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FC Bayern zurück im Krisenmodus: Nach dem 2:2 bei Borussia Dortmund


Nach dem 2:2 in Dortmund
Bayern zurück im Krisenmodus

Von Julian Buhl, Dortmund

Aktualisiert am 10.10.2022Lesedauer: 5 Min.
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Julian Nagelsmann: Der Trainer des FC Bayern hat es mit seiner Mannschaft mit dem 2:2 in Dortmund verpasst, die Herbstkrise der Münchner vorerst zu beenden.Vergrößern des Bildes
Julian Nagelsmann: Der Trainer des FC Bayern hat es mit seiner Mannschaft mit dem 2:2 in Dortmund verpasst, die Herbstkrise der Münchner vorerst zu beenden. (Quelle: IMAGO)

Die Bayern zeigen beim 2:2 in Dortmund erneut ungewohnte Schwächen. Kahn tobt und spricht Klartext. Sein Vorgänger befeuert die angespannte Stimmung noch.

Zumindest seinen Humor hatte Oliver Kahn am Tag nach dem 2:2 im Topspiel bei Borussia Dortmund wiedergefunden. "Dieses Ergebnis haut einen doch vom Stuhl…", schrieb der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern bei Twitter und postete passend dazu das Video, das ihn und all seine Emotionen beim Ausgleichstreffer des BVB in der fünften Minute der Nachspielzeit zeigt.

Wer wissen wollte, wie es um die Stimmungslage bei den Münchnern bestellt ist, der musste bei Kahns Gefühlsausbruch auf der Tribüne nur ganz genau hinschauen. Der 53-Jährige, der als Klubboss in der Öffentlichkeit meist so besonnen auftritt, verwandelte sich dabei nämlich kurzzeitig mal wieder in den emotionalen Vulkan, als den man ihn aus seiner aktiven Profizeit noch bestens kennt.

Beim Gegentreffer durch Anthony Modeste, der in der fünften Minute der Nachspielzeit noch den 2:2-Ausgleich für Borussia Dortmund erzielte, riss Kahn seinen Mund und schrie seinen Ärger, seine Wut, seine Enttäuschung heraus. Dabei warf er die Arme hoch, versank dabei in seinem Sitz und hämmerte anschließend auch noch mit beiden Händen auf die Plexiglasbande vor sich ein.

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Man kann davon ausgehen, dass der einstige Torwart-Titan, sofern er und nicht Manuel Neuer in diesem Moment auf dem Platz gestanden hätte, seinen Mitspielern schon nach dem ersten Gegentor Beine gemacht und sie mit seinem aufbrausenden Temperament so möglicherweise beim zweiten höchstpersönlich etwas näher an die Gegenspieler herangetrieben hätte.

Kahn spricht Klartext

So war ihm aber nichts anderes übrig geblieben, als das Zustandekommen dieses unnötigen Unentschiedens, das sich für den vom Erfolg besessenen Kahn und seine Bayern wie eine Niederlage anfühlte, zu analysieren.

Seine Emotionen hatte er zwar wieder im Griff, als er vor dem vorm Stadion geparkten Mannschaftsbus stand; bevor er darin einstieg, sprach er aber noch schonungslos Klartext.

"Wir haben ja im Grunde alles dafür getan, dass wir das 2:2 bekommen. Wir haben es uns im Großen und Ganzen selbst zuzuschreiben", sagte er in ruhigem, aber bestimmtem Ton.

Und ließ eine Generalabrechnung folgen: "Es ist schon eine erstaunliche Saison. Wie wir es immer wieder hinbekommen, uns um den verdienten Lohn zu bringen. Da muss ich mich schon lang zurückerinnern, um mich an so eine Saison erinnern zu können. Weil wir entweder viele Torchancen haben und das Tor nicht machen oder so wie heute vergessen, den Sack zuzumachen."

"Wir müssen jetzt schnell in die Puschen kommen"

Kahn stellte eine unmissverständliche Forderung an Trainer Julian Nagelsmann und seine Mannschaft: "Wir müssen jetzt schnell in die Puschen kommen. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Mannschaften über uns immer nur Unentschieden spielen oder verlieren. Wir müssen schnell auf Platz eins." Man habe zwar auch in Dortmund gesehen, "was für Qualitäten wir haben". Aber: "Wir müssen mal endlich eine Ergebnisstabilität reinbekommen!"

Diesen Zorn des Titanen hätten sich die Bayern-Stars locker ersparen können, wenn sie ihre zwischenzeitliche 2:0-Führung nach den Fernschusstoren von Leon Goretzka (33.) und Leroy Sané (53.) ins Ziel gebracht hätten.

Die Herbstkrise, in der die Münchner nach zwischenzeitlich vier sieglosen Spielen inklusive der ersten Saisonniederlage in Augsburg (0:1) geraten sind, hätte damit nach den beiden Siegen gegen Leverkusen (4:0) und Pilsen (5:0) vorerst für beendet erklärt werden können.

Wieder zurück im Krisenmodus

Nach dem doppelten Wirkungstreffer der Dortmunder im Gipfeltreffen sind die Bayern nun aber wieder angeknockt und zurück im Krisenmodus.

Nach dem Rückspiel in Pilsen am Mittwoch folgt am Sonntag in der Bundesliga nun das ebenso schwierige wie richtungsweisende Heimspiel gegen die weiterhin vor dem drittplatzierten Rekordmeister rangierenden Freiburger.

