Streit um Luxus-Hotel am Schliersee spitzt sich zu: Das sagen Kritiker

Ein geplantes Luxus-Wellness-Hotel am Schliersee sorgt für Streit. Der Neubau würde nicht zum beschaulichen Ort passen, findet ein lokaler Grünen-Politiker.

Der "Schlierseer Hof" ist eine Institution in den bayerischen Voralpen. Die Hoteliersfamilie de Alwis will das in die Jahre gekommene Haus jetzt für 55 Millionen Euro in ein Wellness-Hotel verwandeln, das es am Schliersee so noch nicht gibt. Doch eine Bürgerinitiative wehrt sich dagegen. Im Interview erklärt der lokale Grünen-Politiker und Gemeinderat Gerhard Waas, ebenfalls Mitglied der Bürgerinitiative, die Sorgen der Gegner.

t-online: Herr Waas, Sie hatten anfangs die Sanierungspläne für das "Forsthaus Valepp" abgelehnt, jetzt blockieren Sie den geplanten Neubau des "Schlierseer Hofs". Warum sind Sie immer gegen Hotelprojekte am Schliersee?

Gerhard Waas: Das stimmt nicht. Das Hotel am Stolzenberg ("Forsthaus Valepp", Anm. d. Red.) ist in Schliersee auch umstritten. Mir wäre es lieber, wenn es nicht kommt. Aber der Standort wurde weit vor meiner Zeit mit einem Bebauungsplan als Hotelstandort ausgewiesen. Und daran muss man sich halten. Beim "Schlierseer Hof" bin ich nicht dagegen, dass was passiert, dass neu und deutlich größer gebaut wird.

Aber?

Es ist ein Unterschied, ob ich etwas doppelt so groß baue oder viereinhalbmal so groß. Aktuell ist das Hotel 30 Meter lang und 16,80 Meter hoch. Der Neubau wäre mit 90 Metern dreimal so lang und sieht eine Höhe von 24 Metern vor. Ich bin nur gegen die geplante Größe.

Haben Sie Bedenken, dass diese Größe nicht nach Schliersee passt?

Es passt leider überhaupt nicht rein, weder vom Stil noch von der Größe. Für das Hotel wären, um exakt zu bleiben, 23,99 Meter Firsthöhe vorgesehen. Die Firsthöhe der Kirche St. Sixtus beträgt dagegen 21,30 Meter. Im Baurecht geht es nur nach Gebäudehöhe. Keines der umliegenden Gebäude ist auch nur annähernd so groß. Man muss bei der Wahrheit bleiben.

Inwiefern?

Herr de Alwis sagt, er habe zweimal verkleinert. Das ist richtig, und falsch zugleich. Weil: Sein erster Entwurf war, glaube ich, am mittleren First 28,71 Meter hoch. Den mittleren First hat er einmal auf 24,58 Meter und noch einmal auf 23,99 Meter verkleinert. Tatsache ist aber, dass er in seinen Plänen am linken und rechten Gebäude jeweils 4,50 Meter Länge draufgesattelt hat. In seinem Anfangsentwurf war Herr de Alwis noch bei 81 Metern Länge. Wird in dieser Größe gebaut, kann man den Charakter eines Ortes kaputt machen.

Wie meinen Sie das?

Es ist ein Gebäude, wie es kein zweites in Schliersee gibt. Der Ort ist im Vergleich zu anderen Gemeinden relativ beschaulich und hat sich seine Identität weitgehend bewahrt. Sie sehen dieses Hotel von jedem Punkt des Sees und von den darum liegenden Bergen aus. Wenn Sie auf Schliersee blicken, sticht von überall her dieses Hotel heraus.

Die Hoteliers haben erklärt, mit viel Holz arbeiten zu wollen, um die Identität des alpenländischen Raums widerzuspiegeln.

