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Ex-NFL-Star Björn Werner: Darum ist Tom Brady der beste Spieler aller Zeiten


Ex-NFL-Star Björn Werner im Interview
Darum ist Brady der beste Football-Spieler aller Zeiten

Ein Interview von Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 04.02.2018Lesedauer: 7 Min.
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Von 2013 bis 2016 spielte Björn Werner als Linebacker für die Indianapolis Colts.Vergrößern des Bildes
Von 2013 bis 2016 spielte Björn Werner als Linebacker für die Indianapolis Colts. (Quelle: ZUMA Press/imago-images-bilder)

Drei Jahre lang spielte Björn Werner in der NFL. In der turbulenten Zeit traf der 27-Jährige mehrmals auf Tom Brady – mit wenig Erfolg.

Im Interview mit t-online.de spricht der 27-Jährige über seinen Traum in der NFL, seine zahlreichen Operationen und den Super Bowl (am Sonntag ab 23:30 Uhr im Live-Ticker bei t-online.de).

t-online.de: Herr Werner, als die Patriots gegen die Jaguars im AFC Championship Game im vierten Viertel mit zehn Punkten hinten lagen, haben Sie tatsächlich daran geglaubt, dass der Super Bowl ohne New England stattfinden würde?

Björn Werner: Ich habe einfach gehofft, dass die Patriots von einem Underdog geschlagen werden. So, wie wahrscheinlich fast alle Football-Fans. Im vorigen Jahr hatten die Jaguars nur drei Siege und 13 Niederlagen und plötzlich stehen sie im AFC Championship Game. Mir hat es einfach Spaß gemacht, dieser überragenden Defense zuzuschauen. Aber dass es so eng werden würde, damit hätte ich nicht gerechnet. Hätte ich vorher 100 Euro setzen müssen, hätte ich alles auf die Patriots und Tom Brady gepackt.

Wird er MVP („Most Valuable Player“, jährliche Auszeichnung zum besten/wichtigsten Spieler der Saison, Anm. d. Red.)?

Ja, keine Frage.

Überrascht Tom Brady Sie überhaupt noch?

Nein, überraschen tut er mich nicht mehr. Nur die Art und Weise, wie es jedes Mal passiert, die verwundert mich. Das beste Beispiel war gegen die Jaguars: Rob Gronkowski, sein bester Passfänger, musste verletzt raus. Und was macht Brady? Er findet einfach seinen nächsten Receiver und so macht Danny Amendola eins der besten Spiele seiner Karriere. Tom Brady zeigt auch in diesem hohen Alter jedes Jahr aufs Neue, dass er einfach der beste Football-Spieler aller Zeiten ist.

Wobei es auch andere starke Quarterbacks in der NFL gibt. Allen voran Aaron Rodgers. Viele nennen auch Andrew Luck, mit dem Sie auch zusammengespielt haben…

Andrew ist ein starker Quarterback, auch wenn er diese Saison leider verletzt verpasst hat. Was bei vielen jungen Spielern nur vergessen wird, ist die Konstanz von Tom Brady. Er macht das nicht seit fünf oder zehn Jahren. Nein, er spielt noch viel länger auf diesem Niveau. Die Patriots standen mit ihm zwölfmal im AFC Championship Game, fahren jetzt zum achten Super Bowl mit ihm. Das sind unglaubliche Zahlen, die noch nie jemand erreicht hat. Und seine Karriere ist noch lange nicht vorbei. Daher kann man die meisten Quarterbacks nicht mit Brady vergleichen.

Ihre Karriere ist hingegen vorbei. Schmerzt es sehr, zugucken zu müssen?

Natürlich vermisse ich es. Diesen Adrenalin-Kick bekommst du nirgendwo anders, aber ich hatte meine Zeit. Ich habe es aus Berlin in die NFL geschafft, mein Traum wurde wahr. Ich bin dankbar, dass ich immer noch Teil des Footballs sein kann.

Im Football gibt es viele Verletzungen, besonders am Kopf. Wie groß ist das Thema zwischen den Spielern?

Ich hatte in acht Jahren als Spieler im College und in der NFL insgesamt neun Operationen. Ich stand auch verletzt auf dem Feld und wurde dann in der Offseason operiert. Schon im College versucht man, Verletzungen geheim zu halten. Wenn die NFL- Scouts von deinen Problemen Wind bekommen, wirst du auch später oder sogar gar nicht gedraftet. Über Gehirnerschütterungen spricht man nicht so viel, auch wenn jeder weiß, was das für langfristige Schäden nach sich ziehen kann.

