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WM 2018 – Rückblick: Das waren die größten Skandale der Nationalelf


Nazis, Cordoba und Battiston
Die größten WM-Skandale deutscher Mannschaften

Von Udo Muras

Aktualisiert am 14.06.2018Lesedauer: 11 Min.
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Brutaler Einsatz im WM-Halbfinale 1982: DFB-Torwart Harald "Toni" Schumacher springt Frankreichs Patrick Battiston rücksichtslos ins Gesicht.Vergrößern des Bildes
Brutaler Einsatz im WM-Halbfinale 1982: DFB-Torwart Harald "Toni" Schumacher springt Frankreichs Patrick Battiston rücksichtslos ins Gesicht. (Quelle: WEREK/imago-images-bilder)

Nicht immer ging es friedlich und gesittet zu im deutschen Quartier, manchmal lag die Schuld auch an Unruhestiftern vom außen. Ein Streifzug durch die deutsche Skandalgeschichte bei WM-Turnieren.

Deutsche Nationalmannschaften haben bei Fußball-Weltmeisterschaften auch für manche negative Schlagzeilen gesorgt. Unvergessen bleibt das rücksichtslose Foul von Toni Schumacher am Franzosen Patrick Battiston bei der WM 1982 oder der "Stinkefinger-Skandal" von Stefan Effenberg bei der Weltmeisterschaft in den USA. Hier schildern wir Ereignisse, die Schande über deutsche Nationalmannschaften gebracht haben.

► 1958: Das Halbfinale von Göteborg

Als Weltmeister reiste die Elf von Sepp Herberger nach Schweden, die Gastgeber wollten ihnen den Titel abspenstig machen. So schlugen schon vor dem Halbfinale im Ullevi-Stadion von Göteborg die Emotionen hoch. In der Presse wurde an den Krieg erinnert, die deutschen Spieler wurden als "Knochenbrecher" und Herberger als "Sklavenhalter" bezeichnet.

In einem WM-Buch von 1958 heißt es: "Vor Beginn des Spiels wurden die Massenchöre regelrecht einstudiert, mit Hilfe von Schalltrichtern brachten fahnenschwenkende Einpeitscher den Besuchern bei, wie sie den alten Sportschlachtruf der Schweden, das 'Heja! Heja! – Sverige!' einsetzen müssten. Der Unterricht trug seine Früchte; für die deutsche Elf wurde das Ullevi-Stadion zum Hexenkessel."

In dieser ungewohnten Atmosphäre büßte Deutschland seine Titelchance ein und verlor trotz Führung mit 1:3. Aber erst als die Elf eine Neun war, kamen die Schweden, die Fritz Walter zu einem humpelnden Statisten degradiert und Erich Juskowiak zu einem Revanchefoul provoziert hatten, zu den entscheidenden Toren. Zur Pause hatte es noch 1:1 gestanden.

"Das Glück und der Schiedsrichter waren gegen unsere Elf", titelte das "Sport Magazin". Und das Publikum. Einen solchen Fanatismus waren die Deutschen von ihren Oberligaplätzen einfach nicht gewohnt. Skandalös wurde es aber erst hinterher. Verärgert reagierte DFB-Präsident Peco Bauwens auf die Vorfälle im Ullevi-Stadion.

"Nie mehr werden wir dieses Land betreten, nie mehr werden wir gegen Schweden spielen“, sagte er im ersten Zorn und veranlasste die vorzeitige Abreise. Beim Fifa-Bankett im Anschluss an das Spiel um Platz 3 (3:6 gegen Frankreich) fehlte Deutschland prompt.

Das Spiel trübte das Verhältnis beider Länder im Sommer 1958: Schweden wurden an deutschen Tankstellen nicht bedient, beim Aachener Reitturnier wurde die schwedische Flagge gestohlen und in einigen Gaststätten die "Schwedenplatte" von der Karte gestrichen. Das "Sport Magazin" klagte: "Was haben wir den Schweden getan? In beiden Weltkriegen hat kein deutscher Soldat schwedischen Boden betreten." Die Fußballer aber kamen noch oft wieder.

► 1974: Das Bankett von München

Am 7. Juli 1974 wurden die Deutschen zum zweiten Mal Weltmeister. Nun ging es ans Feiern, die öden Tage von Malente waren endlich vorbei und die Spieler freuten sich, ihre Frauen wieder zu sehen. Doch das war mit Schwierigkeiten verbunden. Zum Bankett im Hilton-Hotel erhielten nur Frauen der Funktionäre und Journalistinnen Zutritt, was Fifa-Standard war und auch auf der Einladung stand.

