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Einst rockten hier die Beatles: Die "Große Freiheit 36" wurde vor dem Untergang gerettet


Nach Corona-Verschwörungstheorien
Wie Hamburgs bekanntester Konzertclub vor dem Untergang bewahrt wurde


23.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Benny Dianat und Benjamin Steinicke stehen vor der Großen Freiheit 36: Sie haben große Pläne mit Hamburgs legendärem Club.Vergrößern des Bildes
Benny Dianat und Benjamin Steinicke stehen vor der "Großen Freiheit 36": Sie haben große Pläne mit Hamburgs legendärem Club.

In der Großen Freiheit auf dem Hamburger Kiez weht ein frischer Wind: Einer der bekanntesten Clubs soll wiederbelebt werden.

Direkt am Eingang zur "Großen Freiheit 36" hängt das wohl wichtigste Dokumente in der langen Geschichte des legendären Konzertclubs in Hamburg. Es ist ein angekokelter Vertrag aus dem Jahr 1960 zwischen dem damaligen Clubbetreiber Bruno Koschmider und einer noch recht unbekannten Band: The Beatles. Mit Schreibmaschine wurden die ausgedehnten Spielzeiten im einstigen "Kaiserkeller" festgehalten, zu denen sich die Newcomer damals verpflichteten. In Hamburg sollten die fünf Jungs aus Liverpool ihre ersten Erfahrungen mit Sex und Drogen machen.

Doch trotz großer Historie hat die "Große Freiheit 36" (GF36) schwierige Jahre hinter sich: Der bislang letzte Betreiber brachte den Club während der Corona-Pandemie mit wirren "Wandzeitungen" und Verschwörungstheorien in die Negativschlagzeilen. Nahezu die gesamte Hamburger Club- und Konzertszene distanzierte sich scharf. Seit wenigen Monaten ist die GF36 unter neuer Führung. "Es gib viel zu tun, aber das ist gut so", sagt der neue Betreiber Benny Dianat beim Treffen mit t-online.

Dianat war als Student Türsteher auf St. Pauli, gründete seine eigene Sicherheitsfirma und übernahm 2016 den "Colibri-Club", genau neben der GF36. Dianat, der auf dem Kiez Mo genannt wird, kennt hier alle. So gut wie jeder, der ihn tagsüber auf der Straße sieht, kommt zum Händeschütteln vorbei. Der Rest sind Touristen, die den Beatles-Vertrag fotografieren. "Das Wichtigste ist, dass die 'Große Freiheit 36' nicht kaputtgeht", sagt Dianat.

Neue Betreiber der "Großen Freiheit 36" in Hamburg retteten den Club

Davon war der Club nicht weit entfernt. Der ehemalige Betreiber Karl-Hermann Günther war in der Branche zuletzt völlig isoliert. Sein anderer bekannter Club in Hamburg, das "Docks", soll vor dem Aus stehen. Es wird von Konzertveranstaltern weiter boykottiert.

Ganz nah dran war Benjamin Steinicke. Er war ab 2010 schon mehrere Jahre Geschäftsführer der GF36 und kam 2020 als Co-Geschäftsführer zurück. "Den Laden administrativ durch die Krise steuern", sei seine Aufgabe gewesen: Kurzarbeit, Staatshilfe, irgendwie überleben. "Natürlich macht man sich Gedanken, ob man Schaden davon nimmt", sagt er t-online zum Gebaren seines ehemaligen Chefs. "Ich stand damit zum Glück nie in der Öffentlichkeit."

"Konzerte und Partys sind zum Abschalten da"

Steinicke und Dianat wissen, worauf es in der Hamburger Clubszene ankommt: Spaß. "Konzerte und Partys sind zum Abschalten da, Unterhaltung ist der Kern der Branche", meint Steinicke. Ihr Club soll kein Ort sein, an dem sich wegen Religion, Politik oder Sport gestritten wird.

Die Veranstalter haben die GF36 und die Konzerte von Prince, R.E.M, Meat Loaf, Daft Punk, Robbie Williams, Placebo, Coldplay und den Black Eyed Peas im großen Saal unter der Holzdecke nicht vergessen. Dianat und Steinicke mussten allerdings viele Gespräche führen, damit sie wieder Künstler mitbringen. 1.650 Menschen passen in den Club, es gibt in der ganzen Stadt nichts Vergleichbares. Im nächsten Jahr soll die "Große Freiheit 36" wieder die alte sein – die ersten Termine bekannterer Künstler stehen bereits. "Das Booking für dieses Jahr war schon durch", berichtet Steinicke.

Kommerzielle Partys haben den Betrieb gesichert

Seitdem die beiden übernommen haben, haben kommerzielle Partys den Betrieb gesichert. Gute Angebote, junge Leute und Musik, die jeder irgendwie kennt, waren das Konzept – mit bis zu 2.000 Gästen pro Nacht. "Dafür gibt es eben eine riesige Nachfrage. Aber die 'Große Freiheit 36' muss wieder ins helle Licht", sagt Dianat. "Jedes Wochenende ein geiles Konzert. Da wollen wir wieder hin."

Sein erster Schritt sei gewesen, die "Wandzeitungen" abzuhängen, erzählt er. "Ich hab von Anfang an klargemacht, dass wir einen Cut machen." Mit Karl-Hermann Günther habe man nichts mehr zu tun – nur ein langfristiger Pachtvertrag besteht noch.

Dianat und Steinicke mussten sich vielen schwierigen Fragen von Branchenkollegen stellen. "Nach dem, was passiert ist, ist das aber auch verständlich", sagt Steinicke. Sein Partner Dianat ergänzt: "Politik ist nicht meine Welt. Aber es ist doch klar, dass wir eine gesellschaftliche Verantwortung haben und grundsätzliche moralische Werte nicht zur Diskussion stehen." Nach den Jahren voller Verschwörungstheorien und "Querdenker" sei es wichtig, das so explizit auszusprechen.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Treffen mit Benny Dianat und Benjamin Steinicke
  • Eigene Recherche
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