Was bedeutet denn ein Ausfall während der Saison?

In der NFL wirst du meist nach Spielen bezahlt und davon gibt es eben nur 16 pro Saison. Es gibt 32 Teams mit jeweils 53 Männern. Das war’s, es gibt keine zweite Liga. Jedes Jahr kommen Tausende von jungen Spielern aus den Colleges und machen dir Konkurrenz. Das ist Frischfleisch mit weniger Verletzungen für die Teams. Dadurch hält es der durchschnittliche Spieler auch nicht länger als drei Jahre in der NFL durch. Es gibt pro Team vielleicht zehn Spieler, die zehn oder mehr Jahre schaffen. Der Rest wird fließend ausgetauscht. Der Deutsche Kasim Edebali zum Beispiel hat in dieser Saison in vier Monaten für fünf Teams gespielt.

Wie kamen Sie eigentlich zum American Football?

Als ich zwölf Jahre alt war, kam in der Grundschule ein anderer Junge an und hat mir einen Football zugeworfen und meinte: „Fang mal!“ Daraufhin habe ich ihn nur gefragt, was das ist und er hat mich kurz danach zu den Berlin Adler eingeladen. Und da habe ich mich in den Sport verliebt. Für Fußball war ich zu groß und zu schwer (lacht).

Was bedeutet denn den Amerikanern ihr Sport?

Die USA sind ein faszinierendes Sportland. Da gibt es Familien mit fünf Kindern, die hoffen, dass eins davon Profi wird. Mir hat Amerika alles ermöglicht, aber das ist eine andere Kultur, auch im Sport.

Ein besonderer Teil dieser Kultur ist der Super Bowl. Ein Ereignis, das in den USA das Event schlechthin ist. Mal wieder sind die Patriots dabei. Die Philadelphia Eagles gelten als die Underdogs. Wie können sie Tom Brady schlagen?

Die einzige Chance der Eagles ist, dass Brady keinen guten Tag hat. Er kontrolliert so vieles im Spiel, dass er so schwer zu schlagen ist. Er lässt jeden Teamkollegen gut aussehen. Als Gegenspieler musst du auf alle Fälle deine Topform abrufen, ansonsten gehst du als Verlierer vom Platz.

Sie haben oft gegen Brady gespielt, wie ist es, gegen ihn zu spielen?

Man weiß, er wird seine Spielzüge machen und unglaubliche Pässe werfen. Du musst 60 Minuten Gas geben und kannst nur hoffen, dass Brady irgendwie einen schlechten Tag hat.

Die Patriots dominieren seit Jahren die NFL, dabei will die Liga mit dem Draft-System eine solche Ära verhindern. Warum schafft es New England trotzdem?

Die Scouts und die Coaches bei den Patriots machen einen überragenden Job. Die Franchise lebt nicht durch den Draft, sondern durch Free Agents, also Spieler ohne Team. Sie finden Akteure, die irgendwo nicht mehr reingepasst haben und fügen sie ideal ins System der Patriots ein.

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Für jenen Draft versuchen Sie mit ihrer Firma junge, deutsche Spieler für die US-Colleges zu rekrutieren, damit sie es so in die NFL schaffen. Was fehlt dem deutschen Football, damit der Umweg über die USA nicht zwangsweise nötig ist?

Das ist eine gute Frage. Es gibt kaum Geld in der Jugendförderung. Als junger, football-begeisterter Spieler muss viel über die Eigeninitiative kommen. Du musst viel Selbstmotivation mitbringen und ins Fitnessstudio gehen, damit du im Bereich der Athletik mithalten kannst. In den USA fängst du mit 14 an zu trainieren und Muskeln aufzubauen, da ist die Förderung viel größer. Das passiert bei uns vielleicht mit 18. Bei uns haben die Vereine wenige Möglichkeiten und die Trainer arbeiten oftmals ehrenamtlich. Deshalb muss man frühzeitig nach Amerika wechseln, um eine Chance zu haben. Aber je mehr Deutsche es in die NFL schaffen, desto größer werden auch das Interesse und der Markt in Deutschland. Und nur so wird auch die Jugendförderung ausgebaut.

Der Football lebt auch von seinem Teamgeist. Wie würden Sie die Stimmung in einer Kabine beschreiben?

