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Faktencheck zum "Tatort": Tollwut-Virus als Mordwaffe – Ist das realistisch?


Faktencheck zum "Tatort"
Tollwut-Virus als Mordwaffe: Ist das realistisch?

Barbara Schaefer

Aktualisiert am 04.02.2018Lesedauer: 4 Min.
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Mordkommission in der JVA: Die Ermittlungen von Martina Bönisch (Anna Schudt, 1.v.l.), Nora Dalay (Aylin Tezel, 2.v.l.) und Peter Faber (Jörg Hartmann, r) sollen möglichst keine Unruhe bringen – wünscht sich jedenfalls Gefängnisdirektorin Angelika Zerrer (Ulrike Krumbiegel, 3.v.l.).Vergrößern des Bildes
Mordkommission in der JVA: Die Ermittlungen von Martina Bönisch (Anna Schudt, 1.v.l.), Nora Dalay (Aylin Tezel, 2.v.l.) und Peter Faber (Jörg Hartmann, r) sollen möglichst keine Unruhe bringen – wünscht sich jedenfalls Gefängnisdirektorin Angelika Zerrer (Ulrike Krumbiegel, 3.v.l.). (Quelle: WDR/Thomas Kost)

Eine gruselige Geschichte aus Dortmund: Ein Häftling stirbt elendiglich unter Krämpfen. Er wurde ermordet –

Der Dortmunder "Tatort" mit Martina Bönisch (Anna Schudt), Nora Dalay (Aylin Tezel) und Peter Faber (Jörg Hartmann) zeichnet sich durch seinen Fortsetzungstil aus: Die Vergangenheit spielt immer eine Rolle, und in diesem Fall besonders.

Drogen und albanische Mafia in der JVA, das sind die Fährten, auf denen die Kommissarinnen nach dem Mörder suchen. Faber hingegen verdächtigt den Häftling Markus Graf (perfide: Florian Bartholomäi), der Fabers Frau und Kind auf dem Gewissen hat.

Graf bedrängt Faber; Jörg Hartmann, zehn Jahre Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne, spielt den Kommissar in seinem Schimanski-Lookalike-Schmuddelparka hoch intensiv. Für die Lösung des Falles müsse ein krankes Hirn verantwortlich sein, raunzt er Graf an, "und der erste, der mir in dieser Hütte einfällt, waren Sie".

Und während er versucht, seine Kolleginnen zu überzeugen, halten diese ihn für paranoid, und im Hintergrund entwickelt sich die wohl traurigste Bettszene der "Tatort"-Geschichte (Regie: Kerstin Krause). Die vielen Fährten verwirren das Ermittlerteam, bis es zum Showdown kommt. Und natürlich hatte Faber recht. Graf gelingt die Flucht aus der JVA. Fortsetzung folgt.

Der Auslöser für die Tollwut-Infektionen war ein mit dem Virus infiziertes Messer – aber geht das überhaupt? Wir haben nachgefragt.

Der Faktencheck

Fragen an Dr. med. Christian Schönfeld, Arzt im Institut für Tropenmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin.

t-online.de: Im "Tatort: Tollwut" kommt es in einer Haftanstalt zu einer Messerstecherei, dabei wird ein Häftling mit Tollwut infiziert und stirbt später qualvoll. Frage: Ist so etwas überhaupt möglich?

Dr. med. Christian Schönfeld: Theoretisch ist eine Übertragung von Tollwutviren durch ein präpariertes Messer zwar denkbar, aber praktisch unwahrscheinlich. Bisher wurde noch nie eine derartige Übertragungskette nachgewiesen und beschrieben. Die Übertragung der Tollwut auf den Menschen erfolgt in der Regel durch den Biss eines tollwutinfizierten Hundes, jedoch kommen auch andere warmblütige Säugetiere als Überträger infrage. Außer durch einen Biss ist eine Übertragung prinzipiell auch über Hautverletzungen oder direkten Kontakt von infektiösem Speichel mit der Schleimhaut möglich.

