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Till Lindemann und die Flut an Vorwürfen: Chronologie des Rammstein-Skandals


Eine Flut an Vorwürfen
Wie sich die Wahrnehmung von Till Lindemann veränderte

Von Maria Bode, Charlotte Koep

Aktualisiert am 31.08.2023Lesedauer: 5 Min.
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Till Lindemann: Gegen ihn gibt es Vorwürfe von mehreren Seiten – er weist sie zurück. (Quelle: IMAGO/Carlos Santiago/ Eyepix Group)

Vor zwei Monaten kamen die ersten Vorwürfe gegen Till Lindemann auf. Seither melden sich mehr und mehr mutmaßliche Opfer – zuletzt auch aus Österreich.

"Wenn ich über die wahren Hintergründe von allem sprechen würde, was ich singe, würde ich nur Schubladen schaffen. Ich glaube, es ist besser, das nicht zu tun und die Leute einfach zu ihrer eigenen Interpretation der Texte anzuregen", sagt Rammstein-Sänger Till Lindemann Ende 2022 im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die mögliche Art, seine Gedichte und Lieder zu interpretieren, ändert sich Ende Mai 2023 abrupt. Sein Werk bekommt einen üblen Beigeschmack, als die ersten heftigen Vorwürfe gegen den 60-Jährigen aufkommen.

Danach erheben mehrere Frauen Anschuldigungen gegen Lindemann, schildern Situationen mit ihm, die sie als beängstigend empfunden haben. Eine "Casting-Direktorin", Alena Makeeva, habe die mutmaßlichen Opfer bei Konzerten ausgewählt und gefragt, ob sie zur Aftershowparty kommen wollen. Dabei sei es auch zu sexuellen Handlungen gekommen. Mutmaßliche Übergriffe sollen auch in Lindemanns Hotelzimmer stattgefunden haben. Das schilderte jüngst, kurz vor zwei Konzerten von Rammstein in Wien, eine Frau dem österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF. Sie schließt sich damit vielen Vorrednerinnen an.

Die Vorwürfe gegen Till Lindemann

Am 25. Mai veröffentlicht die Irin Shelby Lynn auf Instagram und Twitter mehrere Fotos von sich, die einen mit blauen Flecken und Blutergüssen übersäten Körper zeigen. Es ist kurz nach dem Start der aktuellen Tournee von Rammstein im litauischen Vilnius – dort war auch Shelby Lynn. Ihre Vorwürfe: Man habe sie auf der Preparty unter Drogen gesetzt. An den restlichen Abend könne sie sich nicht mehr erinnern. Sie schildert lediglich, dass Till Lindemann mit ihr Sex haben wollte – ihr Nein aber akzeptiert habe. Später sagt sie bei der Polizei in Litauen aus. Die Behörden in Vilnius stellten nach Prüfung des Falls die Ermittlungen ein, weil es "keine objektiven Tatsachenbeweise" gegeben habe.

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Es dauert drei Tage, dann meldet sich die Band Rammstein auf Twitter: "Zu den im Netz kursierenden Vorwürfen zu Vilnius können wir ausschließen, dass sich, was behauptet wird, in unserem Umfeld zugetragen hat. Uns sind keine behördlichen Ermittlungen dazu bekannt."

Auch Sophia Thomalla, Moderatorin und Ex-Freundin von Lindemann, steht hinter der Band, sagt zu "Bild": "Till ist ein Mann, der Frauen beschützt. Und generell unterstelle ich Menschen, die von einem künstlerischen, provozierenden Rammstein-Video auf den Charakter eines Menschen schließen, schlichtweg Dummheit und Unkenntnis."

Doch Shelby Lynn soll nicht die einzige Frau bleiben, die ihre Erfahrungen mit Till Lindemann teilt. Social-Media-Star Kayla Shyx meldet sich sechs Tage später, veröffentlicht kurz danach ein langes YouTube-Video. Sie war 2022 auf einem Rammstein-Konzert im Berliner Olympiastadion. Jetzt erzählt sie von der Row Zero, einem abgetrennten Bereich direkt vor der Bühne, direkt vor Rammstein. Tickets dafür gibt es nicht, alles läuft über Einladungen via Social Media. Es ist ein perfides Groupiesystem, durch das junge weibliche Fans ausgesucht und schließlich zu Lindemann hinter die Bühne geführt wurden.

Der Stein kommt ins Rollen. Eine darauf folgende Recherche der "Süddeutschen Zeitung", des NDR und WDR will mehr erschreckende Details ans Licht bringen. Frauen, die anonym bleiben wollen, berichten von sexuellen Übergriffen. Ein mutmaßliches Opfer habe so gewalttätigen Sex mit Lindemann gehabt, dass es danach stark geblutet habe. Auch in anderen Medien kommen immer auserwählte Frauen zu Wort.

Erste Konsequenzen für Till Lindemann

Rammstein bekommt erste Konsequenzen zu spüren. Fans wenden sich ab und der Verlag Kiepenheuer & Witsch, der ein Gedichtband von Lindemann herausgebracht hat, will nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten.

