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WM-Achtelfinale zwischen Brasilien und Chile: Erinnerungen an einen der größten Fußball-Skandale


Das Duell Brasilien gegen Chile
Erinnerungen an einen der größten Fußball-Skandale

t-online, tm

27.06.2014Lesedauer: 3 Min.
Chiles Torwart Roberto Rojas windet sich neben der Rauchbombe am Boden.Vergrößern des BildesChiles Torwart Roberto Rojas windet sich neben der Rauchbombe am Boden. (Quelle: Magic/imago-images-bilder)
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Wenn heute WM-Gastgeber Brasilien im Achtelfinale auf Chile trifft (ab 17.45 Uhr im Live-Ticker bei t-online.de), werden sich nicht wenige an ein ganz spezielles Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften erinnern. Denn es ist einer der größten Skandale, den es im Fußball je gab.

Es ist der 3. September 1989. Über 140.000 Menschen haben sich im Maracana-Stadion in Rio de Janeiro zusammengefunden, um das alles entscheidende Qualifikationsspiel für die Weltmeisterschaft 1990 zwischen Gastgeber Brasilien und Chile zu sehen. Die Situation ist schon vor dem Anpfiff angespannt, denn nur eine Mannschaft kann den Sprung zur WM nach Italien schaffen.

In der dritten Gruppe der südamerikanischen Zone kämpfen Brasilien, Chile und Venezuela um ein einziges WM-Ticket. Venezuela erweist sich schnell als dankbarer Punktelieferant und so entbrennt ein heißes Duell zwischen Brasilien und Chile. Das Hinspiel endet 1:1. Alles hängt also für die punktgleichen Mannschaften von dem Entscheidungsspiel in Rio de Janeiro ab.

Chilenen verlassen das Feld

Eine Halbzeit lang darf Chile von der WM-Teilnahme träumen. Doch als in der 69. Spielminute Brasilien in Führung geht, nimmt das Chaos seinen Lauf. Kurz darauf fliegt ein Feuerwerkskörper in den chilenischen Strafraum. Und plötzlich liegt Torwart Roberto Rojas, aufgrund seiner großen Arm-Spannweite ehrenvoll "Condor" genannt, blutverschmiert daneben. Damals sind die medialen Möglichkeiten noch begrenzt und so bleibt zunächst unklar, was genau passiert ist.

Die Chilenen eilen zu ihrem blutenden Mitspieler, der sich neben dem qualmenden Feuerwerkskörper am Boden wälzt. Kurz darauf tragen sie ihren Mannschaftskollegen vom Platz und verweigern eine Wiederaufnahme des Spiels. Die Partie wird abgebrochen und ganz Chile glaubt aufgrund der Vorkommnisse an eine positive Wertung. Rojas wird vom ganzen Land gefeiert. Medien fordern Gerechtigkeit ob der mangelnden Sicherheitsvorkehrungen.

FIFA deckt Rojas Schwindel auf

Der Weltverband FIFA nimmt die Ermittlungen auf. Ein medizinisches Gutachten wird erstellt, Fotos gesichtet und Augenzeugen befragt. Schließlich kommt das WM-Organisationskomitee unter der Leitung von Hermann Neuberger, damals auch DFB-Präsident, zweifelsfrei zu einem Schluss: Rojas musste sich die Verletzung im Gesicht selbst zugefügt haben.

Denn es handelt sich um eine Schnittwunde, die keinerlei Anzeichen von Verbrennungen zeigt. Zudem kann aufgrund der Fotos und Zeugenaussagen sichergestellt werden, dass die Fackel Rojas verfehlt haben muss. Da helfen auch die Unschuldsbekundungen des Schlussmanns nichts: "Ich schwöre bei meinen Kindern, ich habe mich nicht geschnitten. Das zu behaupten, ist eine weitere Ungerechtigkeit in der Welt, in der wir leben."

Das Geständnis

Monate später hört sich der chilenische Schlussmann auf einmal ganz anders an. Chilenische Zeitungen titeln: "Soy culpable!" ("Ich bin schuldig"). Rojas macht reinen Tisch und legt ein umfassendes Geständnis ab: "Ich hatte die Klinge am Handgelenk im Handschuh. Nur eine kleine Ecke, in Stoff gewickelt. Ich wusste nicht, ob ich es machen würde. Habe auf einen Moment gewartet, der sich plötzlich mit der Fackel ergeben hat."

Er schnitt sich ins Gesicht und provozierte damit den Spielabbruch. Allerdings war die makabere Aktion nicht alleine auf seinem Mist gewachsen. Mannschaft und Verantwortliche waren eingeweiht und so ließ beispielsweise Chiles Kapitän Fernando Astengo die präparierten Torwarthandschuhe aus dem Stadion verschwinden, noch bevor jemand Verdacht schöpfen konnte.

Harte Strafe für Chile und Rojas

Die Fifa sprach daraufhin drakonische Strafen gegen Chile aus. Neben der Wertung des Spiels für Brasilien wurde Chile darüber hinaus von der WM-Quali 1994 ausgeschlossen. Zudem musste der chilenische Fußballverband der FIFA eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Schweizer Franken zahlen. Rojas wurde eine lebenslange Sperre auferlegt, die 2001 nach einem Gnadengesuch aber aufgehoben wurde.

Auch die Frage nach dem Fackelwerfer konnte schnell geklärt werden. Die Polizei stellte der Presse Rosenery Mello als Täterin vor. Für sie hatte die ganze Angelegenheit aber eher positive Folgen. In ihrem Heimatland erfuhr sie großes Medieninteresse und war im November 1989 sogar auf dem Cover des brasilianischen Playboy zu sehen. Übrigens warf sie die Fackel nach eigener Angabe aus Freude über die brasilianische Führung.

"Wir geben unser Leben für diese WM"

Rasierklingen werden die chilenischen Spieler am Samstag wohl kaum mit aufs Feld nehmen, allerdings darf man auf dieses Duell angesichts der großen Ankündigungen im Vorfeld der Partie sehr gespannt sein. Chiles Arturo Vidal sagte etwa: "Wir wollten nicht gegen Brasilien spielen, aber Brasilien wollte noch viel weniger gegen uns spielen. Weil wir eine Mannschaft sind wie ein Selbstmordkommando. Wir geben unser Leben für diese WM."

Vidal, der von seinen Landsleuten "kleiner Krieger" genannt wird, lässt keinen Zweifel daran, dass Chile bereit ist den großen Nachbarn aus dem eigenen Turnier zu befördern. Die Statistik spricht allerdings nicht gerade für Chile. Von 68 direkten Duellen konnten sie nur sieben Spiele gewinnen. Bei einer WM-Endrunde ging Chile sogar noch nie als Sieger vom Platz. Das soll im vierten WM-Aufeinandertreffen anders werden, sagt Vidal: "Ich glaube, dass wir sie besiegen können."

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