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Schlecker, Wirecard & Co.: Die spektakulärsten Pleiten deutscher Unternehmen


Karstadt, Schlecker, Wirecard
Die zehn spektakulärsten Pleiten deutscher Unternehmen

Von Frederike Holewik, Mauritius Kloft

Aktualisiert am 21.08.2021Lesedauer: 5 Min.
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Geier mit Firmenlogos (Symbolbild): t-online stellt die größten deutschen Unternehmenspleiten vor. (Quelle: Montage: ha/getty-images-bilder)

Durch die Corona-Krise gerieten viele Firmen in die Insolvenz, besonders Modeunternehmen, Restaurants oder Touristikfirmen traf es. Doch schon vor der Pandemie gab es zahlreiche Insolvenzen. Ein Überblick über die spektakulärsten Pleiten.

Unternehmenspleiten treffen oft einen weiten Personenkreis: von Mitarbeitern, die um ihre Stellen fürchten, über Anleger bis hin zu Investoren. Manchmal gelingt die Sanierung, in anderen Fällen verschwinden bekannte Firmen vom Markt.

t-online hat die zehn spektakulärsten deutschen Unternehmenspleiten der vergangenen Jahre zusammengetragen.

Wirecard

Es war die Unternehmenspleite des Jahres 2020: Mit Wirecard ging eine der zeitweise wertvollsten Finanzfirmen Deutschlands insolvent – gleichzeitig wurde der größte Bilanzbetrug der deutschen Geschichte aufgedeckt.

Wirecard galt als aufstrebende Börsenfirma, das Geschäftsmodell als zukunftsträchtig. Das Unternehmen aus dem kleinen Ort Aschheim bei München stellte Finanzdienstleistungen bereit, verdiente sein Geld dann, wenn Kunden per EC- oder Kreditkarte einkauften. Nur: Sonderlich viel von dem Geld, das Wirecard seinen Aktionären weismachte, erwirtschaftet zu haben, nahm es überhaupt nicht ein.

Wirecard schaffte es, ein Betrugsnetzwerk aus Partnerfirmen aufzubauen und so die Bilanzsumme aufzublähen. Im Juni 2020 brach das Kartengerüst in sich zusammen. Ex-Vorstandschef Markus Braun, der rund 20 Jahre an der Spitze Wirecards stand, sitzt seitdem in Haft.

Auch gegen weitere Topmanager ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek setzte sich im Juni vergangenen Jahres ins Ausland ab, nach ihm wird noch gefahndet. Die ganzen Hintergründe des Wirecard-Betrugs und die politischen Entwicklungen lesen Sie hier.

Adler Modemärkte

Im Januar 2021 stellten die Adler Modemärkte einen Insolvenzantrag, das Unternehmen kämpfte mit Corona-Einbußen. Ende Juni kündigte der Berliner Mischkonzern Zeitfracht an, die Modekette zu übernehmen. Im Zuge eines Kapitalschnittes auf null und einer anschließenden Kapitalerhöhung soll Zeitfracht alleiniger Gesellschafter von Adler werden.

Die Adler-Gruppe erzielte nach eigenen Angaben im Jahr 2019 einen Umsatz von 495,4 Millionen Euro und einen Nachsteuergewinn von 5,1 Millionen Euro. Gegründet wurde das Unternehmen 1948 als Konfektionsbetrieb in Annaberg (Sachsen).

Kirch-Gruppe

Nach einem jahrelangen Prozessreigen beendete der Bundesgerichtshof 2019 den juristischen Streit zwischen dem Medienunternehmen von Leo Kirch und Verantwortlichen der Deutschen Bank mit der Bestätigung von Freisprüchen. Bereits Anfang 2014 einigte sich die Bank mit den Kirch-Erben auf einen Vergleich und zahlte 925 Millionen Euro.

Kirch hatte 2002 Insolvenz anmelden müssen und machte dafür eine Aussage von Bankchef Rolf Breuer verantwortlich. Dieser hatte in einem TV-Interview in Zweifel gezogen, dass noch jemand Kirch Geld geben werde.

Flowtex

Die Firma aus dem badischen Ettlingen hatte in den 1990er-Jahren mehr als 3.000 Horizontalbohrmaschinen für den unterirdischen Leitungsbau verkauft, von denen die meisten nur auf dem Papier existierten. Das Schneeballsystem flog im Jahr 2000 auf.

Die Gesamtsumme der Gläubiger-Forderungen wurde laut Insolvenzverwalter auf 1,2 Milliarden Euro festgestellt. Etwa 240 Millionen davon sind den Angaben zufolge bereits an die knapp 400 Gläubiger geflossen oder werden noch fließen. Die Insolvenz von Flowtex zog mehr als 120 Ermittlungsverfahren und eine Serie von Straf- und Zivilprozessen nach sich.

Air Berlin

Die Airline war bereits längere Zeit angeschlagen, als Air Berlin 2017 Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellte. Durch eine Bundesbürgschaft konnte der Flugbetrieb zunächst aufrechterhalten werden. Die Flugzeuge wurden an Lufthansa und Easyjet verkauft.

