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Hans-Joachim Watzke: "Politisch wäre ich mit Schwarz-Gelb zufrieden"


"Auch politisch wäre ich mit Schwarz-Gelb zufrieden"

Florian Wichert und Luis Reiß, t-online.de

21.09.2017Lesedauer: 6 Min.
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So grinst ein Tabellenführer: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ist mit seinem Klub derzeit sportlich erfolgreich.Vergrößern des Bildes
So grinst ein Tabellenführer: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ist mit seinem Klub derzeit sportlich erfolgreich. (Quelle: Thomas Bielefeld/imago-images-bilder)

Hans-Joachim Watzke ist vor allem als Geschäftsführer von Borussia Dortmund bekannt. Doch er ist auch CDU-Mitglied, politisch bestens vernetzt und hat als Funktionär eines Vereins mit mehr als 150.000 Mitgliedern ein feines Gespür für die Stimmung im Land.

Im exklusiven Interview zur Bundestagswahl mit t-online.de vergleicht er den Wahlkampf mit der deutschen Fußball-Meisterschaft, schwärmt von Christian Lindner und warnt davor, die AfD-Wähler mit den Repräsentanten der Partei gleichzusetzen.

t-online.de: Herr Watzke, sind Sie auch politisch für Schwarz-Gelb?

Hans-Joachim Watzke (58): Ich möchte eines vorab klarstellen: Borussia Dortmund ist politisch, aber niemals parteipolitisch. Wir haben 152.000 Mitglieder mit unterschiedlichen politischen Einstellungen, und ich werde den Klub auch nicht parteipolitisch auf irgendetwas festlegen – ich spreche hier also ausschließlich als Privatperson. Es ist einerseits bekannt, dass ich CDU-Mitglied bin.

Aber?

Andererseits sage ich ehrlich: Mir gefällt von den Spitzenkandidaten der Bundestagswahl Christian Lindner von der FDP sehr gut. Ich finde, dass er frisch rüberkommt, inhaltlich sehr stark und akzentuiert ist im Vergleich zu vielen anderen. Er hat es geschafft, die Inhalte seiner Partei klug zu verändern. Er geht mit offenen Augen durch die Welt und hat die brennenden Themen wie die Innere Sicherheit erkannt. Insgesamt wäre ich mit Schwarz-Gelb durchaus zufrieden.

Wer hat Sie im Wahlkampf außer Christian Lindner noch überzeugt?

Über die Parteigrenzen hinweg gibt es da Einige. Ich mag es, wenn in der Sache hart, aber trotzdem respektvoll gestritten wird. Es tut der CDU zum Beispiel gut, dass sie streitbare Personen wie Jens Spahn in ihren Reihen hat. Der traut sich, auch mal auf grobe Keile zu setzen. Auch Thomas de Maiziére schätze ich sehr, mit ihm bin ich fast freundschaftlich verbunden. Bei der SPD gefällt mir Thomas Oppermann, weil er sehr gut argumentiert. Und natürlich hat er sportlich ein schwarz-gelbes Herz (lacht). Früher mochte ich Politiker wie Gerhard Schröder, zu dem ich heute noch einen guten Draht habe, und Peer Steinbrück.

Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus des BVB hatten Sie Kontakt zu Kanzlerin Merkel. Wie war Ihr Eindruck von ihr?

Ich kannte sie ja vorher schon, die Gespräche mit ihr waren immer sehr korrekt und zielführend. Du hast bei ihr nie das Gefühl, dass sie sich von irgendwem vor den Karren spannen lässt. Sie ist wirklich unabhängig in ihrem Denken. Manchmal gefällt mir ihre Position nicht. Aber sie repräsentiert Deutschland auch nach außen hervorragend.

Haben Sie Ihre Nummer gespeichert?

Ach Quatsch, ich würde doch auch niemals auf die Idee kommen, sie direkt anzurufen. Man darf sich da nicht selbst überhöhen. Wenn es mal in irgendeiner Form so sehr brennt, dass ich das Gefühl hätte, ich müsste Kontakt aufnehmen, dann würde ich das auch hinbekommen.

Wenn Sie Bundeskanzler wären, was würden Sie als erstes tun?

(Lacht) Zurücktreten! Mal im Ernst: Ich habe viel Respekt vor diesem Amt und weiß, was für ein Privileg mein Job dagegen ist. Bundeskanzler ist so ein harter Job. Deshalb bin ich mit Kritik an dieser Stelle übrigens auch sehr vorsichtig.

Trotzdem gibt es sicher etwas, worauf Sie Wert legen würden!

Grundsätzlich wäre mir wichtig, dass die Menschen das Gefühl haben, dass ihre Sorgen ernst genommen werden. Die Flüchtlingskrise im Jahr 2015, noch deutlicher aber die Zeit danach, haben die Gesellschaft stark verändert. Ich merke das schon in meinem Bekanntenkreis: Da gibt es immer mehr unversöhnliche Standpunkte. Davon müssen wir wieder wegkommen. Es darf nicht jeder sofort stigmatisiert werden, dem die Ereignisse der vergangenen beiden Jahre nicht gefallen. Es ist die Aufgabe eines Regierungschefs, die Menschen wieder stärker miteinander zu versöhnen.

Wie sehr sind Sie wegen des Erfolgs der Alternative für Deutschland (AfD) besorgt?

Man muss unterscheiden zwischen den AfD-Wählern und den AfD-Politikern. Was man von Letzteren teilweise hört, erschreckt mich. Noch mehr sollte es aber die großen Parteien erschrecken, dass trotz dieses Führungspersonals so viele diese Partei wählen wollen. Die Wähler dieser Partei sind überwiegend keine Rechtsradikalen, sondern Menschen, die sich Sorgen machen und Angst vor einer Auseinandersetzung der verschiedenen Kulturen in Deutschland haben. Das muss man ernst nehmen anstatt nur auf die AfD-Wähler zu schimpfen.

