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WM-Affäre: Bericht belastet Beckenbauer und Niersbach schwer


WM-Affäre
Bericht belastet Beckenbauer und Niersbach schwer

Von sid
Aktualisiert am 04.03.2016Lesedauer: 3 Min.
Franz Beckenbauer (li.) und Wolfgang Niersbach rücken immer mehr in den Blickpunkt der WM-Affäre.Vergrößern des BildesFranz Beckenbauer (li.) und Wolfgang Niersbach rücken immer mehr in den Blickpunkt der WM-Affäre. (Quelle: dpa-bilder)
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Millionen flossen von Franz Beckenbauers Konto nach Katar, eine Mitarbeiterin von Wolfgang Niersbach ließ Akten verschwinden, vieles deutet auf Bestechung hin - und dennoch lieferte der Freshfields-Bericht keine eindeutigen Beweise für eine gekaufte Fußball-WM 2006.

Neue Informationen über Geldflüsse, schwer belastete Schlüsselfiguren und die bewusste Verschleierung von Millionenzahlungen legen in der WM-Affäre aber dunkle Machenschaften offen.

DFB-Führung findet drastische Worte

Die DFB-Führung fällte ein vernichtendes Urteil. "Es war völliges Versagen interner Kontrollmechanismen, sowohl im WM-OK als auch innerhalb der DFB-Spitze", sagte Interimspräsident Rainer Koch bei der Vorstellung des Abschlussberichts der Wirtschaftskanzlei: "Dem Präsidium wurden über Monate Informationen vorenthalten. Das ist ein inakzeptabler Vorgang."

Auf 361 Seiten listen die Ermittler akribisch die Verfehlungen des früheren Führungspersonals auf. Der nachvollzogene Weg der 6,7 Millionen Euro ist weiter höchst verdächtig - und Beckenbauer steht bei den dubiosen Geldtransfers im Fokus.

Beckenbauers Millionen Schiebereien

Von einem Oder-Konto auf die Namen Beckenbauer und dessen Ex-Manager Robert Schwan flossen im Sommer 2002 in vier Tranchen sechs Millionen Schweizer Franken auf das Konto einer Schweizer Anwaltskanzlei. Von dort wurde das Geld nach Katar an eine Firma weitergeleitet, die offenkundig Mohamed Bin Hammam gehört - damals Mitglied der FIFA-Exekutive und -Finanzkommission. Schließlich überwies der frühere adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zehn Millionen Franken auf das Schweizer Konto. Mit sechs Millionen wurde Beckenbauer "ausgelöst", vier Millionen gingen erneut nach Katar.

Bleibt die Frage: Wofür das Ganze, wenn nicht zum Zwecke der (nachträglich eingelösten) Bestechung? Laut Bericht gibt es für die Vorgänge keine "plausible Erklärung". Ob das Geld nur der Sicherung des FIFA-WM-Zuschusses diente, wie von Beckenbauer und seinen WM-Mitstreitern behauptet, oder ein "weiterer, dahinterliegender Zweck" verfolgt wurde - offen. 2005 zahlte der DFB das Geld an Dreyfus zurück, ganz bewusst verschleiert.

Zahlung bewusst falsch deklariert

"Nach dem Ergebnis unserer Untersuchung steht fest, dass die Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2005 vom WM-Organisationskomitee bewusst falsch deklariert worden ist. Sie war als Betrag für die FIFA-Eröffnungsgala ausgewiesen, aber für Dreyfus gedacht", teilten die Ermittler mit. Wer von den damals Beteiligten wann Kenntnis von dem Betrug gehabt habe, sei "strittig".

Auf den Verband kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Konsequenzen zu. Die Untersuchung der Frankfurter Staatsanwaltschaft, die wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall ermittelt, ist noch nicht abgeschlossen. Im Zentrum stehen Niersbach, dessen Vorgänger Theo Zwanziger und Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt.

Warner-Deal teilweise umgesetzt

Beckenbauer, dessen Name im Bericht 564-mal erwähnt wird, gerät noch an einer weiteren Front schwerstens unter Druck. Der von ihm unterschriebene Vertragsentwurf, der dem skandalumwitterten Funktionär Jack Warner vier Tage vor der WM-Vergabe im Juli 2000 erhebliche Vorteile zusagte, wurde zumindest teilweise in die Tat umgesetzt. Bisher sprach der DFB von einem "Bestechungsversuch" - mit diesen Erkenntnissen spricht alles für vollzogene Bestechung. Immerhin trat der Entwurf laut Angaben der Ermittler "formal wohl nicht in Kraft".

Das Verschwinden wichtiger Akten hat die Freshfields-Ermittlungen zudem erheblich gestört, was wiederum den zurückgetretenen DFB-Präsidenten Niersbach belastet. Eine seiner Mitarbeiterinnen hat demnach auf eigene Faust im Juni 2015 den Aktenorder "FIFA 2000" beim DFB entliehen - der Ordner ist verschwunden. Niersbach sei zudem entgegen seiner Darstellung schon ab Juni 2015 über alle Vorgänge informiert gewesen.

Unterlagen teilweise nicht auffindbar

"Die beim DFB auffindbaren Unterlagen waren nicht vollständig", teilte Freshfields mit. Darüber hinaus sei "nicht auszuschließen, dass frühere DFB-Mitarbeiter Akten nach ihrem Ausscheiden vernichtet haben. Manche Akten wurden oder werden privat verwahrt."

Niersbach sei zudem entgegen seiner Darstellung schon Anfang Juni 2015 über alle Vorgänge informiert gewesen, habe es aber abgelehnt, seine Präsidiumskollegen zu informieren. "Ich habe mich zum damaligen Zeitpunkt bemüht, die Hintergründe des Sachverhalts zu recherchieren und zufriedenstellende Antworten zu erhalten, bevor ich das Präsidium informiere. Dass mir dies nicht gelungen ist, bedauere ich zutiefst", schrieb Niersbach in einer persönlichen Erklärung.

Koch will noch abwarten

Koch sagte, dies sei noch nicht der Zeitpunkt, "über Konsequenzen zu sprechen". Rechtliche Schritte will der DFB in Ruhe prüfen. Die Aufarbeitung der Affäre sieht Koch als beispielhaft an: "Mir ist in der Welt des Sports keine vergleichbar transparente und selbstkritische Aufarbeitung in Bezug auf das eigene Haus bekannt." Der Bericht war zeitgleich zur Pressekonferenz im Internet veröffentlicht worden.

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