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Nach Sieg im WM-Finale 2014: Deshalb hat die DFB-Elf den Titel verdient


Taktik-Analyse
Deshalb hat die DFB-Elf den Titel absolut verdient

Von t-online
Aktualisiert am 15.07.2014Lesedauer: 4 Min.
DFB-Keeper Manuel Neuer (li.) und Verteidiger Mats Hummels (re.) gehörten gegen Messi und Co. zu den Erfolgsgaranten.Vergrößern des BildesDFB-Keeper Manuel Neuer (li.) und Verteidiger Mats Hummels (re.) gehörten gegen Messi und Co. zu den Erfolgsgaranten. (Quelle: Xinhua/imago-images-bilder)
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24 Jahre Warten haben sich gelohnt: Die deutsche Nationalmannschaft ist Weltmeister. Das Team von Bundestrainer Joachim Löw hat sich in einem atemberaubenden Endspiel gegen Argentinien für die harte Arbeit belohnt und selbst gekrönt – auf dem Trikot mit dem Bundesadler funkeln ab sofort vier Sterne. Doch was waren letztlich die ausschlaggebenden Punkte dafür, dass es dieses Mal anders gelaufen ist als bei den Turnieren zuvor? (Klicken Sie sich auch durch unsere Foto-Show: "Die Abschluss-Zeugnisse des deutschen Weltmeister-Kaders")

Taktik-Experte Christian Titz, der die DFB-Elf seit Jahren analysiert, nennt die Gründe für den historischen Erfolg und erklärt, was nun getan werden muss, um das Niveau noch einmal zu steigern.

t-online.de: Herr Titz, Hand aufs Herz: Haben Sie während des Achtelfinal-Spiels gegen Algerien wirklich daran geglaubt, dass diese Nationalmannschaft zwei Wochen später den WM-Pokal mit nach Hause nehmen wird?

Christian Titz: Ich war tatsächlich immer zuversichtlich. Denn diese Mannschaft hat während des gesamten Turniers gezeigt, dass sie vier ganz besondere Eigenschaften auszeichnet: Die Spieleröffnung war so klar strukturiert wie bei keinem anderen Team, die taktische Variabilität war sehr gut und das Umschaltspiel nahezu perfekt. Dazu kam eine mannschaftliche Geschlossenheit, wie sie so keine Selbstverständlichkeit ist – und in den spielentscheidenden Momenten auch mal das berühmte Quäntchen Glück.

War der Titelgewinn also verdient?

Absolut. Dieses Finale war der Höhepunkt einer jahrelangen Entwicklung. Joachim Löw hat diese Mannschaft seit acht Jahren geformt und zu dem gemacht, was sie jetzt ist: reif, spielstark, intelligent, abgeklärt. Man kann ganz klar festhalten, dass die eindeutig beste Mannschaft das Turnier gewonnen hat. Das hat das Endspiel gegen Argentinien wieder unter Beweis gestellt.

Was hat im Finale denn den Unterschied ausgemacht?

Die DFB-Elf hat das Spiel kontrolliert und hatte teilweise knapp 70 Prozent Ballbesitz, das ist in einem WM-Finale ein herausragender Wert. Die Passsicherheit, Ballkontrolle und Zweikampfstärke waren wohl die prägnantesten Unterschiede im Vergleich zu den Argentiniern.

Und das, obwohl mit Sami Khedira einer der wichtigsten Spieler im zentralen Mittelfeld kurz vor Anpfiff passen musste.

Es war beeindruckend, wie das Team den kurzfristigen Ausfall von Khedira, einem absoluten Leistungsträger, weggesteckt hat. Sein Fehlen hat sich so gut wie gar nicht bemerkbar gemacht. Für ihn ist Toni Kroos eine Position nach hinten gerutscht, Christoph Kramer hat etwas offensiver agiert. Vor allem Kroos hat dem Spiel mit seinen Pässen die notwendige Ordnung gegeben, aber auch Kramer hat seine Sache hervorragend gemacht. Diese Wechsel haben ohne Probleme funktioniert, auch das ist ein Qualitätsmerkmal, das die deutsche Elf von anderen Mannschaften abhebt.

