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Oktoberfest: "Kotzhügel" am Rande der Wiesn – ein Ort zum Fremdschämen?


Kameras machen ihn sicherer
Der "Kotzhügel" bleibt ein Ort zum Fremdschämen

Von Daniel Salg

22.09.2023Lesedauer: 4 Min.
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Der "Kotzhügel" am Westrand des Oktoberfests: Er ist für Alkoholleichen bekannt, allerdings winkt vom Hügel aus auch eine gute Aussicht über das Festgelände.Vergrößern des Bildes
Der "Kotzhügel" am Westrand des Oktoberfests: Er ist für Alkoholleichen bekannt, allerdings winkt vom Hügel aus auch eine gute Aussicht über das Festgelände. (Quelle: Daniel Salg/t-online)

Die Bilder vom "Kotzhügel" haben sich eingebrannt. Polizei und Stadt unternehmen seit Jahren viel, um den Hügel aus den Schlagzeilen zu bringen. Ein Ortsbesuch.

Sexualdelikte, Drogengeschäfte und vor allem zahlreiche Wiesn-Gäste, die sich wegen ihres Alkoholpegels kaum noch auf den Beinen halten können. Für all das ist der Hügel am Westrand der Wiesn berühmt-berüchtigt. Die meisten kennen ihn wohl eher unter dem Namen "Kotzhügel".

Zahlreiche Gerüchte ranken sich um ihn, Münchner erzählen sich heute noch: "Wer hier landet, ist verloren." Dabei unternehmen Polizei und Stadt seit Jahren viel, um den Schandfleck des Oktoberfests sicher zu machen. t-online hat sich auf dem Hügel umgeschaut.

Wunderbare Aussicht aufs Oktoberfest

Kurz vor 17 Uhr – die Sonne scheint, es ist angenehm warm und auf dem Oktoberfest wird es immer voller. Gleiches gilt für den "Kotzhügel" – auch der ist zu diesem Zeitpunkt schon gut gefüllt und ähnelt einer kleinen Picknickwiese. Das Publikum könnte nicht bunter sein: Manche genießen hier – direkt hinter den Festzelten – die Sonne.

Einige nutzen die Ruhe dort, um sich von der lauten Musik in den Zelten zu erholen. Junge Frauen telefonieren – offenbar mit Daheimgebliebenen. Und zugegeben: Wer den Hügel erklimmt, hat eine wunderbare Aussicht auf das Festgelände.

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Quelle: t-online

Andere Besucher haben ihren Kopf zur Wiese gerichtet

Aber dann sind da auch noch die "anderen" Besucher. Sie liegen zwar auch auf dem Hügel, aber scheinen nicht wegen der Aussicht gekommen zu sein. Teils haben sie ihren Kopf nicht Richtung Festplatz gerichtet, sondern direkt zur Wiese. Wenn man sie so betrachtet, kommt einem schnell der Gedanke: Weit kommen die heute sicher nicht mehr.

Und tatsächlich: Es dauert nicht lange, bis der Hügel seinem Namen alle Ehre macht. Ein Mann in Lederhosen verzieht das Gesicht, dreht sich zur Seite und dann ist es schon so weit: Er lässt sich die letzte Maß noch einmal durch den Kopf gehen.

Ist der "Kotzhügel" ein Brennpunkt?

Also alles beim Alten beim "Kotzhügel"? Die Polizei wiegelt auf Anfrage von t-online ab: Es gebe keine Brennpunkte auf der Wiesn. Dementsprechend ist – zumindest wenn man der These folgt – also auch der Hügel am Westrand des Festgeländes keiner.

Tatsächlich entspannte sich die Situation auf dem Hügel im Laufe der vergangenen Jahre, das bestätigte auch die Pressestelle der Wiesn im Gespräch mit t-online. Seit 2016 wird die komplette Theresienwiese nämlich immer während des Oktoberfests – und damit auch der Hügel an der Westseite – umzäunt.

Der Zaun spielt deshalb eine so zentrale Rolle, weil zuvor immer wieder Diebe und teils auch andere Straftäter von außen auf das Festgelände eindrangen und die Betrunkenen auf dem Hügel überfielen. Die Polizei formuliert das in etwa so: Wegen des Zauns sei "ein Zutritt zur Begehung einer Straftat von oberhalb des Hügels nicht mehr so leicht möglich."

Kriminalität auf dem Hügel wird nicht gesondert erfasst

Es ist allerdings gar nicht so einfach, ein objektives Bild der Situation zu erhalten. Denn die Delikte auf dem Hügel werden laut Polizei in keiner gesonderten Statistik erfasst. "Auch in diesem Jahr gibt es dort Straftaten, zum Beispiel Betäubungsmitteldelikte", heißt es in der Antwort der Polizei auf eine t-online-Anfrage. In den Jahren zuvor sei es dort neben Diebstählen auch zu Sexualdelikten gekommen.

Gewiss ist: Polizei, Sicherheitsdienst, die Stadt als Veranstalter und auch die Sanitätsdienste arbeiten daran, die Sicherheit auf dem Hügel in den Griff zu bekommen. Neben dem Zaun ist vor allem die Kameratechnik zu nennen – über diese wird das Geschehen dort permanent beobachtet. Wenn etwas Auffälliges passiert, schreitet die Polizei sofort ein. Zudem bestreifen Polizei und Sicherheitsdienst den Bereich um den Hügel regelmäßig.

Der Hügel macht seinem Namen nach wie vor alle Ehre

Gefühlt wurde der "Kotzhügel" in den letzten Jahren also sicherer. Trotz der einen oder anderen Alkoholleiche wirkt die Lage auf dem Hügel am Nachmittag während des t-online-Besuchs einigermaßen geordnet. Ein Zufall?

Zwei Stunden später, als es so langsam dunkel wird, kehrt t-online zurück an den Hügel. Auf der Anhöhe hinter dem Hacker-Festzelt geht es immer noch lebhaft zu. Gefühlt sind die, die gekommen sind, um sich von dem Trubel in den Zelten zu erholen, jetzt in der Unterzahl. Dafür sind die, die zu tief ins Glas geschaut haben, mehr geworden.

Und die Letzteren haben auch gerade Besuch bekommen – vom Rettungsdienst. Die Sanitäter hieven einen jungen Mann, der kaum älter als 20 sein dürfte, vom Hügel und wollen ihn zu ihrer Trage bringen. Der Mann gerät ins Straucheln, fängt sich aber dann gerade noch so. Dann klammert er sich an den Zaun am unteren Ende des Hügels, links und rechts von ihm ein Sanitäter.

Wird er der nächste sein, der dafür sorgt, dass der Hügel seinen Namen behält? t-online erfährt es nicht. Denn der Blick des t-online Reporters fällt auf eine junge Frau. Sie liegt im Dirndl regungslos und völlig alleine auf dem Hügel. Ein Mann legt sich nur eine Armlänge von ihr entfernt hin.

Er lässt sie nicht aus den Augen, sie bekommt offenbar gar nichts von alldem mit. Wenig später gibt er den Kampf um ihre Aufmerksamkeit auf und torkelt den Hang zu seinen Kumpanen hinauf. Die Polizei sagt, der Hügel sei kein Brennpunkt, ein Ort zum Wohlfühlen ist er aber auch nicht.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Anfrage an die Pressestelle des Polizeipräsidiums München per Mail
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