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Darts-Sensation Gabriel Clemens: Der unscheinbare "Riese" im Rampenlicht


Darts-Sensation Gabriel Clemens
Der unscheinbare "Riese"

Von Nils Kögler

Aktualisiert am 03.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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Gabriel Clemens: Große Jubelgesten sind bei dem zurückhaltenden Deutschen eher die Ausnahme.Vergrößern des Bildes
Gabriel Clemens: Große Jubelgesten sind bei dem zurückhaltenden Deutschen eher die Ausnahme. (Quelle: IMAGO/Shaun Brooks)

Mit dem Halbfinaleinzug bei der Darts-WM schaffte Gabriel Clemens ein kleines Wunder. Dabei ist der "German Giant" ein Ausreißer im bunten Geschäft.

Mit der Ruhe war es am Neujahrstag endgültig vorbei: Über 800 deutsche Fans sorgten im Londoner Alexandra Palace für ordentlich Stimmung, als ihr Landsmann Gabriel Clemens die Sensation schaffte und den Weltranglisten-Ersten Gerwyn Price im Viertelfinale der Darts-WM bezwang. Die Atmosphäre nahm dabei sogar derartige Ausmaße an, dass sich Price genötigt sah, Ohrenschützer aufzusetzen, um sich besser auf sein Spiel zu konzentrieren. Am Ende nützte es jedoch nichts, denn Clemens ließ sich von den Spielchen des Walisers nicht beeindrucken und zog als erster Deutscher überhaupt ins Halbfinale bei einer Darts-WM ein.

Das Getöse im "Ally Pally" war das scharfe Kontrastprogramm zur Ruhe, die Clemens normalerweise für sich bevorzugt. In seinem Sport fällt der Deutsche mit seiner auffällig unauffälligen Art aus der Reihe – und schickt sich doch an, den großen Titel zu gewinnen.

"Wonderwall" zwischen Party-Liedern

Fans, die den Pfeilen schon länger beim Fliegen zuschauen, wissen: Am Dart-Board tummeln sich üblicherweise die exzentrischen Showmänner: "Snakebite" Peter Wright, der mit bunter Irokesenfrisur auftritt oder Ex-Rugby-Spieler Price, der sich einen Sixpack auf das Shirt malen lässt, sind nur einige Beispiele dafür.

Bei ihnen geht die Show schon mit dem Einlauf los. Zu den Klängen von Partysongs wie Pitbulls "Don't stop the party" oder "Seven Nation Army" von den White Stripes bahnen sie sich teils tanzend und springend den Weg durch das Publikum hin zu ihrer Darts-Bühne. Beim "Auberginen-König" Dirk van Duijvenbode aus den Niederlanden schalten einige Fans sogar nur für seinen spektakulären "Walk on" den Fernseher ein.

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Und Clemens? Der hat sich den Akustikgitarre-am-Lagerfeuer-Klassiker "Wonderwall" der Band Oasis für seine Auftritte ausgesucht.

Vom bodenständigen Beruf auf die Darts-Bühne

Die ruhige Musik passt ebenso ins Bild eines ruhigen Charakters wie seine Herkunft: 1983 wurde der 1,91-m-große "German Giant" in Saarlouis im kleinen Bundesland Saarland geboren. Dort lebt er bis heute im beschaulichen Saarwellingen.

Zunächst erlernte die neue deutsche Darts-Hoffnung einen ganz bodenständigen Beruf: Schlosser. Dass er heute überhaupt Karriere am Dartboard macht, ist auch einem verständnisvollen Chef zu verdanken. Der ließ Clemens zunächst Urlaubstage nehmen und erlaubte ihm schließlich auch in Teilzeit zu wechseln, um bei Turnieren anzutreten.

Ein riskanter Schritt

Doch auch das war Clemens auf Dauer nicht mehr genug. Er entschloss sich, seinen Beruf an den Nagel zu hängen und sich voll auf das Pfeilewerfen zu fokussieren. Ein riskanter Schritt. Denn auch wenn Spitzenprofis wie Michael van Gerwen oder Darts-Legende Phil Taylor Millionäre sind, in der Breite verdienen die Spieler nicht das große Geld.

Seit 2018 ist er bei der "Professional Dart Corporation" (PDC) als Profi unterwegs. Sein größter Erfolg bislang war dabei der Achtelfinaleinzug bei der WM 2021. Schon damals schaltete er in der dritten Runde in einer großen Überraschung Titelverteidiger Peter Wright aus. Doch der große Wurf blieb durch eine unglückliche Niederlage gegen den Polen Krzysztof Ratajski aus.

Clemens ist Familienmensch

In diesem Jahr will Clemens es nach dem erneuten Überraschungserfolg gegen Price nun besser machen und mit einem Sieg gegen Michael Smith das Finale erreichen. Mit dabei sein wird wie immer seine langjährige Lebenspartnerin Lisa Heuser, die gleichzeitig seine Managerin ist. Für Familienmensch Clemens eine wichtige Stütze. Wie wichtig ihm sein enges Umfeld ist, wird auch daran deutlich, dass er versucht, sie gegen die Tücken der Öffentlichkeit zu schützen. Mit steigender Bekanntheit nahmen in der Vergangenheit nämlich auch die Hassnachrichten im Netz zu – auch gegen seine Familie.

Auf seinem Instagram-Profil positionierte er sich deshalb öffentlich gegen Online-Hetze. Im Interview mit dem Sportportal "Spox" berichtete er zudem von den Hassnachrichten: "Es geht vor allem in die Richtung, dass meiner Familie und mir Krebs oder andere Krankheiten gewünscht werden. Gerade wenn es gegen die Familie geht, hört für mich der Spaß auf."

Mentaltrainer für besseres Auftreten

Es war einer der wenigen Momente, in denen sich Clemens aus der Deckung wagte. Wirklich Aufsehen erregen tut der 39-Jährige sonst nicht mal, wenn alle zuschauen. Um an seiner Mentalität zu arbeiten, holte sich Clemens sogar professionelle Hilfe. Unter anderem habe er dabei an "Ausstrahlung und Präsenz auf der Bühne gearbeitet, dass ich mich etwas mehr pushe und öfter die Faust zeige", verriet Clemens "Spox".

Der Erfolg gibt ihm mittlerweile recht. Mit seinem Halbfinaleinzug steigt er nun in bislang unerreichte Höhen auf. Sollte er am Montagabend gar den Finaleinzug schaffen, könnte ein regelrechter Darts-Boom in Deutschland folgen. Die Sportart erfreut sich ohnehin großer Popularität, der absolute Spitzenspieler fehlte jedoch noch – bislang.

"Es ist fantastisch für Darts in Deutschland – das hoffe ich", sagte Clemens nach seinem Viertelfinalerfolg am Sonntag. Mit Ruhe und Zurückhaltung dürfte es für Clemens im Falle des Falles dann wohl endgültig vorbei sein. Das wird ihn jedoch mittlerweile kaum noch stören, denn der sonst so zurückhaltende "German Giant" scheint bereit für das Rampenlicht. "Ich habe meine Chancen. Ich kann jeden schlagen", so seine ungewohnt selbstbewusste Ansage.

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