"Restauranttester" Henssler rettet "Lutz, der Lappen" vor der Insolvenz

Lutz konnte einem wirklich leid tun. Ihm gehört das "Café Cocoo" in Rostock, dabei ist er eigentlich Lokführer und gar kein Koch. Kein Wunder also, dass sein Café so langsam den Bach runterging. Höchste Zeit für Steffen Henssler, als "Restauranttester" einzugreifen und Lutz ordentlich die Leviten zu lesen.

Als Chef war Lutz völlig unfähig. Das stellte der Spitzenkoch schnell fest, das sagten auch die Mitarbeiter und darum hatte Lutz seinen wenig ehrenhaften Spitznamen vom ungeduldigen Henssler schnell weg: "Lutz, der Lappen". Zu schlapp, zu tranig, ohne klare Ansagen.

Der Lokführer wurde Cafébesitzer - und scheiterte

Vor zehn Jahren hat er sich von seinem Ersparten das Café in der Nähe des Rostocker Uni-Campus gekauft und sich damit einen Traum erfüllt. Den Gastraum hat er aufwändig renoviert und die Küche dabei vernachlässigt. Bei der ersten Stippvisite konnte Steffen Henssler ein Kichern nicht unterdrücken, der Herd in Lutz' Küche war winzig und sah nach Studentenwohnheim aus. Und das war dem eigentlich sehr sympathischen Café-Chef auch "total peinlich".

"Geschmackliche Flatline"

Das Testessen fiel nach Ansicht Hensslers als "geschmackliche Flatline" durch, die selbstgemachten Croques (krosse, belegte Baguettes), für die das Lokal berühmt sein wollte, schmeckten nach nichts.

Mitarbeiterin Janine erzählte, dass alle Mitarbeiter studentische Aushilfen seien, die so kochten wie zuhause - mehr aber auch nicht. Keiner war vom Fach. All diese Faktoren trugen schließlich dazu bei, dass Lutz, inzwischen phlegmatisch und antriebslos, kurz vor der Insolvenz stand.

"Der Typ hat Herz und Emotionen - ist aber am Ende"

Der Lokführer holte sich die Anregungen für seine Gerichte im Internet und hielt das für ein professionelles Vorgehen, er arbeitete die Nächte durch und kam trotzdem nicht voran. Steffen Henssler konnte nur den Kopf schütteln: "Der Typ hat Herz und Emotionen. Aber er ist am Ende. Herr Lokführer, da müssen wir Kohlen nachschieben. Wir müssen was tun, aber ich bin heiß!"

Der nervöse Lutz versagte beim Vorkochen und Henssler schimpfte: "Das was ich sehe, ist unfassbar schlecht. Es gibt die Null und noch einen drunter. Und da sind wir." Er versuchte nonstop, den 50-Jährigen wachzurütteln: "Wo ist dein Enthusiasmus? Wenn du nicht willst, geht es nicht! Der Laden hat Potenzial, du musst es aber auch wollen!"

Also ging das übliche "Aufräumen" los: Die Croques wurden als Spezialität beibehalten, aber geschmacklich verfeinert. Es gab neues Brot, neue Beläge. Die Öffnungszeiten wurden deutlich verkürzt, um Lutz genügend Auszeit zu geben und Personalkosten zu sparen. Sonntagabend bleibt der Laden geschlossen. Lutz und Janine machten Werbung für die Neueröffnung des Ladens, sie verteilten Flyer vor der Mensa.

Das Team vergoss gerührt ein paar Tränen

In ihrer Abwesenheit nahm Henssler sich die Küche vor und baute einen neuen Kühltisch sowie einen größeren Herd ein. Der gerührte Lutz stammelte: "So ein geiles Teil. Ich bin echt sprachlos" und fiel Janine um den Hals, die ebenfalls ein paar Tränchen verdrückte: "Wir schaffen das!"

Am Eröffnungstag war Lutz nervös und unsicher und der Restauranttester musste ihn mehrfach antreiben: "Mach hier nicht den Krampfer! Free your mind! Come on, Baby!" Und plötzlich schien Lutz gecheckt zu haben, dass sein Team klare Ansagen braucht, dass er Gas geben muss und ruhig den Chef raushängen lassen kann. "Gutes Training, und wir bekommen das in den Griff!" Der Laden brummte, der Abend wurde zum großen Erfolg.

Ein Lappen als Abschiedsgeschenk

"Lutz, du bist kein Lappen mehr! Ich bin stolz auf dich", verkündete Steffen Henssler und überreichte dem strahlenden Lutz einen neuen Putzlappen - zur Erinnerung. "Der hat mich wirklich wachgerüttelt", war sich der frischgebackene Küchenchef sicher.

Auch das übliche Testessen vier Wochen später fiel ordentlich aus. Der Profikoch hatte nichts zu meckern: "Alles ist gut. Haken dran. Tiptop. Ich bin guter Dinge", verabschiedete er sich vom sichtbar dankbaren Lutz.