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"Obszön, peinlich, respektlos": Harte Kritik am FC Bayern bei Plasberg


"Herr Stoiber, einmal Luft holen bitte!"

Marc L. Merten

Aktualisiert am 30.05.2017Lesedauer: 4 Min.
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Die Diskussionsrund bei "Hart aber fair": Edmund Stoiber, Marcel Reif, Willi Lemke, Betty Heidler und Axel Balkausky.Vergrößern des Bildes
Die Diskussionsrund bei "Hart aber fair": Edmund Stoiber, Marcel Reif, Willi Lemke, Betty Heidler und Axel Balkausky. (Quelle: WDR)

Wenn die ARD mit Frank Plasberg über ihr eigenes Premiumprodukt, den Fußball, diskutiert und dazu Edmund Stoiber einlädt, kann nur eines herauskommen: nichts.

Die Gäste:

  • Edmund Stoiber, Aufsichtsrat FC Bayern München
  • Marcel Reif, Sportjournalist
  • Willi Lemke, Ex-Manager Werder Bremen
  • Betty Heidler, Hammerwurf-Weltmeisterin
  • Axel Balkausky, Sport-Koordinator ARD

Das Thema

„Der Fußball und das Geld – macht der Kommerz den Sport kaputt?“ So wollte Frank Plasberg bei „Hart aber Fair“ diskutieren lassen: über eine ausgebuhte Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale, über einen Skandal-Auftritt von Anastacia beim FC Bayern, über Mini-Kameras an Biergläsern bei der Meisterfeier der Münchner, über TV-Gelder, über die Entfremdung von der Basis. Das Problem der Diskussion: Es fehlte an einer solchen, an einer inhaltlichen Basis und einem Leitfaden, um sinnvoll diskutieren zu können.

Die Fronten

Es fing schon bei den Gästen an. Mit Axel Balkausky von der ARD saß zumindest ein Halbwegs-Entscheider aus der betroffenen Branche in der Runde. Der Rest wurde von Edmund Stoiber totgeredet. Auch am Montag griff wieder die Regel: Will ein TV-Sender über den FC Bayern diskutieren, will der deutsche Rekordmeister aber niemanden aus der Führungsriege schicken, dann kommt Stoiber. Der Mann ist schließlich Aufsichtsrat des Klubs. Ein überaus schlecht informierter, wie am Montagabend klar wurde. Aber immerhin einer, der die Sendung mit Redezeit füllt.

Stoiber beisitzen durften ein Ex-Manager, ein Ex-Kommentator und eine Ex-Hammerwerferin. Nicht gerade ein zum Thema passendes Who is Who, wenn man bedenkt, dass weder der Deutsche Fußball-Bund noch die Deutsche Fußball-Liga, ein Vertreter von „Sky“ oder ein echter Entscheidungsträger aus einem der Top-Klubs, geschweige denn ein Fan-Vertreter mit am Tisch saßen. Kein Wunder also, dass echte Fronten fehlten. Stoiber echauffiert sich zu allem und jedem, bewies eine bemerkenswerte Unfähigkeit den Gesprächspartnern zuzuhören und regte sich selbst dann auf, wenn alle ihm zustimmten.

Aufreger des Abends

Es war bezeichnend, dass Plasberg fast ein Viertel der Sendung auf ein Thema verschwendete, das bereits neun Tage alt ist: die Installation von Mini-Kameras an den großen Biergläsern der Bayern-Spieler auf der Münchner Meisterfeier. Nichts, was nun gesagt wurde, war neu. „Obszön“ nannte Marcel Reif diese Ausgeburt der Kommerzialisierung, ausgelöst durch den hauseigenen Fernsehsender des FC Bayern.

„In Amerika ist der Sport zwar noch kommerzieller, aber da wird der Fan nicht für dumm verkauft“, so der Journalist. Dass in Deutschland dieser Trend immer häufiger zu sehen ist – also das Blenden und Verhohnepiepeln der eigenen Anhänger, dem widersprach niemand. Selbst Stoiber nicht.

