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Sparkassenchef lebte wie ein Fürst – kämpft jetzt gegen Pensionsverlust


Party für 120.000 Euro
Sparkassenchef lebte wie ein Fürst – kämpft jetzt gegen Pensionsverlust


Aktualisiert am 10.06.2022Lesedauer: 4 Min.
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Der Angeklagte Georg BrommeVergrößern des Bildes
Der Angeklagte Georg Bromme im Prozess um die Miesbacher Sparkassenaffäre in einem Saal des Landgerichts München II. (Quelle: Lino Mirgeler/Arhiv/dpa)

Georg Bromme will sein Urteil nicht akzeptieren. Der verurteilte Ex-Sparkassenchef hat gelebt wie ein Feudalherr, jetzt fürchtet er um seine Pension und will das Urteil gegen ihn nicht akzeptieren.

Weinflaschen für 2.000 Euro, ein Jagdgewehr, ein Thermobett für seinen Hund und eine Geburtstagsfeier für 120.000 Euro. Georg Bromme war Vorstandsvorsitzender einer Kreissparkasse. Gelebt hat er wie ein Feudalherr. Jetzt ist er vorbestraft, will das Urteil aber nicht akzeptieren. Das hat einen Grund.

Acht Jahre, nachdem seine Feudalherrschaft in der Miesbacher Kreissparkasse aufgeflogen ist, will der Ex-Vorstandsvorsitzende Georg Bromme die gegen ihn verhängten Urteile wegen Untreue immer noch nicht akzeptieren. Bis zur letzten Patrone kämpft der passionierte Jäger um seine Pensionsansprüche. Er zieht erneut vor den Bundesgerichtshof.

Miesbacher Sparkassen-Affäre: Verhängnisvoller Geburtstag

Er herrschte wie ein barocker Fürst über 21 Jahre in seiner Zentrale der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee. Betrat er den Lift in die Chefetage, mussten Mitarbeiter diesen verlassen. Seine berüchtigten Tobsuchtsanfälle brachten die Vorzimmerdame an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Diese Arbeitsbedingungen wurde bekannt, als im Oktober 2018 der Prozess gegen Sparkassenchef Georg Bromme und den damaligen CSU-Landrat Jakob Kreidl begann. Dieser war in Personalunion automatisch auch Chef des Verwaltungsrats.

Auslöser für einen der größten Sparkassenskandale bundesweit war die berühmte Party zum 60. Geburtstag Kreidls. Geladen waren 460 Gäste ins Freilichtmuseum von Ex-Skirennläufer Markus Wasmeier. 120.000 Euro hat das Fest im August 2012 gekostet. Mehr als die Hälfte hat die Sparkasse übernommen. Auch der damalige Ministerpräsident war da, Horst Seehofer. Und die Gebirgsschützen feuerten für ihr Mitglied Kreidl Salut.

Für ihn wurde das Auffliegen der Prasserei zum Supergau, als die "Süddeutsche Zeitung" im Februar 2014 über die Finanzierung der Feier berichtete, wenige Wochen vor der bayerischen Kommunalwahl. Nachdem Kreidl Ende 2013 auch noch seine größtenteils abgeschriebene Doktorarbeit aberkannt wurde, Vorwürfe wegen eines privaten Schwarzbaus und die Beschäftigung seiner Frau auf Staatskosten ans Tageslicht kamen, war sein politisches Schicksal besiegelt. Ein Grüner wurde im März 2014 im konservativen Wahlkreis Miesbach Landrat.

Teure Reisen, Einladungen und Geschenke für Kommunalpolitiker

Wochen zuvor durchkämmten hundert Beamte Büros und Privathäuser, wurden Personen und Objekte überwacht, sogar Telefongespräche mitgeschnitten. Nach Monaten hatte die Justiz 10.000 Seiten Ermittlungsakten. Die Schadenssumme wurde auf 1,25 Millionen Euro beziffert. Was die Anklage zum Prozessauftakt 2018 im Sitzungssaal B266 des Münchner Landgerichts anführte, sprengt jeden vorstellbaren Rahmen vom Haushalten einer Sparkasse und der ihr anvertrauten Sparkonten.