Von der Insolvenz waren fast 9.000 Beschäftigte betroffen, mehr als 6.000 verloren ihren Job. Die Kündigungen der Piloten waren aber rechtswidrig, wie das Bundesarbeitsgericht 2020 feststellte. Doch da Air Berlin schon mit der Zahlung der Insolvenzkosten Schwierigkeiten hatte, gibt es wenig Hoffnung auf Entschädigung für die ehemaligen Mitarbeiter.

Auch vier Jahre nach der Unternehmenspleite ist kein Ende in Sicht: Das Insolvenzverfahren läuft weiter. "Vermutlich ist das Air-Berlin-Verfahren – gemessen an der Zahl der Gläubiger – das mit Abstand größte Insolvenzverfahren der deutschen Wirtschaftsgeschichte", sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters Lucas Flöther. Den aktuellen Stand des Verfahrens finden Sie hier.

Maredo

Die 1973 gegründete Steakhaus-Kette, die schon vor der Corona-Pandemie unter Druck stand, hatte im März 2020 einen Insolvenzantrag gestellt. Zunächst wurde ein Teil der 35 Restaurants geschlossen, die dort beschäftigten Mitarbeiter wurden entlassen.

Im Januar 2021 kam dann das Aus für die verbliebenen 22 Lokale. Weil Maredo keinen Zugang zu den Staatshilfen erhalten habe, sei dem Unternehmen keine andere Wahl geblieben, als allen Mitarbeitern sowie auch alle Mietverträge zu kündigen, hatte Insolvenzverwalter Antoniadis den Schritt begründet.

Anfang Juli 2021 gab Antoniadis bekannt, die Markenrechte von Maredo an einen Investor verkauft zu haben. Bis Jahresende sollen dann in bis zu zwölf Lokalen unter dem Namen "Maredo" wieder Steaks gegrillt werden, unter anderem in Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf. Etwa 300 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.

Woolworth

Die Kaufhauskette Woolworth schrieb in den 2000er-Jahren rote Zahlen und meldete schließlich im April 2009 Insolvenz an. Betroffen waren 9.300 Mitarbeiter. Durch die Übernahme der HH-Holding konnten 158 der 310 Filialen weitergeführt werden. Seit der anschließenden Umstrukturierung wächst Woolworth wieder, im Oktober 2019 eröffnete die 400. Filiale.

Praktiker

Deutschlands drittgrößte Baumarktkette geriet 2013 in Schieflage. Wie t-online damals berichtete, lag das auch an den Rabattaktionen mit dem bekannten Slogan "20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung", die für hohe Verluste an den 310 Standorten sorgten. Betroffen waren 20.000 Mitarbeiter, davon 11.000 in Deutschland.

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Im Ausland werden einige Märkte weiter unter dem Namen Praktiker geführt. So kauften verschiedene Investoren etwa in der Ukraine, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Ungarn und der Schweiz die Märkte und die Namensrechte vor Ort auf. Auf der deutschen Website von Praktiker finden sich mittlerweile Tipps rund ums Thema Do-it-yourself und Heimwerken – und eine Liste der früheren Konkurrenten.

Schlecker

Das Aus der größten deutschen Drogeriekette war ein Drama. Mit den meisten Filialen und dem höchsten Umsatz war das Unternehmen eine Institution. Insgesamt waren 52.000 Mitarbeiter betroffen, davon 23.000 in Deutschland. Bereits im Dezember 2011 waren "massive Liquiditätsprobleme" bei Schlecker festgestellt worden, im Januar folgten dann der Insolvenzantrag und zwei große Schließungswellen. Den Verlauf des ganzen Schlecker-Dramas lesen Sie hier. Das Schicksal der Angestellten, der sogenannten Schlecker-Frauen, bewegte damals viele und wurde sogar verfilmt.

Gegen Schlecker-Gründer Anton Schlecker und seine Familie wurde wegen Verdacht auf Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott staatsanwaltschaftlich ermittelt. Anton Schlecker wurde zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Seine Kinder Lars und Meike wurden nach einem Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof zu jeweils 33 Monaten Haft verurteilt (t-online berichtete). Das Insolvenzverfahren zieht sich übrigens bis heute hin. Lesen Sie hier, was der aktuelle Stand ist.

Arcandor

Als der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor pleite ging, waren 52.000 Beschäftigte betroffen. Neben der Kaufhauskette gehörten auch das Versandhaus Quelle und der Reiseveranstalter Thomas Cook zum Unternehmen. Das Insolvenzverfahren wurde im September 2009 eröffnet.

Quelle verschwand damit gänzlich vom Markt. Der Reiseveranstalter Thomas Cook war bereits 2007 zu 48 Prozent von der MyTravel Group übernommen worden. Ein Bankenkonsortium übernahm nach der Insolvenz von Arcandor ebenfalls über 40 Prozent der Anteile und verkaufte diese an der Börse. Dauerhaft konnte sich das Unternehmen dennoch nicht halten und ging 2019 selbst in die Insolvenz. Der Bund sprang ein, um Reisende zu entschädigen. Lesen Sie hier, wie wenig Geld die Kunden erhielten.

Auch das Tochterunternehmen Karstadt hat mittlerweile Probleme. Trotz Fusion mit dem früheren Konkurrenten Kaufhof läuft es nicht rund. Eine neue Strategie soll es richten: weniger Kleidung und Haushaltswaren, dafür mehr Platz für bürgernahe Services wie Paketschalter, Friseure, Bistros und E-Bike-Stationen (mehr dazu hier).

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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