Auch wenn es ein Business ist und dein Sitznachbar in der Kabine morgen weg sein kann, ist das eine einzigartige Atmosphäre. Da passieren lustige Sachen, die du keinem erzählen kannst. Da wird einfach viel gelacht und Quatsch erzählt.

Wie sieht denn so ein Tagesablauf in einer Saison aus?

Nach dem Spiel am Wochenende ist Dienstag der freie Tag. Trotzdem kommen die meisten Spieler auf das Gelände und lassen sich behandeln oder massieren. Mittwoch und Donnerstag geht es früh los, meist um 07:30 Uhr. Da starten die Meetings mit den Analysen zum letzten Spiel sowie zum kommenden Gegner. Danach wird noch trainiert und du bist am frühen Abend wieder raus.
Am Freitag hat man nur einen Halbtag, den haben wir „Date Night“ genannt (lacht). Da gehen die verheirateten oder vergebenen Jungs mit ihren Frauen abends weg und die Singles haben die Chance, jemanden kennenzulernen. Es ist jedes Mal das Gleiche, kein Spaß. Zuerst geht man Essen, danach ins Kino. So ist es irgendwie immer in der NFL (lacht).
Am Samstag ist auch eigentlich nur ein halber Tag. Da gibt es wieder Meetings und du gehst noch mal alles durch. Bei einem Auswärtsspiel fliegt man tagsüber schon los, bei Heimspielen geht’s ab ins Hotel. Und Sonntag ist dann das Spiel, dafür musst du topfit sein.

Der Kader eines NFL-Teams hat 53 Spieler. Kannten Sie alle Namen Ihrer Kollegen?

Nach einer Weile eigentlich schon, aber es gibt ja immer wieder neue Spieler, deswegen ist es schwer, wirklich alle zu kennen. Aber den Großteil kennt man schon. Manchmal kommt es aber auch dazu, dass man fragt, wo der Sitznachbar ist. Kurze Zeit später erfährt man, dass er gar nicht mehr im Team ist. Meistens ist man eh mit den Jungs auf der eigenen Position zusammen.

Sie waren Outside Linebacker, hatten einen Linebacker Coach, einen Defensive Coordinator und einen Headcoach. Wer trifft da welche Entscheidungen?

Die finalen Entscheidungen trifft natürlich der Headcoach. Der Positionscoach ist dafür verantwortlich, dass jeder Spieler jeden Spielzug kennt. Der Coordinator entscheidet, wie das Playbook aussieht, also welche Spielzüge gespielt werden. Der Headcoach hat das entscheidende Wort und kann natürlich noch einzelne Sachen ändern.

Kicker werden im Team etwas belächelt, oder?

Kicker sind sehr wichtig, es gibt genug Spiele, die von einem erfolgreichen oder verfehlten Kick entschieden wurden. Aber sie haben viel weniger Meetings, kicken im Training nur ein bisschen rum. Sie haben ein sehr relaxtes NFL-Leben. Aber der Druck ist bei ihnen sehr hoch, da es pro Team nur einen auf der Position gibt. Dadurch sind sie für Fehlschüsse meist alleine verantwortlich und werden dann auch schnell entlassen.

Apropos Kicker. Im Fußball sagt man, dass viele Torhüter ein bisschen speziell sind oder einen an der Waffel haben. Wer ist das im Football? Die Wide Receiver?

Nein, definitiv die O-Liner (lacht). Die ticken einfach anders. Die laufen wie ein Wolfsrudel immer zusammen rum, essen zusammen, gehen zusammen raus. Es gibt keine engere Gruppe im Team. Sie bekommen nicht das Ansehen, was sie verdienen. Vielleicht verstehen sie sich deshalb so gut, denn im Vordergrund stehen meist die anderen Spieler.

Wie betrachten Footballer eigentlich andere Sportarten?

In den USA bist du als Football-Profi neidisch, wenn du Spieler aus der NBA, der NHL oder MLB siehst. Die haben unglaubliche Verträge, verdienen mehr Geld und dieses Geld ist auch noch garantiert. Im Basketball unterschreiben manche Ersatzspieler einen Fünfjahresvertrag mit 10 Millionen Dollar Jahresgehalt. In der NFL müssen die Superstars hart dafür arbeiten, um so viel zu verdienen. Dabei ist American Football eigentlich die Nummer eins in den USA.

Verwendete Quellen
  • - Website von Björn Werner
  • - Eigene Recherchen
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