Aber war es noch zeitgemäß? Susi Hoeneß, Frau von Bayern-Stürmer Uli, fand das nicht und schaffte es irgendwie aufs Bankett – damit eskalierte die Situation. Ein Ober kam zu ihr und bat sie, den Saal zu verlassen. Ihr Mann Uli und Kapitän Franz Beckenbauer tobten und wollten wissen, wer das angeordnet habe. Es war DFB-Spielausschuss-vorsitzender Hans Deckert und der kam dann selbst, der Forderung Nachdruck zu verleihen.

"Hier herrschen noch Zucht und Ordnung"

Der Schweinfurter kannte kein Pardon: "Hier herrschen noch Zucht und Ordnung. Maßen Sie sich nicht Rechte an, die Ihnen nicht zustehen." Was heillose Unordnung zur Folge hatte. "Halten Sie doch die Luft an", schnaubte Hoeneß und rannte mit seiner aufgelösten Susi davon – und viele Spieler folgten ihm. Beckenbauers letzter Gruß an einen DFB-Mann: "Ihr seid durch und durch Feierabend-Funktionäre. Beim FC Bayern hätte man euch längst zum Teufel gejagt."

Harte Worte an so einem glorreichen Tag. Sie feierten privat weiter, Beckenbauer ging mit Günter Netzer in eine Discothek, deren Namen zum Ablauf des Banketts passte: why not? Warum bloß durften die Frauen nicht mit den Weltmeistern feiern? "Männergesellschaft hin oder her, was wären wir Spieler ohne unsere Frauen?", schrieb Beckenbauer in seiner Biographe "Einer wie ich".

Der Krach war das große Thema der nächsten Tage und wurde überhöht durch die Tatsache, dass Gerd Müller, Jürgen Grabowski und Wolfgang Overath zurücktraten seien. Angeblich deshalb. Doch sie hatten Bundes-trainer Helmut Schön ihre Entscheidung schon drei Tage vor dem Finale mitgeteilt. Aber das wollte keiner mehr so genau wissen.

► 1978: Der Besuch des Nazi-Obersts

Bei der unseligen WM in Argentinien lief sportlich einiges schief, die Elf gewann nur ein Spiel und verlor nach einem blamablen 2:3 gegen Österreich ihren Titel. Das aber konnte man vorher nicht wissen, die Blamage kam unerwartet. In den Skandal jedoch rannte der DFB sehenden Auges. Mit Fußball hatte es nichts zu tun, es war schlimmer – Politik.

Präsident Hermann Neuberger empfing den in Argentinien lebenden Nazi-Oberst Hans-Ulrich Rudel, der bei seinen "Feindflügen" im Krieg 519 Sowjetpanzer abgeschossen und bei Diktator Adolf Hitler höchstes Ansehen genossen hatte. Er erhielt deshalb die höchste Tapferkeits-auszeichnung und fand nach dem Krieg Unterschlupf in Argentinien.

Eine der ersten Ikonen der Neonaziszene

Dort gründete er ein NS-Hilfswerk zur Unterstützung "alter Kameraden", etwa für Anwaltskosten. Bei gelegentlichen Heimatbesuchen trat er auf Wahlkampfveranstaltungen der rechtsradikalen DVU auf, laut Süddeutscher Zeitung war er "eine der ersten Ikonen der Neonaziszene." Die SPD-regierte BRD hielt er für "kommunistisch". Dieser Mann wurde nun also im Quartier zu Ascochinga mit allen Ehren empfangen und mit Freikarten bedacht.

Schon bei der WM 1958 war er, wie nur wenige wussten, im schwedischen DFB-Quartier aufgetaucht, angeblich weil er Bundestrainer Sepp Herberger gut kannte. Wem galt sein Besuch diesmal? Der DFB beteuerte, Rudel sei Gast der argentinischen Luftwaffe, die schließlich das Teamquartier stelle. "Den hat der Kommandant reingelassen", hieß es vom Verband. Für die Öffentlichkeit machte das keinen Unterschied, in Deutschland schlug der Besuch des alten Kameraden hohe Wellen.