Die Musiker sehen sich zu einem zweiten Statement gezwungen. Am 3. Juni heißt es auf dem offiziellen Instagram-Kanal der Band: "Durch die Veröffentlichungen der letzten Tage sind in der Öffentlichkeit und vor allem bei unseren Fans, Irritationen und Fragen entstanden. Die Vorwürfe haben uns alle sehr getroffen und wir nehmen sie außerordentlich ernst." Ihnen sei es wichtig, dass sich alle Fans bei ihren Shows wohlfühlen würden. Sie appellieren gleichzeitig an die Öffentlichkeit: "Wir, die Band, haben aber auch ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden."

Kurz danach die nächsten Vorwürfe. "Welt am Sonntag" hat mit Frauen gesprochen, die Ähnliches berichten wie die Frauen vor ihnen: Es geht wieder um Drogen, um Erinnerungslücken, um Sex mit Till Lindemann, um das Netz rund um den Frontmann. Dabei fällt immer wieder ein Name: Alena Makeeva, selbst ernannte "Casting-Direktorin" und vermeintliche Strippenzieherin hinter dem System.

Unterdessen ist Rammstein weiter auf Tour, die sechs Musiker ziehen von einer europäischen Großstadt zur nächsten. Doch: Bei den Konzerten in München ab 8. Juni wird die Row Zero untersagt. Später werden auch die Aftershowpartys für die Konzerte in Berlin gestrichen werden.

Rammstein-Vertrauter äußert sich

Am 7. Juni bestätigt eine Person aus dem direkten Umfeld der Band dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", dass es seit mittlerweile vier Jahren die privaten Pre- und Aftershowpartys von Lindemann gebe, bei denen der Sänger auch Sex mit jungen Groupies habe. Die Quelle sagt: "Bei der Moral können Sie eine große Kiste aufmachen, sofort, absolut." Strafbar sei der Geschlechtsverkehr in seinen Augen aber nicht.

Die Rechtsanwaltskanzlei Schertz-Bergmann vertritt Lindemann in "äußerungs- und presserechtlichen Angelegenheiten", wie aus einer Pressemitteilung vom 8. Juni hervorgeht. "Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr. Wir werden wegen sämtlicher Anschuldigungen dieser Art umgehend rechtliche Schritte gegen die einzelnen Personen einleiten", heißt es vonseiten der Anwälte.

Mitte Juni dann meldet sich eine Frau bei t-online. Martha, deren Name im Bericht geändert ist, erzählt, dass sie Sex mit Lindemann hatte – eingefädelt von Alena Makeeva und einem anderen Mitarbeiter, dessen Name t-online bekannt ist. Der Unterschied zu den anderen bekannten Fällen: Martha gefiel ihre Begegnung mit dem 32 Jahre älteren Rockstar, wie Sie hier noch einmal nachlesen können.

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Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Lindemann

Am 14. Juni steht schließlich fest: Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt aufgrund der Vorwürfe gegen Lindemann.* Drei Tage später teilt Christoph Schneider, Schlagzeuger von Rammstein, ein langes Statement. In diesem stellt er die Band nach wie vor als Einheit dar, distanziert sich aber gleichzeitig von Lindemann: "Gewisse Strukturen sind gewachsen, die über die Grenzen und Wertvorstellungen der restlichen Bandmitglieder hinausgingen. Es ist uns auch deshalb wichtig, dass Tills Partys nicht mit unseren offiziellen Aftershowpartys verwechselt werden."

Schneider bleibt der einzige der sechs Musiker, der sich äußert. Alle anderen schweigen. Doch dann gerät Mitte Juli ein weiteres Mitglied in den Fokus: Keyboarder Christian "Flake" Lorenz. Frauen erheben auch gegen ihn schwere Vorwürfe sexualisierter Gewalt.

Lindemann und Flake weisen alle Anschuldigungen zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung. Weiterhin tourt Rammstein durch Europa, noch bis Anfang August. Beim letzten von drei Berlin-Konzerten sagt Lindemann am 18. Juli: "Und denkt immer dran: Bösen Zungen glaubt man nicht. Die Wahrheit, die kommt doch eh ans Licht."

*Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen Till Lindemann am 29. August eingestellt. Es konnten keine Belege für ein strafbares Verhalten gefunden werden. Hier lesen Sie die Details zu der Entscheidung. Damit handelt es sich bei dem Sänger der Band Rammstein weder offiziell um einen Tatverdächtigen noch um einen Beschuldigten.

Verwendete Quellen
  • orf.at: "Nun auch schwere Vorwürfe aus Österreich"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • kiwi-verlag.de: "Der Verlag Kiepenheuer & Witsch beendet die Zusammenarbeit mit Till Lindemann"
  • twitter.com: Profil von @RSprachrohr
  • instagram.com: Profil von rammsteinofficial
  • rammstein.de: Tourdaten
  • instagram.com: Profil von shelbys69666
  • twitter.com: Profil von @Shelbys69666
  • twitter.com: Profil von @RSprachrohr
  • rnd.de: "Rammstein und 'Tills Girls': eine Rekonstruktion"
  • bild.de: "Jetzt spricht Till Lindemanns Ex Sophia Thomalla!"
  • welt.de: "K.-o.-Tropfen, Sex und die 'Row Zero'"
  • rnd.de: "Rammstein-Vertrauter bestätigt Sexpartys hinter der Bühne – und bestreitet Straftaten"
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