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Clankriminalität-Lagebericht: Herbert Reul hat Entwicklungen verschlafen


Lagebericht zur Clankriminalität
Reul geht bei seinem Marathon die Puste aus

MeinungVon Thomas Terhorst

25.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Landespressekonferenz Vorstellung Verfassungsschutzbericht 2022 Aktuell, Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen Herbert Reul im Portrait in der Landespressekonferenz NRW bei der Vorstellung des Verfassungsschutzbericht 2022 Duesseldorf Nordrhein-Westfalen *** State Press Conference Presentation of the 2022 Report on the Protection of the Constitution Current, Minister of the Interior of the State of North Rhine-Westphalia Herbert Reul in portrait at the State Press Conference NRW at the presentation of the 2022 Report on the Protection of the Constitution Duesseldorf North Rhine-WestphaliaVergrößern des Bildes
Herbert Reul (CDU), Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, über die Bekämpfung von Clankriminalität: "Niemand läuft einen Marathon in einer Stunde." (Quelle: imago)

NRW-Innenminister Herbert Reul lässt keine Gelegenheit aus, um zu betonen, dass er der Clankriminalität den Kampf ansagt. Doch brisante Entwicklungen hat er verschlafen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) wird nicht müde zu betonen, dass sich Clankriminelle seit Einführung der "Null-Toleranz-Strategie" im Jahr 2017 in NRW die Finger verbrennen. Gerne vergleicht der "schwarze Sheriff", wie sein Spitzname lautet, den Kampf gegen Clans auch mit einem Marathon. Und dieser soll nun fortgesetzt werden, wie es in einer beigefügten Mitteilung des Innenministers zum aktuellen Lagebericht zur Clankriminalität des Landeskriminalamtes (LKA) heißt. Man sei "gut aufgestellt" – seit Beginn der LKA-Strategie eigentlich nichts Neues.

Grund für Zweifel gibt es dennoch. Denn noch vor zwei Monaten vermittelten Massenschlägereien in Castrop-Rauxel und Essen ein ganz anderes Bild: Unzählige Männer syrischer und libanesisch-arabischer Gruppen hatten sich im Juni aufgrund eines vorausgegangenen Familienstreits in einem Wohnhaus mit Schlag- und Stichwaffen bewaffnet und gegenseitig attackiert. Sie gingen auch auf Polizeibeamte los. Polizeikräfte vor Ort wirkten schlichtweg überfordert, ganze Straßenzüge in Essen und Castrop-Rauxel waren geflutet von gewaltbereiten syrischen und libanesisch-arabischen Gruppen.

Opposition verwundert über Auslassen syrischer Gruppen

Während man im NRW-Innenministerium heute noch darüber nachdenkt, wie man die teils brisant unterbesetzte Kriminalpolizei für junge Menschen attraktiver machen kann, wurde der sich besonders im Internet aufheizende Streit per Paralleljustiz von sogenannten Friedensrichtern beendet. Weiter alles im Griff, Herr Reul?

Nun erschien Anfang der Woche der Lagebericht zur Clan-Kriminalität. Obwohl den Sicherheitsbehörden laut Ex-Chef der Kripo-Gewerkschaft, Sebastian Fieder (SPD), eine problematische Entwicklung bei "familiär geprägten" syrischen Strukturen seit einigen Jahren bekannt ist, findet sich im Bericht nahezu kein Wort zu Clan-Strukturen mit syrischem Bezug. Dabei hatte schon vor Reuls Amtsantritt die Sorge bestanden, dass es zu gewalttätigen Rivalitäten mit libanesisch-türkischen Clans im Drogenhandel kommen könnte. Das führte zu großer Verwunderung bei der Opposition, die in der jüngsten Innenausschusssitzung Reul zur Thematik hart anging.

Es sei nur schwer verständlich, wieso der Innenminister syrische Clans für einen so langen Zeitraum nicht im Blick hatte – zumal Reul "sich das Thema Clankriminalität ganz oben auf die Fahnen geschrieben hat", äußerte sich etwa SPD-Fraktionsmitglied Christina Kampmann im Innenausschuss am vergangenen Donnerstag. "Inzwischen ist klar, dass ein Teil der Syrer in Nordrhein-Westfalen, nachdem sie 2015, 2016 geflüchtet waren, angefangen haben, auch hier Parallelstrukturen zum deutschen Staat aufzubauen", sagte die SPD-Politikerin weiter. Auch Marc Lürbke, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, und Markus Wagner von der AfD-Fraktion zeigten sich überrascht – für beide Landtagsmitglieder gehören syrische Clanstrukturen längst ins Lagebild.

Essen soll nun Pilotprojekt eines kommunalen Lagebilds sein

Und was sagt Reul? Zumindest kündigte der Minister im Innenausschuss nun die Prüfung einer "Weiterentwicklung des Lagebildes" an, zudem bereite die Kreispolizeibehörde Essen ein solches Lagebild für die Kommune vor – "pilotmäßig", wie Reul es ausdrückte. Ob daraus dann nachher eine Weiterentwicklung des Lagebilds Clankriminalität wird, könne er nicht abschließend sagen. So weit sei das Innenministerium eben noch nicht. "Leider ist das mühsam", erklärte Reul weiter.

Ausführlicher teilte das Innenministerium mit, dass "kriminalpolizeiliche Erkenntnisse sowie die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Castrop-Rauxel und Essen im Juni 2023" einen aktuellen Anlass gäben, die strukturellen Hintergründe der Kriminalität syrischer Staatsangehöriger "noch zielgerichteter in den Blick zu nehmen." Man habe das LKA beauftragt, "die Gesamtkriminalität syrischer Staatsangehöriger auszuwerten und hinsichtlich ihrer phänomenologischen Schnittmengen zur Clankriminalität zu überprüfen."

Eben ganz nach Reuls Motto: "Niemand läuft einen Marathon in einer Stunde."

Verwendete Quellen
  • t-online.de: Clankriminalität: "Reuls Strategie ist gescheitert"
  • Protokoll: Innenausschuss: 20. Ausschusssitzung vom 17.08.2023
  • Mitteilung des Innenministeriums vom 22. August: Lagebild 2022 veröffentlicht
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