Der kommende Bundeskanzler Gerhard Schröder, damals Juso-Vorsitzender, sprach von einer "Provokation aller Demokraten." Neuberger verstand das alles nicht: "Herr Rudel ist meines Wissens Bundesbürger mit vollen Rechten wie die Protestierenden. Ich hoffe doch nicht, dass man ihm seine Kampffliegertätigkeit aus dem Zweiten Weltkrieg vorwerfen will."

► 1982: Die Schande von Gijon

Wenn es im deutschen Fußball je einen schwarzen Freitag gab, dann am 25. Juni 1982 im Stadion "El Molinon" der asturischen Stadt Gijon. Vor dem Anpfiff stand bereits fest, dass die Deutschen bei einem Sieg punktgleich mit Österreich und Algerien und dank der Tordifferenz weiter sein würden.

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Würde er mit maximal zwei Toren Vorsprung ausfallen, würde auch Österreich weiter kommen, denn Algerien hatte sich am Vortag gegen Chile das Torverhältnis unnötig verdorben und nach 3:0-Führung noch 3:2 gespielt. Nun saß ganz Algerien vor dem Fernseher und hoffte, dass es keinen deutschen Sieg gebe oder aber ein Schützenfest der Elf von Jupp Derwall. Nur kein 1:0, nur kein 2:0, 2:1…

"Sie unterhielten sich in aller Freundschaft"

Es gab ein 1:0 – und einen Skandal auf offener Weltbühne. Das Ballgeschiebe, das nach dem frühen Tor von Horst Hrubesch in der 10. Minute zelebriert wurde, lief nach dem Motto "Bloß nicht provozieren" ab. Zunächst boten sich noch Chancen auf ein zweites Tor, aber nach 20 Minuten fiel bereits der Vorhang für das Fußballspiel.

Danach wurde ein Schattenboxen gegeben, das mit Farce noch gnädig bezeichnet ist. Es kam so, weil die Österreicher fürchteten überrannt zu werden und die Deutschen keinen Konter mehr einfangen wollten. Außerdem verstand man sich prächtig unter Nachbarn, halb Österreich spielte damals in der Bundesliga. Die Wiener Kronen-Zeitung stellte fest: "Bruno Pezzey und Horst Hrubesch taten nicht einmal so, als seien sie Gegner. Während Eckbälle geschossen wurden, unterhielten sie sich in aller Freundschaft."

Rummenigge: "Es passte uns in den Kram"

Karl-Heinz Rummenigge, der deutsche Kapitän, gestand in seinem WM-Buch: "In der 2. Halbzeit, als wir merkten, dass die Österreicher das Ergebnis halten wollten, haben wir uns dem Ballgeschiebe angepasst, weil’s auch uns in den Kram passte." So konservierten sie ihr Wunschergebnis und es geschah rein gar nichts mehr.

ARD-Reporter Eberhard Stanjek stellte in der zweiten Hälfte sogar den Kommentar ein, weil es sein Job sei, ein Fußballspiel zu kommentieren, aber auf dem Platz fände keines statt. Sein österreichischer Kollege Edi Finger lästerte: "Das war die größte Verbrüderung zwischen Deutschland und Österreich seit März 1938." Die Reaktionen nach dem Spiel waren deutlich. Algeriens Vorstopper Nourredine Kourichi zürnte: "Das ist der Tod des Fußballs." Der Hessische Fußballverband distanzierte sich per Telegramm an den DFB "von dem unwürdigen, unmöglichen, unsportlichen Verhalten der deutschen Mannschaft in Gijon."

Die Algerier forderten damals offiziell, "das Spiel wegen Mangel an Kampfgeist zu annullieren" und beide Mannschaften "wegen Verstoßes gegen den Geist der Fifa-Regeln aus dem Turnier auszuschließen". Natürlich wurde eifrig dementiert und rein gar nichts bewiesen und natürlich wehrten sich die "Angeklagten" gegen die Betrugsvorwürfe. DFB-Präsident Hermann Neuberger tat den Kick mit der Floskel ab: "Übermorgen wird das alles Schnee von gestern sein." Eine Folge des Nachmittags von Gijon: die letzten Gruppenspiele einer WM werden seitdem zeitgleich ausgetragen.

