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ARD-Reporterin: "Hatte das Gefühl, dass ich mich sicherer fühlen kann als in Deutschland"


Journalistinnen bei der WM in Katar
"Kann mich sicherer fühlen als in Deutschland"

  • Noah Platschko
Noah Platschko, Doha

11.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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imago images 1015052007Vergrößern des Bildes
Lea Wagner: Die Reporterin ist für die ARD bei der WM in Katar im Einsatz (Quelle: IMAGO/Gladys Chai von der Laage)

Die WM in Katar ist ein Männerturnier. Doch auch einige Frauen berichten über das Ereignis in der Wüste. t-online hat mit dreien gesprochen.

Es gibt und gab viele Gründe, die WM in Katar zu boykottieren. Die Todesopfer beim Bau der Stadien, die Korruption bei der Vergabe 2010 oder auch die Menschenrechtssituation vor Ort.

Das umstrittene Kafala-System, das ausländische Arbeitskräfte quasi zu Leibeigenen ihrer Arbeitgeber macht, wurde auf dem Papier zwar abgeschafft, doch noch immer kommen Menschen aus Pakistan, Indien oder Nepal ins Land, um für einen verhältnismäßig geringen Lohn zu arbeiten – einzig, um ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Die traurige Wahrheit: Die Bedingungen, unter denen sie in ihrer Heimat arbeiten müssten, sie wären noch schlechter als die, die sie in Katar vorfinden.

Doch nicht nur die Arbeitsbedingungen von Gastarbeitern wird von Organisationen wie Human Rights Watch scharf kritisiert, sondern auch die Rolle der Frau. Katarische Frauen stehen oft unter der Kontrolle ihrer Männer. Viele dürfen nur mit der Erlaubnis ihres Vormunds das Haus verlassen. Während ein Mann mit mehreren Frauen verheiratet sein darf, braucht die Frau für eine gewünschte Hochzeit erst die Erlaubnis.

Wie ergeht es Journalistinnen vor Ort?

Es sind Zustände, wie sie in Deutschland undenkbar sind. Und so gelten auch für Frauen und Journalistinnen, die aus dem Ausland nach Katar kommen, andere Regeln. "Es wäre sinnvoll, den Katarern zu zeigen, dass auch Frauen über Männer Urteile fällen können", sagte ARD-Expertin Almuth Schult vor Turnierstart im Interview mit t-online. "Dass Frauen vor Ort sind, die zuständig sind und Anweisungen geben. Darum freue ich mich auch sehr, dass Esther Sedlaczek vor Ort durchs Programm führen wird."

Die ARD-Reporterin führt mit Weltmeister Bastian Schweinsteiger durch die Abendspiele. Und auch ihre Kollegin Lea Wagner, die das DFB-Team bis zum Ausscheiden begleitete, ist vor Ort – und hat bislang ausschließlich positive Erfahrungen gemacht. "Ich habe mich in Katar komplett wohlgefühlt und hatte als Frau nicht einmal den Eindruck, dass es unsicher wäre oder ich komisch angeschaut oder angesprochen worden bin", berichtet die 28-Jährige t-online. "Tatsächlich hatte ich sogar eher das Gefühl, dass ich mich sicherer fühlen kann als in Deutschland. Auch dadurch, dass in Katar nicht getrunken wird und abends keine Betrunkenen unterwegs sind."

Eine Erfahrung, die auch die französisch-kolumbianische Reporterin Natalia Ruiz Giraldo gemacht hat: "Vor vier Jahren war ich in Russland. Ich weiß noch, wie ich bedrängt wurde und ein Typ versucht hat mich vor laufender Kamera zu küssen. Das ist damals vielen Frauen passiert, hier in Katar bislang noch gar nicht. Vermutlich spielt es auch eine Rolle, dass es keinen Alkohol gibt, aber die Leute sind generell reservierter", so die Journalistin von "France 24".

Sie sei mit vielen Vorurteilen nach Katar gekommen. Darüber, wie Frauen hier behandelt würden und wie die Gesetzeslage ist. Als Reporterin aus dem Ausland habe sie zwar nochmal andere Rechte als die einheimischen Frauen, sei aber dennoch verunsichert gewesen, wie sie sich habe verhalten dürfen. "Ich habe ein schulterfreies Oberteil im Gepäck, aber ich habe es bislang noch nicht ausgepackt. Ich wollte mir einen Eindruck verschaffen und habe gesehen, dass viele Journalistinnen es nicht machen."

Unausgesprochener Kleidungskodex

Auch Wagner hielt sich an den unausgesprochenen Kleidungskodex. "Ich habe schon darauf geachtet, dass ich meine Schultern und meine Knie bedecke. Das fand ich aber überhaupt nicht schlimm, weil ich in Katar nicht zum Urlaub machen, sondern zum Arbeiten war. Und mit langer Hose und bedeckten Schultern zu arbeiten ist für mich normal", so die ARD-Reporterin. Generell habe sie die Menschen als "sehr zuvorkommend und aufmerksam" wahrgenommen.

Ähnliches berichtet auch Antonella González, die für "Telemundo" in den USA berichtet: "Ich fühle mich total wohl. Bevor ich nach Katar kam, hatte ich ein sehr kritisches Bild darüber, wie sich Frauen hier verhalten müssten. Seit dem Tag, an dem ich hier bin, hat sich mein Bild gewandelt."

"Wir müssen die Kultur und das Land hier respektieren", findet die 34-Jährige. "Und ich habe damit gute Erfahrungen gemacht. Trotzdem ziehe ich mich an wie eine Latina – und niemand hat mich dafür kritisiert oder mich schräg angeguckt."

Der "Kampf mit den Männern"

Dennoch sei es generell nicht immer einfach, sich als Frau in der Männerdomäne Fußball zu behaupten. "Natürlich ist es noch komplett männlich dominiert, aber ich glaube, dass wir als Frauen deutlich ernster genommen werden, als das noch vor Jahren der Fall war. Der Sport entwickelt sich und Frauen bekommen mehr und mehr Plattformen, sich aufgrund ihrer inhaltlichen Qualitäten zu zeigen", zeigt sich González optimistisch.

Ruiz Geraldo sieht darin immer noch ein großes Problem. "Es ist immer noch ein schwieriger Prozess, voll akzeptiert zu werden. Männer stellen mir Fragen wie: 'Oh, Du interessiert Dich für Fußball? Du kennst Dich im Fußball aus?' Das tut weh. Es kommen Männer, die sagen, man sei ja nur wegen der Mode da – oder weil man sich für die Frisuren der Spieler interessieren würde."

Als Frau müsse sie sich ständig behaupten. "In der Mixed Zone ist es ein Kampf mit den Männern. Ich will keine Extrabehandlung, aber dass ich respektiert werde für das, was ich tue. Die Entwicklung muss weiter voranschreiten."

Die WM in Katar neigt sich dem Ende entgegen. t-online ist vor Ort und berichtet über das brisanteste Turnier der Fußballgeschichte. Mit dem WM-Push verpassen Sie keine News mehr. Hier können Sie ihn abonnieren.

Verwendete Quellen
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