Der nach seinem Muskelfaserriss gerade erst zurückgekehrte Kingsley Coman wird dabei aufgrund seiner unnötigen Gelb-Roten Karte, mit der er die Schlussoffensive des BVB quasi einleitete, fehlen.

Möglicherweise gilt das auch für Alphonso Davies, der nach einem Gesichtstreffer durch einen Tritt von Jude Bellingham sichtlich benommen und mit Verdacht auf Gehirnerschütterung ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. (Mehr dazu lesen Sie hier)

Gnabry ein Totalausfall, Mazraoui und Stanišić überfordert

Neben dem Kanadier musste auch Innenverteidiger Matthijs de Ligt nach knapp einer Stunde angeschlagen raus (62.). Die Sorgen der Bayern werden dadurch nicht weniger.

Zu denken geben dürfte den Münchnern auch, dass einige Profis in dem Spitzenspiel schlicht nicht mithalten konnten. Serge Gnabry, der in der ersten Halbzeit fast nicht am Geschehen teilnahm, war zum Beispiel ein Totalausfall und musste in der Pause folgerichtig raus.

Auch die eingewechselten Noussair Mazraoui und Josip Stanišić wirkten überfordert und waren an den Gegentoren entscheidend beteiligt – Mazraoui am ersten, Stanišić sogar an beiden. Vor allem beim Ausgleichstor sah der Kroate, der Nico Schlotterbeck viel zu zögerlich und zaghaft im Strafraum stellte, schlecht aus.

"Wir haben das 2:2 selber entschieden, nicht der BVB"

"Wir haben das 2:2 selber entschieden, nicht der BVB", sagte Neuer vorm Mannschaftsbus, "wir hatten das 3:0 auf dem Fuß." Genauer gesagt: auf dem Kopf. Stürmerstar Sadio Mané köpfte nämlich am leeren Tor vorbei (49.).

Neuer beklagte exakt wortgleich zu Kahn und Präsident Herbert Hainer: "Die Konsequenz, den Sack zuzumachen, hat uns gefehlt. Wir hätten hier mehr Coolness und Abgezocktheit gebraucht, um mit einem Sieg nach Hause zu fahren." So ließ Bayern die Krise wieder aus dem Sack. Der Kapitän fand es "ein bisschen fahrlässig, wie wir agiert haben und Dortmund zurück ins Spiel gebracht haben. Wir haben ganz klar zwei Punkte verschenkt."

Grundsätzlich sei ein Unentschieden auswärts bei dem größten Konkurrenten um die Meisterschaft zwar "kein Beinbruch. Die Art und Weise, wie das passiert ist, war aber natürlich hergeschenkt". Die fehlende letzte Konsequenz bemängelte auch Goretzka. "Es nervt und regt uns sehr auf. Das passiert uns in letzter Zeit zu oft."

Auch Ehrenpräsident Uli Hoeneß sagte am Sonntag dem BR: "Das ist eigentlich nicht Bayern-like, wenn man 2:0 führt, dann sollte man das Spiel gewinnen."

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Nagelsmann reagiert auf Rummenigge-Stichelei

Weil sich diese Nachlässigkeiten der Münchner bereits wie ein roter Faden durch diese Saison ziehen, wird sich auch der Chefcoach nun wieder mit unangenehmen Fragen auseinandersetzen müssen.

Indem er Nagelsmann im Vorfeld der Partie als "Trainer-Talent" bezeichnete hatte, trug auch Ex-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nicht gerade zur Beruhigung der Debatten der vergangenen Wochen bei.

"Das sagen ja alle, nicht nur Karl-Heinz Rummenigge. In meinen Augen auf jeden Fall zu viele", sagte Nagelsmann schnippisch darauf angesprochen und ergänzte trotzig bei Sky: "Ich bin ja auch ein Trainer-Talent, da bin ich stolz drauf. Ich gebe jeden Tag mein Bestes. Alles andere sollen andere bewerten." Das 2:2 ordnete er am Ende jedenfalls als leistungsgerecht ein.

Der BVB als Punktsieger im Meisterkampf

Der BVB verließ den Platz trotzdem zumindest als Punktsieger im Kampf um die Meisterschaft. Nach dem Unentschieden sind beide Teams mit jeweils 16 Zählern in der Tabelle weiter gleichauf. "Du weißt nie, was dieser Punkt am Ende noch wert sein kann. Wichtiger war er aber vor allem für unseren Vibe und unsere Atmosphäre", sagte Bellingham auf t-online-Nachfrage.

"Es fühlt sich ein bisschen euphorisch an", sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl: "Wenn wir so spielen, wie heute, sind wir top konkurrenzfähig. Das ist das Niveau, das wir abliefern müssen. Das sollte uns ein bisschen Stabilität geben und zeigt, dass wir mit unseren Ansprüchen nicht so ganz weit weg sind."

Ganz im Gegensatz zu den Bayern. Während Kehl das sagte, fuhren direkt vor ihm gerade die beiden Mannschaftsbusse der Bayern los Richtung Flughafen. Ganz vorne saß Hainer, direkt dahinter Kahn – beide mit grimmigem Blick.

Vielleicht war es ganz gut, dass die beiden Bosse durch eine Sitzreihe getrennt waren. Ein wenig Sicherheitsabstand zu dem Vorstandsvulkan war schließlich durchaus angebracht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort in Dortmund
  • Gespräche in der Mixed Zone mit Oliver Kahn, Herbert Hainer, Manuel Neuer, Leon Goretzka, Jude Bellingham und Sebastian Kehl
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