► Der Fall Battiston (1982)

Ebenfalls in Spanien ereignete sich ein Vorfall, der die Deutschen den letzten Rest an Sympathien kostete. Dabei machten sie im Halbfinale von Sevilla ihr bestes Spiel bei jener WM, von dem noch heute geschwärmt wird. Aber jener Vorfall in Minute 57 überlagerte viel von dem, was vorher und vor allem nachher war, als die Deutschen ein schon verlorenes Spiel im Elfmeterschießen noch gewannen.

Im Focus der Kritik: Harald "Toni" Schumacher, der Torwart, der nur seinen Job machen wollte. In Erinnerung bleibt jedoch sein brutaler Einsatz gegen Patrick Battiston, dem er beim Herauslaufen mit dem Hüftknochen voraus voller Wucht rücksichtslos ins Gesicht gesprungen war. Battiston war zu Boden gegangen, aber der Ball neben das Tor.

"Es sind Bewegungen da"

Battiston war besinnungslos, aber Deutschland lebte noch, hielt das 1:1 im gigantischen Ringen. Schumacher war der Spielstand wichtiger als der Zustand des Mittelfeldspielers von AS St. Etienne, der vom Platz getragen werden musste, dessen Halswirbel angeknackst war, dem zwei Schneidezähne fehlten.

Kaugummi kauend stand Toni am Torpfosten, reglos und scheinbar auch sorglos. Noch war die Dimension seiner Tat nicht klar. Er hatte ja nicht mal Gelb gesehen. "Der rechte Arm hängt schlaff herab, es sind Bewegungen da", diagnostizierte ZDF-Kommentator Rolf Kramer. Die Freundin von Battiston brach auf der Tribüne besinnungslos zusammen, als noch nicht abzusehen war, wie es um ihren künftigen Ehemann stand.

Der Übeltäter sagte nach der Partie einem Journalisten: "Sagt ihm, dass ich ihm die Jacketkronen zahle." Das will er nett gemeint haben, kam nur nicht so an. Wie auch, ließ er doch sogleich wissen, dass es "keine Menschlichkeit im Fußball" gebe.

Schumacher hat sich eine Woche später bei Battiston vor über 50 Journalisten in Metz entschuldigt und mit ihm ausgesöhnt. Für das Ausland aber war der hässliche Deutsche wieder auferstanden und er sah aus wie er. "Toni Schumacher – Beruf Unmensch", titelte Frankreichs L’Equipe. Wer ihn kennt, weiß dass er die Bezeichnung nicht annährend verdient, in Köln war er stets Publikumsliebling.

Zu seinem 60. Geburtstag wurde er wieder nach Battiston befragt. Da sagte er: "Das Wichtigste war, dass ich mich entschuldigt habe und er das auch angenommen hat. Aber als ich ihm die Hand gegeben habe, es war kurz nach der WM 1982, habe ich ihm auch gesagt: 'Ich komme wieder so raus, wenn der Ball noch mal so gespielt werden würde.' Das Problem war doch nicht so sehr der Zusammenprall, sondern mein Verhalten danach. Ich stand am Torpfosten und kümmerte mich nicht um ihn – das war die pure Unsicherheit. Das sah cool aus, aber ich war es nicht. Da war ich zum ersten Mal in meinem Leben feige."

► Der Stein-Wurf von Mexiko (1986)

Bis 1986 hatte erst ein deutscher Spieler von einer WM suspendiert werden müssen. Bayern Münchens Josef Haringer hatte sich nicht an die gestrengen Vorschriften von Trainer Otto Nerz gehalten und eine Apfelsine gegessen. Klingt lächerlich, war aber so. Da Nerz Haringer sowieso auf dem Kieker hatte, gab ein Wort das andere und der ohnehin kränkelnde Sünder reiste vorzeitig ab. 52 Jahre geschah nichts mehr, dann kam es zum Stein-(Raus-)Wurf von Mexiko.

Auch hier spielte Toni Schumacher eine Rolle, aber nicht die des bösen Buben. Er war und blieb auch unter Teamchef Franz Beckenbauer die Nummer 1, was Ersatztorwart Uli Stein nur schwer ertrug. Angeblich habe ihm der Kaiser vor der WM versprochen, dass er zum Zuge käme – und nun das. Dass sich die Rivalen nicht grün waren, machte alles noch schlimmer. In ihren Memoiren haben sie das beeindruckend festgehalten. Stein schrieb in "Halbzeit – Eine Bilanz ohne Deckung" über den Rivalen: "Schumacher witterte die Gefahr, er zog alle Register des Psychoterrors inklusive persönlicher Diffamierungen in den Medien um die Hausmacht zu behalten."