Wie lange würde ein Virus an einem präparierten Messer überleben? Laut Drehbuch 30 Minuten, stimmt das?

Wenn das Messer vorher geschickt präpariert wurde, wäre das denkbar. Dass das aber einem Laien gelingt, ist nicht sehr wahrscheinlich. Die Zeit, in der Tollwutviren infektiös bleiben, hängt von den jeweiligen Bedingungen ab. Außerhalb des Körpers sind Tollwutviren sehr empfindliche Viren, die zum Beispiel schon durch Tageslicht (UV-Strahlen) sehr schnell inaktiviert werden. Unterschiedliche Umweltbedingungen beeinflussen dabei zwar die Geschwindigkeit, mit der das Virus inaktiv wird, aber im Allgemeinen kann das Virus als nicht infektiös angesehen werden, wenn das Material, in dem sich das Virus befindet, trocken ist.

Laut Drehbuch stammt das Rabiesvirus aus einem Forschungslabor, in das eingebrochen wurde. Deutschland gilt als frei von Tollwut – gibt es in Forschungslaboren überhaupt das Virus?

Ja, es gibt in Deutschland Laboratorien, die mit vermehrungsfähigen Tollwutviren arbeiten, um unter anderem Impfstoffe zu entwickeln, die für eine vorbeugende Immunisierung zum Beispiel von Reisenden oder einer Tollwutbehandlung von Menschen, die Kontakt zu einem tollwutverdächtigen Tier hatten, benötigt werden. Deutschland gehört zu den Ländern Europas, in denen durch systematische Bekämpfungsmaßnahmen, vor allem durch die Verteilung von Schluckimpfködern an Füchsen und anderen frei in der Natur herumlaufenden Tieren, die Tollwut bei Wild- und Haustieren eliminiert werden konnte. Der letzte identifizierte Tollwutfall bei einem Wildtier trat in Deutschland im Februar 2006 bei einem Fuchs auf. Dagegen sind bei Fledermäusen in Deutschland bis heute Tollwutviren häufig nachweisbar.

Im Verlauf der Handlung stirbt noch ein Mann, er wurde jedoch vergiftet. Ihm wurde Terpentin oder Terpentinersatz in die Halsschlagader injiziert – wäre das tödlich?

Terpentin kann bereits beim Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein. Abhängig von der verabreichten Dosis ist davon auszugehen, dass Terpentin, welches in die Halsschlagader injiziert wird, ebenfalls tödlich ist beziehungsweise sein kann.

Im "Tatort" wurde ein weiterer Mann mit Tollwut infiziert. Er wusste es nicht, hatte leichte Grippe-Symptome und sich nicht weiter darum gekümmert. Nun wird er sterben, und es gibt keine Hoffnung – ist das immer noch so, dass Tollwut beim Menschen tödlich verläuft?

Eine Tollwuterkrankung, bei der bereits Symptome nachweisbar sind, endet auch heute noch fast immer tödlich. In der Literatur sind nur sehr wenige Fälle bekannt, die nach Auftreten der ersten Symptome noch gut ausgegangen sind. Da die Zeit zwischen einer möglichen Ansteckung mit dem Virus und dem Auftreten der ersten Symptome, der sogenannten Inkubationszeit, zwischen zehn Tagen und einem Jahr betragen kann, ist bei begründetem Verdacht auch noch Wochen bis Monate nach potenzieller Tollwutansteckung eine Behandlung mit Tollwutimpfstoff und gegebenenfalls -serum sinnvoll.

Wird dazu geforscht?

Seit vielen Jahren versuchen Forscher, wirksame Mittel gegen Tollwutviren zu finden, jedoch konnte bislang keine der entdeckten Substanzen in Studien am Menschen zuverlässig ihre Wirksamkeit demonstrieren. Effektive Tollwutmedikamente für therapeutische Zwecke müssten Substanzen sein, die zum Beispiel in die Rückenmarksflüssigkeit injiziert werden, um dort die laufende Tollwutvirusvermehrung schnell und wirksam zu blockieren und so die weitere Ausbreitung des Virus zu stoppen.

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