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FIFA-Skandal: Jauch-Talk war Ohrfeige für jeden Fußballfan


Ohrfeige für Jauch und für jeden Fußballfan
Blatters Propaganda-Minister und die perverse FIFA-Logik

Von t-online
Aktualisiert am 01.06.2015Lesedauer: 4 Min.
Der FIFA-Skandal war Thema in Günther Jauchs Talkrunde.Vergrößern des BildesDer FIFA-Skandal war Thema in Günther Jauchs Talkrunde. (Quelle: imago/Stefan Zeitz)
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Von Marc L. Merten

Der FIFA-Sumpf, seine stummen Opfer und seine lautstarken Kritiker – es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand Sepp Blatter das Handwerk legt. Das System Blatter, es scheint korrupt, verlogen, machtversessen und geldgierig. Günther Jauch wollte es am Sonntagabend in seine Einzelteile zerlegen – zusammen mit FIFA-Mediendirektor Walter de Gregorio. Doch der sagte ab. Stattdessen kam einer seiner Stellvertreter. Und wurde zum Propaganda-Minister des Paten Blatter.

Nein, bei der FIFA ist nicht alles schlecht. Eigentlich tut der Weltfußball-Verband sogar viel Gutes in der Welt. Wäre er nicht von den Wurzeln aus korrupt. Wie sehr, bestätigte FIFA-Sprecher Alexander Koch höchstpersönlich bei Jauch. Nur Stunden, nachdem der südafrikanische Fußballverband eine Zahlung in Höhe von zehn Millionen Dollar bestätigt hatte. Eine Zahlung, die offiziell von der FIFA getätigt worden war. Und die die Unterschrift eines hochrangigen FIFA-Funktionärs tragen dürfte. Welche, ist bislang nicht bekannt, weil die FIFA blockt. Nur die von Blatter selbst dürfte es wohl nicht sein.

Aber von Anfang: Eigentlich hatte de Gregorio bei Günther Jauch zu Gast sein sollen. Doch der FIFA-Mediendirektor sagte wegen einer vorzubereitenden Strategiesitzung ab und schickte dafür Koch. Ein Zweite-Reihe-Sprecher in einer Zeit, in der die FIFA eigentlich an großflächiger Schadensbegrenzung interessiert sein müsste. Eine Ohrfeige für Jauch, für die ARD und für jeden Fußballfan. Gerade in Deutschland, wo man sich vom nationalen Verband DFB und seinem Präsidenten Wolfgang Niersbach mehr Gegenwehr erwartet hatte. Um es vorsichtig auszudrücken.

Paradebeispiel perverser FIFA-Logik

Koch war das, was man wohl Propaganda-Minister nennen würde. Er erdreistete sich, die WM-Vergabe nach Katar 2022 als Sieg für die dort lebenden (und sterbenden), als Sklaven gehaltenen Bauarbeiter zu bezeichnen. Schließlich sei so endlich Druck auf das arabische Emirat entstanden, die Menschen- und Arbeitsrechte zu verbessern. Wenn es eines Paradebeispiels perverser FIFA-Logik bedurfte, Koch lieferte es.

Er machte zudem überhaupt keinen Hehl daraus, dass die FIFA korrupt sei. Wieso auch? Wenn so viele nationale Verbände Mitglieder der FIFA seien, deren Länder auf dem Korruptionsindex ganz oben stünden, sei "die Chance hoch", dass auch deren Vertreter in der FIFA korrupt seien. Er schien sich sogar darin zu gefallen, zu sagen: "Natürlich stört uns das." Na, immerhin!

Nur, wenn es um die Verantwortung für diesen Korruptionssumpf ging, zog er sich wie die ganze FIFA-Führungsriege in die Welt der Pippi Langstrumpf zurück: "Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt." Blatter sei in keiner Form verantwortlich zu machen für korrupte Funktionäre in seinem Verband. Nicht einmal für seine Vize-Präsidenten, nicht einmal für seinen engen Vertrauten Jeffrey Webb, den sich Blatter als Nachfolger aufbauen wollte und der in Zürich verhaftet worden war. Warum? "Er hat sie ja nicht ernannt. Sie wurden gewählt. Er hat für diese Personen genauso wenig Verantwortung wie Sie, Herr Jauch!"