Wein floss bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Strömen, man aß gut und oft. Über Jahre hatte die Sparkasse zur "allgemeinen Klimapflege" teure Reisen, Einladungen und Geschenke für Kommunalpolitiker, Verwaltungsräte und Beauty-Anwendungen für Ehefrauen mitfinanziert. So brach beispielsweise am 20. April 2012 ein Bus zu einer dreitägigen Informationsfahrt nach Serfaus, Interlaken und Brixlegg "zum Wohle des Landkreises" auf. An Bord waren alle 16 Bürgermeister des Landkreises und zahlreiche Begleiter.

James-Bond-Ausflug" auf das 3.000 Meter hohe Schilthorn

Vordergründig sei es in Interlaken um Anregungen für heimische Voralpen-Skigebiete gegangen. Dafür mussten es in Interlaken ein 5-Sterne-Luxushotel, ein "James-Bond-Ausflug" auf das 3.000 Meter hohe Schilthorn und Referenten-Honorare von zusammen 5.230 Euro sein. Dass man auch sonst nicht gespart hat, wurde gerichtsnotorisch. Sündteure Weine flossen in Strömen. Magnumflaschen machten die Runde. 85.200 Euro Gesamtkosten war dies der Kreissparkasse wert.

Brommes Zentrale finanzierte alles. Ein Thermobett für seinen Jagdhund, vierstellige Spenden an seine Tiroler Jagdfreunde, über 12.000 Euro allein für Weine bei zwei Entenessen, darunter auch eine 6-Liter-Flasche für 2.000 Euro. Auf der Rechnung hießen die Weine auf Wunsch Brommes dann "Seminarpauschale". Im Keller seiner Sparkasse hatte er einen persönlichen Raum. Darin lagerten ausgewählte Präsente, vom "Besteckmesser Hirschhorn" bis zu "Manschettenknöpfen". Kreidl wurde daraus über vier Jahre mit "Aufmerksamkeiten" im Gesamtwert von 10.000 Euro bedacht. Sich selbst schenkte Bromme ein Jagdgewehr.

Bromme will eine niedrigere Strafe

Aus der schier endlosen Liste zu Lasten seines Geldinstituts machte die Staatsanwaltschaft 2018 bei Bromme 68 Fälle der Untreue und 37 Fälle der Vorteilsgewährung. Bei Kreidl lautete die Anklage: zehn Fälle der Vorteilsnahme und 17 Fälle der Untreue. Nach fünf Monaten Prozess und einer Million Euro Gerichtskosten lautete der Urteilsspruch dann im April 2019: Bromme wurde wegen Untreue zu eineinhalb Jahre Haft verurteilt, Kreidl zu elf Monaten – jeweils auf Bewährung. Bromme und die Staatsanwaltschaft legten Revision ein. Während die Ankläger höhere Strafen und die Rücknahme von Teil-Freisprüchen forderten, wollte Bromme eine niedrigere Strafe.

Doch daraus wurde nichts. Sein Strafmaß wurde kürzlich im Mai in zweiter Instanz vor dem Landgericht München sogar erhöht. Mit einem Jahr und acht Monaten Bewährungsstrafe fiel diese um zwei Monate höher aus als im ersten Prozess. Bei Kreidl blieben es elf Monate. Während er und die Staatsanwaltschaft das neuerliche Urteil akzeptierten, das damit rechtskräftig ist, zieht Bromme wieder vor den Bundesgrichtshof. Er legte erneut Revision ein.

Denn für ihn geht es um viel. Mit 20 Monaten Bewährungsstrafe gilt er nicht nur als vorbestraft, damit sinken auch seine Pensionsansprüche gegen null. "Um die finanziellen Einbußen von bis zu 5.000 Euro im Monat mit Rechtskraft des Urteils möglichst lange hinauszuzögern, ist Bromme nochmals in die Revision gegangen", erklärt nun ein Verwaltungsrat der Kreissparkasse, der anonym bleiben möchte, gegenüber t-online. "Bis zu einem neuen Urteil bekommt er seine volle Pension. Dies ist Sinn und Zweck seines Taktierens."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Nachrichtenagentur dpa
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