Nach der Verletzung von Kramer musste ja dann sogar noch einmal umgestellt werden...

Und auch das war kein Problem. Für Kramer kam André Schürrle ins Spiel, das System hat sich von einem 4-3-3 in ein 4-2-3-1 verschoben. Mesut Özil durfte auf seiner Lieblingsposition im zentralen offensiven Mittelfeld ran, Schürrle hat über links ordentlich Druck gemacht und Bastian Schweinsteiger und Kroos haben auf der Doppelsechs abgesichert. Diese Variabilität gab es so vor ein paar Jahren noch nicht.

Trotzdem mussten die Fans lange zittern, das Spiel stand auf des Messers Schneide und das Tor fiel erst in der Verlängerung.

Aber auch das zeugt von einer neuen Qualität. Die Spieler sind nie nervös geworden, haben gekämpft bis an den Rand der völligen körperlichen Erschöpfung und sind über die komplette Spielzeit geduldig geblieben. Für das Tor musste dann eine Einzelleistung von Schürrle und Götze herhalten, hier hat sich die individuelle Klasse durchgesetzt. Auch die muss man natürlich haben.

War der Sieg der deutschen Mannschaft auch ein Sieg für den Fußball?

Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass sich eine Mannschaft durchgesetzt hat, die auf eine offensiv ausgerichtete Spielphilosophie setzt. Der eigene Ballbesitz steht im Vordergrund, es geht darum, das Spiel zu kontrollieren. Spanien hat das die letzten Jahre vorgemacht, die deutsche Elf hat diese Grundeinstellung noch einmal weiterentwickelt. Ich bin froh, dass dieser Offensiv-Fußball belohnt wurde.

Gab es denn Spieler, die besonders herausgestochen sind und ein Sonderlob verdient haben?

Im Mittelpunkt stand bei diesem Turnier ganz klar die Mannschaft, da war eine Einheit auf dem Platz und jeder hatte eine bestimmte Aufgabe. Aber natürlich gibt es einzelne Spieler, die durch ihre individuelle Klasse die Qualität noch einmal angehoben haben. Allen voran natürlich Manuel Neuer, der endgültig bewiesen hat, dass er der beste Torwart der Welt ist. Im Zusammenspiel mit den beiden Innenverteidigern Mats Hummels und Jerome Boateng hat er hinten den Grundstein gelegt für den Turniersieg. Eine stabile Abwehr strahlt Sicherheit in alle Mannschaftsteile aus, das ist enorm wichtig. Entscheidend war zudem, wie Schweinsteiger seine Rolle als Taktgeber im Mittelfeld ausgefüllt hat. Er war der klare Chef, hat das Tempo bestimmt und auch mal dazwischengehauen, wenn es nötig war. Hinzu kommen in der Offensive mit Müller, Klose, Özil, Götze oder Schürrle Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.

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Die Goldene Generation hat nun endlich einen Titel gewonnen. Was passiert als nächstes? Gibt es noch Dinge, die verbessert werden können oder ist das Ende der Entwicklung erreicht?

Der Bundestrainer wird mit Sicherheit weiter an diesem Team feilen. Die Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen können optimiert werden, Spieler wie Klose müssen ersetzt werden, junge Spieler rücken nach. Vor allem auf den Außenverteidiger-Positionen gibt es zudem sicherlich – trotz der starken WM von Benedikt Höwedes – noch Potenzial nach oben. Es kommt ein neuer Co-Trainer, der seine eigenen Ideen einbringt. Es ist also trotz des großen Erfolgs jede Menge Bewegung drin. Und auch, wenn sich die Konkurrenz mit Sicherheit etwas einfallen lassen wird: Dieser Titel muss nicht der letzte gewesen sein.

Das Interview führte Mark Weidenfeller

Mehr Informationen zu Christian Titz, der schon bei großen Vereinen wie Bayer Leverkusen, Schalke 04 oder Ajax Amsterdam hospitierte, bei Klubs wie Alemannia Aachen und Viktoria Köln tätig war und den FC Homburg als Chefcoach 2012 in die Regionalliga Südwest führte, finden Sie bei Facebook (www.coaching-zone-portal.de) und seinem YouTube-Channel (https://www.youtube.com/watch?v=unV1795mTkA).

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