Warum Claudia Roth besser geschwiegen hätte

Es muss Günther Jauch die Sprache verschlagen haben ob dieser Unverfrorenheit und des blanken Hohns, mit dem Koch auf die Fragen und Vorwürfe aus der Runde antwortete. Und wenn er, wie in Sachen Zehn-Millionen-Zahlung aus Südafrika, besser nichts sagen wollte, zog er sich auf die "laufenden Ermittlungen" zurück und darauf, dass er ja nur ein Mediensprecher sei, der nicht an den Untersuchungen direkt beteiligt sei. Ein Zweite-Reihe-Sprecher eben. Jauch hätte ihn gerne so behandeln dürfen.

Das taten zumindest ab und an die Gäste, wobei auch diese den Nonsens des FIFA-Sprechers allzu oft vergaßen als dummes Geschwätz zu enttarnen. Fußball-Kommentator Marcel Reif erlaubte sich wenigstens, Koch seine absurde Behauptung vor Augen zu führen, der Chef eines Verbandes sei nicht verantwortlich für die Kultur, die in seinem Laden herrsche. "Entweder, er hat es gewusst. Dann muss er weg. Oder er wusste von nichts. Dann muss er auch weg. Wenn er nicht weiß, was seine Vizepräsidenten machen, braucht es die ganze FIFA-Organisation nicht."

Eine andere Diskutantin, Grünen-Politikerin Claudia Roth, zeigte sich auf ihre besondere Art und Weise erst einmal überaus empört, dass es in der FIFA "nur noch um Macht und Geld geht" – eine bemerkenswert naive Aussage einer Person, die in einem ähnlich macht- und geldgetriebenen Metier arbeitet. So war sie es denn auch, die sich meist eher wüst echauffierte, in einem wachen Moment aber Koch über den Mund fuhr, als dieser sich auch noch erdreistete, die WM-Vergabe nach Katar als Chance für den Arabischen Frühling ansehen zu wollen. Einzig, als Jauch sie auf die WM 2006 im eigenen Land ansprach ("Haben wir 2006 nicht das Gleiche gemacht und der FIFA den roten Teppich ausgerollt, was wir jetzt anderen vorwerfen?"), fing Roth an zu stottern. Was sie zwar nicht von einer Antwort abhielt, es aber hätte bleiben lassen sollen.

Kann die US-Justiz das Kartenhaus einreißen?

Spannend wurde es auch immer dann, wenn entweder Guido Tognoni an die Reihe kam oder ARD-Reporter Florian Bauer. Tognoni, ehemaliger FIFA-Mediendirektor und zeitweise Bekämpfer Blatters, machte Hoffnung, dass das Ende der Fahnenstange der Ermittlungen noch nicht erreicht ist. "Es gibt Anzeichen, dass die US-Justiz noch nachladen wird, dass Zürich erst die Aufwärmrunde war." Und weiter: "Das, was die Amerikaner jetzt noch in der Hand haben, kann das ganze Haus zum Einsturz bringen." Auch, wenn Tognoni keine großen Hoffnungen machen wollte, dass Blatter selbst etwas nachzuweisen sein wird. "Er ist so klug, nicht seine eigene Unterschrift unter die entscheidenden Dokumente zu setzen."

ARD-Mann Bauer hingegen, der sich für die bemerkenswerte Dokumentation "Der verkaufte Fußball" mehrfach nach Katar begeben hatte, stellte klar: "Die Staatsanwaltschaft Zug in der Schweiz hat festgestellt: Blatter wusste von Schmiergeldzahlungen. Blatter hat das vor laufender Kamera bestritten. Er hat gelogen. Wenn er noch einen Funken Respekt hätte, wäre er zurückgetreten." Bauer geht davon aus, dass vor allem die gerade bestätigte Zehn-Millionen-Zahlung aus Südafrika noch ein Opfer aus den oberen Reihen fordern wird. "Die Unterschrift können nur ganz wenige von ganz oben geleistet haben." Das einzige Problem: Die FIFA behindert ganz offenbar die Klärung des Falls. "Seit Donnerstag steht der Vorwurf im Raum. Worauf wartet die FIFA, nachzuschauen, wer unterschrieben hat?" Beispielhaft für den ganzen Abend lautete die Antwort Kochs auf diese Frage: "Ich selbst bin nicht berechtigt nachzusehen."

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