"Suppenkasper"

Schumacher ließ sich in seinem berühmten "Anpfiff" über ihn so aus: "Stein kennt vor allem unfaire Methoden, also sitzen seine Hiebe vor allem unter der Gürtellinie. Ich bat den Co-Trainer, außerhalb der Blick- und Giftzone des hasserfüllten Mitspielers Stein trainieren zu dürfen." Als Beckenbauer seine Entscheidung pro Schumacher traf, rief Stein öffentlich nach einem "Flugticket", sonnte sich oben ohne auf der Ersatzbank und nannte den Kaiser in Anspielung auf dessen ersten Schritte in der Werbung einen "Suppenkasper". Was über einen Mitspieler prompt raus kam und in der Zeitung stand.

Stein dazu neulich in der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Ich weiß, wer’s war. Aber jetzt habe ich 32 Jahre lang den Mund gehalten, jetzt will ich auch keinem mehr zu nahe treten." Beckenbauer selbst fand es nur "halb so schlimm", doch DFB-Präsident Neuberger warf Stein vor dem Viertelfinale gegen Mexiko aus dem Kader und blieb unversöhnlich. Als der Kaiser ihn 1990 mit zur WM nach Italien nehmen wollte, legte Neuberger sein Veto ein.

► Effenbergs Fingerzeig (1994)

Bei der WM in den USA gab es letztmals eine Suspendierung. Es traf Stefan Effenberg. Der bei den Fans in jungen Jahren immer etwas umstrittene, weil vorlaute, Mittelfeldspieler hatte beim 3:2 gegen Südkorea keinen guten Tag gehabt und wurde ausgepfiffen. Kurz vor seiner Auswechslung in Dallas passierte, was keine Kamera zeigte. Effenberg zeigte nach eigenen Angaben "einmal nur und für höchstens zwei Sekunden" den Fans den Mittelfinger.

Seine "Kurzschlusshandlung" war zunächst kein Thema, doch irgendwie kam die Geschichte dem DFB zu Ohren. Effenberg äußert in seiner Biographie den Verdacht, es sei von Karl-Heinz Rummenigge, damals ARD-Co-Kommentator, gekommen. Bundestrainer Berti Vogts stellte Effenberg zur Rede, der war geständig, fragte sich aber auch: "Warum sie gerade mich so fertig machten, ist mir ein Rätsel." Vogts erklärte ihm, er werde sich mit DFB-Präsident Egidius Braun beraten.

Klare Worte von DFB-Präsident Egidius Braun

Die Entscheidung wollte der enttäuschte Effenberg gar nicht mehr abwarten. Er rief Frau Martina an und erklärte ihr: "Ich packe jetzt meine Sachen. Morgen früh wird es noch ein Gespräch geben, aber gegen Mittag bin ich bei euch." So schildert er es in seiner Biographie: "Ich hab‘s allen gezeigt." Und so suspendierte der DFB einen Spieler, der gar nicht mehr bleiben wollte.

Seine Suspendierung lief am 28. Juni um 17.48 Uhr (MEZ) über die Agenturen. "Effenberg gehört dem Kader nicht mehr an", teilte Pressechef Wolfgang Niersbach mit. Die Mitspieler und Vogts hatten sich noch für Effenberg eingesetzt, aber für Braun war eine rote Linie überschritten. Der sagte: "In Dallas waren bestimmt 10.000 Freunde der deutschen Mannschaft. Viele von ihnen haben Geld gespart und sind Tausende von Kilometer gefahren, und dann geht Herr Effenberg, weil ihm etwas nicht passt, in übelster Weise mit unseren Anhängern um und verletzt sie."

Das abschließende Gespräch mit Braun beendete der "Tiger" laut seiner Biographie mit den Worten "schöne WM und ein schönes Leben noch!" Berti Vogts gab er zum Abschied sein grünes DFB-Jackett und sagte: "Ich bin dann weg!" Vier Jahre später, nach einer weiteren verkorksten WM, kam er noch mal für zwei Spiele zurück. Denn der Skandal um ihn war keiner, den man nicht verzeihen konnte. Dann aber trat Vogts zurück und "Effe" konzentrierte sich lieber auf seine Bayern. Es war kein Fehler.

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