Wie könnten die anderen Parteien denn diese Menschen Ihrer Meinung nach überzeugen?

Das Wichtigste ist, dass die beiden großen Volksparteien CDU und SPD wieder deutlich streiten und unterscheidbarer werden. Die SPD hat das Problem, dass ihr die CDU inhaltlich entgegengekommen ist. Ich schätze Angela Merkel sehr, mehr wegen ihres unprätentiösen Auftretens als wegen ihrer Politik, und ich schätze auch Martin Schulz sehr. Aber beide haben im Prinzip eine inhaltliche Schnittmenge von 90 Prozent. Der besorgte Wähler muss in der Mitte der Gesellschaft wieder zwei Alternativen haben, nicht nur eine.

Unter den Fans Ihres Vereins Borussia Dortmund gibt es seit Jahren rechtsradikale Fan-Gruppierungen. Fürchten Sie, dass auch in Ihrem Stadion die Offenheit gegenüber rechten Positionen wieder zunimmt?

Der Fußball ist doch keine Sonderentwicklung in der Gesellschaft, sondern er bildet sie ab. Vom Vorstandsvorsitzenden des DAX-Konzerns bis zur Reinigungskraft ist Fußball das Thema Nummer eins. Wenn es radikale Tendenzen gibt, sowohl von der rechten als übrigens auch von der linken Seite wie beim G20-Gipfel in Hamburg, bilden sich diese auch im Stadion ab. Wenn es ein Prozent Radikale in unserer Gesellschaft gibt, dann sind das bei 81.000 Zuschauern eben bis zu 800 Menschen.

Wie gehen Sie damit um?

Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen, und natürlich ist der Fußball in der Pflicht, dagegen anzukämpfen. In unserer Satzung steht beispielsweise, dass nur Mitglied sein darf, wer das Grundgesetz akzeptiert. Wer sich nicht daran hält, den versuchen wir zu überzeugen – ansonsten droht ein Vereinsausschluss. Für Radikale ist beim BVB überhaupt kein Platz!

Finden Sie den Wahlkampf dieses Jahr eigentlich ansatzweise spannend?

Das ist aufgrund der Ausgangslage schwierig. Martin Schulz versucht jetzt auf den letzten Drücker noch Trennlinien zu ziehen, doch eigentlich unterscheiden Merkel und er sich zu wenig. Von Anfang an war außerdem beinahe klar, wer in dem Duell wohl Nummer eins und wer Nummer zwei werden würde. Es geht doch eigentlich vor allem noch um eine Frage: Wer wird Koalitionspartner der CDU? Das wird erst nach der Wahl richtig spannend.

Also ist die Wahl ein bisschen wie die deutsche Meisterschaft in den vergangenen Jahren. Da wusste man auch, dass Bayern Meister wird.

Ja, da ist was dran. In der Bundesliga geht es aber immerhin noch um die Qualifikation für Champions League, Europa League und den Abstieg. Vergleichbares sehe ich im Wahlkampf nicht, es ist ja auch voraussichtlich keine große Partei von der Fünf-Prozent-Hürde gefährdet. Du hast im Wahlkampf nur noch die Platzierungsfrage, das ist für Spannung ein bisschen wenig. Es fehlen auch Typen wie der kürzlich verstorbene Heiner Geißler. In meiner Jugendzeit ging es ganz anders zur Sache. Oder Kohl gegen Lafontaine 1990 – da war auch Zündstoff drin!

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Im Wahlkampf fordern wieder einige Politiker, dass die Fußball-Vereine die Kosten für Polizeieinsätze rund um die Spiele tragen sollten. Wieso nicht?

Das ist der Klassiker, weil es natürlich eine populäre Debatte ist. Ich merke, dass da in der Bevölkerung viel Diskussionswille besteht. Eine solche Regelung wäre aber ordnungspolitisch eine Vollkatastrophe. Wir haben doch ganz klar in unserer Verfassung verankert: Das Gewaltmonopol liegt beim Staat! Mir hat auch noch niemand erklärt, warum ausgerechnet der Fußball zahlen soll und das Oktoberfest, der Bremer Freimarkt und die Cranger Kirmes – wo viel mehr Delikte passieren als im Fußball – wie selbstverständlich aus dem Serviceangebot der Polizei bestritten werden. Wenn man meint, das Gewaltmonopol des Staates kippen zu wollen – und davor warne ich ganz, ganz entschieden – dann muss man sagen: Dann müssen alle Veranstalter zahlen, dann sind wir auch dabei. Aber wir sollten uns sehr genau überlegen, ob wir uns da nicht auf ein extremst populistisches Gebiet begeben.

Wie gehen Sie an diesem Sonntag eigentlich wählen?

Ich gehe ins Wahllokal, was ich übrigens für sehr wichtig halte. Mit der Briefwahl kann es so nicht weitergehen. Sie war früher als Ausnahme gedacht, jetzt wird es immer mehr zur Regel. Es ist gefährlich, wenn der Staat nicht mehr kontrollieren kann, ob ein Großteil der Wähler auch wirklich frei und geheim abstimmen kann. Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl, dass das Wahlgeheimnis im Wahllokal deutlich besser gewahrt ist. Wir sollten strengere Regeln für die Briefwahl einführen.

Welche Partei bekommt auf keinen Fall Ihre Stimme?

Sowohl auf dem linken als auch dem rechten Rand würde ich keine Partei wählen.

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