Moderatoren-Moment

Auch, wenn sich Stoiber immer wieder – auch in Sachen Bierglas-Gate – hinter diese Abartigkeit der Vermarktung stellte. Schließlich habe der FC Bayern einen hauseigenen Fernsehsender. Als ob damit alles erklärt sei! Axel Balkausky bemerkte bittersüß an: „Wir wollen keine Interviews vom FC-Bayern-TV bekommen, sondern sie selbst führen.“ Ein Unterschied, den Stoiber ignoierte.

Stoiber war an diesem Abend kaum zu bremsen. Er redete über den FC Bayern, die Mitgliederzahlen, die vielen Millionen Fans des Klubs weltweit, über die Kader von Manchester United und Juventus Turin, über den einstigen Bremer Zauberfuß Johan Micoud, über eine europäische Super-Liga, über Einschaltquoten, nannte falsche TV-Gelder und völlig von der Realität entfernte Lizenzspieler-Etats anderer Klubs. Bis Frank Plasberg in einem lichten Moment forderte: „Herr Stoiber, einmal Luft holen bitte!“

Moderatoren-Frage des Abends

Kein Gedanke wurde am Montagabend zu Ende gedacht. Das lag auch an Plasberg, der sich viel zu lange an Beispielen wie Helene Fischer oder den Mini-Kameras an Biergläsern festhielt, anstatt die Diskussion in die Tiefe zu führen. Jeder Fußball-Laie dürfte große Schwierigkeiten gehabt haben, dem Talk auch nur ansatzweise zu folgen. Jeder Fußball-Fan dagegen hatte alles schon mindestens einmal gehört. Auch, weil die entscheidenden (Nach-)Fragen ausblieben.

Wohin könnte sich der Fußball entwickeln, sollten Fans tatsächlich beginnen, sich abzuwenden? Was kann der sich im Untergrund formierende Widerstand gegen die Verbände wirklich bewirken? Welche Folgen wird die Internationalisierung der Klubs auf die Besitzverhältnisse und Einflüsse von außen haben? Und welche Verantwortung hat der Fußball wirklich im Sport und in der Gesellschaft?

Plasberg hätte das oberflächliche Stammtisch-Geschwätz gar nicht erst aufkommen lassen dürfen und nachhaken müssen, als beispielsweise Balkausky sagte: „Es braut sich generell etwas zusammen.“ Gemeint war das Verhältnis zwischen den Fußball-Oberen und den Fans, gemeint war das Auseinanderdriften der Interessen. Doch stattdessen gab es lediglich in den letzten Minuten diese inhaltliche Auseinandersetzung – auch im Vergleich zu anderen Sportarten.

Was offen bleibt

Wenn mit Axel Balkausky schon der hauseigene Sport-Koordinator an der Diskussion teilnimmt, hätte sich angeboten, der Frage nach Grundversorgung und Programmvielfalt mehr Platz einzuräumen. Stattdessen verkam dieser Punkt zur eilig vorgenommenen Schlussrunde. Nachdem die ARD Mitte vergangener Woche viele Stunden Amateurfußball live gezeigt hatte, hätte es einen aktuellen Aufhänger gegeben, zu hinterfragen. Stattdessen durfte Balkausky die stereotype Großkeule schwingen und die anderen Sportverbände dafür kritisieren, nicht genug für die eigene Attraktivität zu tun.

Dabei hätte ein Blick nach Mannheim am Wochenende gereicht: Dort fand die Feldhockey-Endrunde der Damen und Herren statt. Eine Sportart, die inklusive Kunstrasen-Farbe in den letzten Jahren alles getan hat, um die eigene Sportart TV-kompatibel zu gestalten. Die ARD überließ Sport1 den Vortritt. Ob das Fußballspiel zwischen Eintracht Norderstedt und Halstenbek-Rellingen tags zuvor zu viele Ressourcen verbraucht hatte? Oder ob es auch der ARD letztlich nur um die Kommerzialisierung geht? Schließlich ist es wohl kein Zufall, dass unter den Top Ten der besten jemals erzielten Einschaltquoten in allen Sparten des Fernsehens der Fußball alle ersten zehn Plätze belegt.

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