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Kolumne "Held der Woche": Buddy, der krächzende Internetpionier


Kolumne "Held der Woche"
Buddy, der krächzende Internetpionier

Meinungt-online, Anja Rützel

21.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Anja Rützel macht sich Gedanken um die Onlinisierung der Tierwelt.Vergrößern des BildesAnja Rützel macht sich Gedanken um die Onlinisierung der Tierwelt. (Quelle: dpa / t-online.de)
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Was es mit dem tierischen Plappermaul und seiner Beziehung zu Amazons Echogerät Alexa auf sich hat, erklärt Anja Rützel.

Wir wissen nicht, wovon Tapire träumen. Können nur raten, welche Namen unsere Hunde uns gegeben haben. Und wir haben keine Ahnung, welche Frisuren Königspudel beim Hundescherer verlangen würden, wenn sie die freie Auswahl hätten. Die Welt der Tiere ist eine Welt voller Geheimnisse. Immerhin können wir jetzt sehr genau sagen, was sich Papageien bei Amazon bestellen würden: goldene Dekoschachteln, gleich im Dutzend. Denn Buddy, ein in Greenwich ansässiger Graupapagei, hat über den Amazon-Plapperservice Alexa tatsächlich eine Bestellung abgesetzt. Ein kleiner Krächzer für Buddy, ein großer Schritt für die Onlinisierung der Tierwelt.

Dabei hatten Buddys Besitzer ihr sprachgesteuertes Echogerät, mit dem man als volldigitaler Faulibert zum Beispiel seine Zimmertemperatur regulieren oder Pizza bestellen kann, ohne einen Finger zu rühren, bislang nur zum Abspielen von Musik oder als nöligen Erinnerungsassistenten für anstehende Termine und Aufgaben genutzt. Der fünfjährige Buddy kann allerdings Stimme und Tonfall, mit der seine Besitzerin den Alexa-Service anzusprechen pflegt, so täuschend echt imitieren, dass er das Gerät beim selbstvergessenen Herumplappern aktivierte und so seine nebulöse Goldschachtelbestellung aufgeben konnte.

Es wäre ja auch wirklich nur fair, wenn die Tiere nun anfingen, das Internet selbstständig in ihrem Sinne zu benutzen. Schließlich werden sie dort bis jetzt ganz ohne Gegenleistung fies ausgenutzt: als flauschbildriger Abreagierungsfluff, den man sich anschauen kann, wenn die Schläfenader schon wieder pocht vor lauter dummfrech herausposaunter Online-Blödheit. Als Niedlichkeitsköder und unfreiwillige Wingmen, mit denen grindige Tinderbenutzer ihre Profilbilder aufpeppen. Und als unentgeltlich für die Wissenschaft versklavte Messdiener: Weil viele Tierarten frühzeitig auf nahende Naturkatastrophen reagieren, wurden zum Beispiel Ziegen, die am Vulkan Ätna auf Sizilien leben, digital vernetzt. Schon Stunden vor einem Vulkanausbruch benehmen sie sich auffällig anders.

Buddy ist ein echter Pionier für die digitalen Rechte der Tiere. Dessen Mühen aber leider, wie das bei Pionieren oft so ist, von seinem engsten Umfeld nicht die verdiente Würdigung erfuhren: Buddys Familie dachte nicht darüber nach, was ihr Vogel wohl mit den sechs goldenen Geschenkboxen anstellen wollte, welche Nachricht darin verborgen war. Wollte er seinen Käfig im banausigen Trump-Prunk-Stil makeovern? Hatte er anderswo vielleicht noch mehr Dinge geordert, nämlich Geschenke für seine Familie, die er eben auch ansprechend verpacken wollte? Seine wenig feinsinnigen Besitzer aber schickten die Boxen einfach zurück und taten, als sei nichts passiert. Welch verpasste Chance für eine vertiefte Mensch-Tier-Beziehung, ermöglicht durch den technischen Fortschritt!

Ich würde es absolut begrüßen, wenn mein Hund endlich einen eigenen Zugang zum Internet bekäme. Erstens könnte das wunderschöne und heimlich sicher auch durchaus eitle Tier dann selbst Selfies von sich posten, statt mich weiterhin mit dem Propagieren seiner Schönheit auf allen meinen Social-Media-Kanälen zu belasten. Statt meinen Instagram-Account weiter mit Hundefotos zu fluten, könnte ich ihn endlich für die Zwecke nutzen, für die ich dieser Plattform ursprünglich mal beigetreten war, nämlich die Veröffentlichung meiner umfangreichen Sammlung sneaky aufgenommener Handyfotos von fremden Leuten, die mit offenen Mündern im Zug eingeschlafen sind. Außerdem könnte mein Hund sich dann gefälligst mal schön selbst mit den ganzen Wahnsinnigen in den Hundefutterforen auseinandersetzen, mit denen ich mich regelmäßig herumschlagen muss, und diesen Menschen aus erster Pfote berichten, was er und seine Freunde wirklich am liebsten essen.

Und schließlich, die sinnvollste Nutzung: Er könnte mir einfach eine kurze Chatnachricht schicken, wenn er mal alleine zuhause bleibt, weil ich wichtige, in Übersee-Onlineshops erstandene Ryan-Gosling-Devotionalien beim Zollamt auslösen muss – und mir zum Beispiel mitteilen, dass ich mich besser beeilen sollte, weil er dringend aufs Klo muss. Bestelle weiter, Buddy. Irgendwann werden sie verstehen.

Die Autorin Anja Rützel kürt in ihrer Kolumne den "Held der Woche" und erklärt, warum er mit seinem Verhalten für ein gesellschaftliches Phänomen steht.

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