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Marco Rose: Neuer Leipzig-Coach steht gegen den BVB direkt unter Druck


Ballbesitz als Schwachstelle
Warum Leipzigs Wunschtrainer direkt unter Druck steht


Aktualisiert am 09.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Marco Rose: Der neue Leipziger Trainer steht direkt unter großem Druck.Vergrößern des Bildes
Marco Rose: Der neue Leipziger Trainer steht direkt unter großem Druck. (Quelle: IMAGO)

Die ambitionierten Leipziger befinden sich auf einer sportlichen Talfahrt. Der neue Trainer muss nun beweisen, dass er mehr kann als zuletzt gezeigt.

Marco Rose tritt die Nachfolge von Domenico Tedesco bei RB Leipzig an. Der 45-Jährige ist gebürtiger Leipziger und lebt vor den Toren der Stadt. Sein Engagement wirkt wie eine ungewohnte Feel-Good-Story, dabei könnte der Druck in Leipzig größer nicht sein. Die teure und talentierte Mannschaft spielte zuletzt weit unter ihren Möglichkeiten. Wie es das Schicksal so will, wird Rose die ersten beiden Bundesligapartien gegen Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach – seine beiden Ex-Teams – bestreiten.

Für die zwei Borussias war er insgesamt drei Jahre tätig. Während die Zeit in Dortmund eher negativ bewertet wird, hatte Rose mit den Gladbachern zumindest phasenweise Erfolg. Man erinnere sich daran, dass die "Fohlen" in Roses erster Saison zwischenzeitlich die Bundesliga anführten. Der Fußball wirkte offensiv flüssig und defensiv griffig. Doch nach und nach verlor die Mannschaft eben genau diese Elemente und wurde tabellarisch zurückgeworfen.

Ballbesitz als Schwachstelle

Darüber hinaus hinterließ Roses Zeit in Gladbach den Eindruck, dass er weit konventioneller war, als das zunächst erwartet wurde. Bei seiner vorherigen Station in Salzburg ließ er – zumindest bei internationalen Auftritten – einen aggressiven Pressingfußball spielen, der auf frühe Ballgewinne und Tempogegenstöße ausgelegt war. Gladbach hingegen konnte punktuell effektives Pressing spielen, aber diese Facette stach bei Weitem nicht so stark hervor wie in Salzburg.

Zudem war Rose über zwei Spielzeiten hinweg nicht in der Lage, Gladbachs Probleme bei eigenem Ballbesitz komplett zu beheben. Es gab hin und wieder gute Ansätze, indem etwa der verteidigende Gegner durch die eigenen Aufbauspieler herausgelockt wurde und anschließend der lange Verlagerungsball nach vorn erfolgte. Rose machte sich zunutze, dass er mit Marcus Thuram oder auch Breel Embolo physisch starke Spieler auf den Flügeln aufbot, die lange und hohe Anspiele sichern konnten. Trotzdem war der Erfolg für Gladbach meist größer, wenn der Gegner selbst mit Ball anlief und Roses Spieler ihrerseits Fehler erzwingen konnten. Dann wurden durch mehrere Mittelfeldspieler intelligente Blöcke gebildet, um den Druck auf gegnerische Offensivkräfte nach Ballannahmen zu erhöhen oder Anspiele auf diese direkt zu unterbinden.

Leipzig trifft auf mauernde Teams

Auch in Dortmund konnten Roses Spieler nicht immer mit konstruktivem Offensivfußball glänzen. Ballbesitzschwächen des BVB blieben während seiner Amtszeit bestehen. In Leipzig wird er nun vor einer ähnlichen Herausforderung stehen. Vorgänger Tedesco hat anfangs versucht, das Mittelfeld so schnell wie möglich zu überbrücken. Die Spieleröffnung ging häufig direkt in die Spitze, oftmals zum offensiven Fokuspunkt Christopher Nkunku. Einen richtigen Spielgestalter im Mittelfeld haben die Leipziger momentan nicht. Am ehesten käme dafür der aktuell verletzte Dani Olmo infrage, der jedoch nicht vor der Abwehr, sondern eine Reihe weiter vorn spielen sollte.