Vom obersten Stockwerk bis in den Keller wird alles in den Tonboden des Sees reinbetoniert. Es würden Hunderte oder Tausende Kubikmeter Beton verbaut werden. Die Holzverkleidung ist bestenfalls ein Feigenblatt. Das Gebäude ist mit einer Tiefgarage geplant, die außerdem noch als Retentionsfläche vorgesehen ist. Heißt: Wenn es ein Hochwasser gäbe, müsste Herr de Alwis seine Tiefgarage fluten. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Der Wellnessbereich soll direkt am Ufer gebaut werden, inklusive eines Infinitypools an der Seekante. Wie denken Sie darüber?

Ich habe kein Problem damit, dass sie bis an den See gehen wollen. Aber der See darf grundsätzlich nicht überbaut werden. Jetzt muss man schauen, was genehmigt wird. Was mich stört, ist die vorgesehene Größe. Die Hoteliers sagen, Schliersee befinde sich im Dornröschenschlaf, die Gemeinde habe mit Blick auf die Ortsmitte vieles nicht gemacht, was hätte gemacht werden müssen. Es befindet sich noch etwas im Dornröschenschlaf: das Hotel "Schlierseer Hof". Es wurde schon lange nicht mehr renoviert.

Die Hoteliers argumentieren mit deutlich mehr Kaufkraft für den Einzelhandel durch neue Gäste im Ort.

Das Hotel wäre ein typisches Fünf-Sterne-Hotel mit einem In-House-Konzept. Es gäbe zwei große Restaurants mit 70 und 200 Plätzen, die auch für die Schlierseer geöffnet sein sollen. Das wären zwei neue Restaurants in Konkurrenz zur bestehenden Gastronomie. Einkaufen, Verpflegung, Wellness – bei einem In-House-Konzept haben Sie alles im Hotel. Ziel ist es, die Wertschöpfungskette des Ortes zu durchbrechen und möglichst viel Gewinn in den eigenen vier Wänden zu machen.

Was stört Sie noch?

Es wären wohl Musik-Events auf der Terrasse geplant, mit einer maximalen Lautstärke von 95 Dezibel. Zum Vergleich: Motorräder sind bei uns im Ort mit bis zu 77 oder 78 Dezibel Lautstärke genehmigt. So was am Ufer – das hören Sie am ganzen See. Das wäre der absolute Wahnsinn. So was passt überhaupt nicht zu Schliersee. Wir haben die höchsten Ankunftszahlen aller Gemeinden im Landkreis Miesbach und die zweithöchsten Übernachtungszahlen. Auch im Vergleich zu den Tegernseer Gemeinden. Der Tourismus geht nicht zurück. Die Leute kommen, um die Ruhe und die Landschaft zu genießen. Es kommen Tausende Touristen pro Jahr, die schätzen, dass Schliersee nicht zugebaut ist und man fast überall Blick auf den See hat. Und plötzlich würden sie auf 90 Metern Länge gar nichts mehr sehen, weder die Berge noch den See.

Welche Reaktionen nehmen Sie wahr?

Ich habe Anrufe und Mails von Gästen bekommen, die seit Jahren nach Schliersee reisen. Die sagen, dass das eine absolute Katastrophe wäre und sie sich überlegen würden, woanders hinzugehen.

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Die Bürgerinitiative braucht wohl 706 Unterschriften von Schlierseer Bürgern bei rund 7.000 Einwohnern, damit es zu einer Bürgerbefragung kommt.

Zum Bürgerentscheid: Die Unterschriften sind längst beieinander. Wir haben Ende Januar 1.300 Unterschriften abgegeben.

Was wäre ein Kompromiss, um Schärfe rauszunehmen?

Ich kenne Walter de Alwis einige Jahre und finde ihn und seine Familie sehr sympathisch und freundlich. Er hatte schon früher seine Ideen. Er hat zu mir gesagt: "Wir müssen reden." Ich habe ihm geantwortet, dass wir über das nicht zu reden brauchen. Und wenn, dann müssen wir im Gemeinderat darüber reden. Ich habe ihm gesagt: "Wir brauchen Alternativvorschläge für ein kleineres Hotel." Diese Vorschläge kamen aber nicht. Jetzt gibt es Grenzen. Im Bürgerentscheid wird als Grenze die maximale Höhe von 16,80 Metern stehen.