs ihres neuesten Werks "Being Funny In A Foreign Language": Liebevoll arrangierte Pop-Hits, die anstecken, mitreißen und glasklar klingen. Lieder, die eingängig sind, aber dennoch Wiedererkennungswert haben.

Spielt er mit seiner Stage Persona?

Zwischen ruhigeren Songs wie "Part Of The Band" und groovigen Stücken wie "Happiness" taumelt Healy unterdessen über die Bühne – wortkarg, energielos und abwesend. Kommunikation mit dem Publikum gibt es kaum. Die Qualität der Songs bleibt trotz alledem auf einem hohen Niveau. Theatralisch zieht Healy wankend an seiner Zigarette oder nimmt einen kräftigen Schluck aus seinem Flachmann. Zwischenzeitlich fläzt er sich in einen Sessel. Geht es ihm nicht gut? Ist Healy betrunken oder erschöpft? Ist er tatsächlich der distanzierte Rockstar? Oder aber: Spielt er mit seiner Stage Persona? Nimmt er eine Rolle ein, passend zum Sitcom-Setting?

Am Ende dieses ersten Akts türmen sich verheerende Nachrichtenmeldungen zum Ukraine-Krieg oder zum Klimawandel auf den flackernden Bildschirmen. Wie in einem Fiebertraum ziehen die Meldungen Healy in einen der Bildschirme hinein. Der Frontsänger ist von der Bühne verschwunden. Für einen kurzen Moment wird es ruhig, bis ein Nachrichtensprecher sinngemäß sagt: Am Ende reden trotz der schlimmen Nachrichten sowieso alle nur über Matty Healy und seine außergewöhnlichen Bühnenauftritte.

"Ladies and Gentlemen, this is The 1975"

Dieser Satz gibt dem ersten Akt Kontext. Klar ist ab jetzt: Die Show ist ein Kunstwerk. Das Zusammenspiel zwischen Healys Texten und seinem Auftreten bietet Raum für Interpretation. Ist er auf der Bühne ein Spiegelbild seiner Texte? Ist es gar eine Kritik an der Berichterstattung über den Musiker? Für eine Analyse bleibt an diesem Abend wenig Zeit. Denn die Stimmung ändert sich rasant.

Im zweiten Akt namens "Still ...At Their Very Best" ist der Brite fortan deutlich präsenter und weniger orientierungslos. Healy bricht mit seiner Künstlichkeit. "Ladies and Gentlemen, this is The 1975", ruft er, ehe er anfängt zu tanzen. "Let me hear you, baby", brüllt er dem Publikum entgegen.

Nun mit Hemd und Krawatte bekleidet, zündet Healy mit seiner Band ein fesselndes Hit-Feuerwerk. "If You're Too Shy (Let Me Know)", "TOOTIMETOOTIMETOOTIME" oder "Somebody Else" hallen durch die Mercedes-Benz-Arena und sorgen für Ekstase und Euphorie. Allerspätestens bei "The Sound" hat Healy das gesamte Publikum in seinen Bann gezogen, als Tausende Menschen gleichzeitig in die Luft springen.

Healy weiß mittlerweile, so scheint es, wie er sein Publikum auch ohne große Eskapaden erreicht. Er gilt als Sprachrohr der Mittzwanziger, ist jemand, der die Probleme der Teens versteht. Und er weiß, dass es in der Musik und im Pop nicht nur darum geht, Antworten zu liefern.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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