Die Distanz, die Leipzig in dieser Bundesliga-Saison mit Ball am Fuß zurückgelegt hat, ist die zweithöchste hinter Bayern München. Die allermeisten Gegner der Leipziger wissen, dass die "Roten Bullen" Schwierigkeiten bekommen, wenn sie selbst das Spiel gestalten müssen. Deshalb wird gerne der Ball an Leipzig abgegeben und das Feld eng gemacht. So haben Nkunku und seine Mitspieler wenig Platz, um in Dribblings oder Sprints zu gelangen. Vielleicht kommt eine Partie wie jene gegen Borussia Dortmund am Samstag ganz gelegen, denn der BVB wird sich nicht hinten reinstellen.

Rose muss Defensivqualitäten zeigen

Wo Rose jedoch ebenfalls ansetzen muss, ist die Defensive. Eigentlich war Tedesco als Defensivspezialist bekannt, aber zuletzt hagelte es regelrecht Gegentore: gegen Eintracht Frankfurt sowie gegen eine Rumpfmannschaft von Schachtjor Donezk jeweils vier. Rein von den Statistiken her ist Leipzig jedoch gar nicht schlecht in der Arbeit gegen den Ball. In der Verteidigung von Dribblings liegen die Sachsen mit einer Erfolgsquote von 53 Prozent in der Bundesliga vorn; auch die Zahl der erfolgreichen defensiven Druckaktionen befindet sich im oberen Ligabereich.

Der Wert der "Expected Goals" (erwartete Tore) zeigt, dass Leipzig nur 6,1 zugelassen hat, aber in der Realität bereits neun Treffer kassieren musste. Nun ist diese Zahl nach wenigen Partien noch nicht vollends aussagekräftig, aber ein wenig Abschlussglück hatten die bisherigen Gegner wohl doch. Dass sich das irgendwann ausgleicht, darauf kann Rose nicht hoffen. Stattdessen braucht es mehr Dominanz am Ball. Kompaktheit in Ballnähe würde zur Folge haben, dass Leipzig bei Ballverlusten sofort gegensteuern könnte und nicht zuletzt mit gelungenen Pässen selbst geordnet in den Strafraum gelangt. Das war unter Tedesco zu selten der Fall – das Offensivspiel war zu weiträumig.

Die Statistiken sagen: Während Leipzig die zweitmeisten Ballbesitzsituationen in der Bundesliga verbucht, enden diese nur am siebthäufigsten im letzten Spielfelddrittel sowie im gegnerischen Strafraum. Andere Bundesligisten nutzen Ballbesitzanteile bei Weitem effektiver. Rose sagte auf seiner ersten Pressekonferenz: "Wir müssen Stabilität durch Aktivität erreichen. Wir wollen hinten stabiler werden, indem wir vorn mehr Druck auf den Ball kriegen."

Breiter Kader, wenig Formstärke

Dann wäre da noch das Personal im Kader. RB Leipzig hat sich aufgrund einiger Verkäufe ein Plus in der abgelaufenen Transferperiode erarbeitet. Nichtsdestotrotz wurden kostspielige Transfers getätigt, allen voran die Verpflichtungen der beiden deutschen Nationalspieler David Raum und Timo Werner. Für die drei bis vier Offensivpositionen hat Rose künftig die Qual der Wahl. Teilweise kommen sich so manche Spieler in die Quere. Nkunku und Werner zum Beispiel agieren am liebsten auf der linken Seite. Von Rose profitieren könnten derweil Dominik Szoboszlai und Amadou Haidara, die Rose ebenso wie Xaver Schlager aus seiner Salzburger Zeit kennt.

Was die taktische Formation anbelangt, ist Rose kein Dogmatiker. Auch wenn er eine Viererkette zu bevorzugen scheint, hat er sowohl mit Gladbach als auch Dortmund immer mal wieder mit Dreierkette gespielt. Die Leipziger haben sich unter Tedesco in dieser Saison bis zum letzten Spiel gegen Donezk stets in einer Version eines 3-5-2 formiert. Eventuell sieht Rose auch die Möglichkeit für ein 4-2-3-1 oder 4-3-3.

Insgesamt ist es jedoch schwer zu prognostizieren, wie sich Rose als neuer RB-Trainer kurz- und mittelfristig schlagen wird. Obwohl er bereits drei Jahre in der Bundesliga tätig war, fällt es weiter schwer, genau zu definieren, wofür er eigentlich als Trainer steht.

Das Engagement des gebürtigen Leipzigers bringt nicht nur mit sich, dass er den Topklub aus der Stadt vor dem sportlichen Absturz bewahren muss, sondern auch das eigene Profil schärfen sollte. Viel Zeit hat Rose nicht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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