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So gefährlich sind Kreuzfahrten für Ihre Gesundheit


Schweröl und Luftverschmutzung
So gefährlich sind Kreuzfahrten für Ihre Gesundheit


Aktualisiert am 19.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Eine Fähre in idyllischer LandschaftVergrößern des Bildes
Eine Fähre in idyllischer Landschaft: Kreuzfahrtschiffe durchkreuzen schöne Landschaften – und verschmutzen dort die Luft. (Quelle: azgek/getty-images-bilder)

Seit Jahren steht die Kreuzfahrtbranche wegen ihrer klimaschädlichen Abgase in der Kritik. Doch die Schadstoffe der Riesenschiffe schaden auch unserer Gesundheit.

Wer nach einem Tagesausflug in eine mediterrane Altstadt an Deck eines Luxusliners bei Sonnenuntergang auf die Wellen schaut, macht sich wahrscheinlich nicht bewusst, welcher Gefahr er sich gerade aussetzt: den Abgasen des Schiffes.

Denn viele Kreuzfahrtschiffe fahren mit Schweröl, also Rückstandsölen aus der Raffinerie. Diese enthalten deutlich mehr Schwefel und andere Schadstoffe, zum Beispiel Schwermetalle, als Kraftstoffe, die an Land eingesetzt werden. Damit sind sie eine Gefahr für Klima, Umwelt – und auch für uns. Sind Kreuzfahrtschiffe also gesundheitsschädlich?

Kreuzfahrtschiffe: Feinstaub wie fünf Millionen Pkw?

"Ein Kreuzfahrtschiff verursacht so viel Feinstaub wie fünf Millionen Autos" – mit dieser Aussage sorgte der Naturschutzbund (Nabu) vor einigen Jahren für Aufsehen. Bereits damals zweifelten Experten die Aussage an, mittlerweile haben viele Kreuzfahrtanbieter ihre Emissionen reduziert.

Der Nabu berichtet in seinem "Kreuzfahrtranking 2021" darüber, dass die größten Anbieter auf dem deutschen Markt in den vergangenen Jahren wichtige Schritte zur Reduktion von Emissionen vorgenommen hätten. Aida verbaue beispielsweise Brennstoffzellen und Batteriepakete in ersten Schiffen und auch MSC kündigte entsprechende Pläne an. Solar- und windunterstützte Antriebe stehen ebenfalls in der Diskussion.

Auch Landstrom wird bei Tui, Aida, Hapag-Lloyd und MSC zum Standard. Das berichtet auch CLIA Deutschland (Cruise Lines International Association): 35 Prozent der globalen Kreuzfahrtschiffe seien mit Landstromanschlüssen ausgestattet.

Allerdings: Bisher bieten weniger als 20 Häfen weltweit Landstrom für große Kreuzfahrtschiffe an. Die Politik müsse jetzt so schnell wie möglich die Weichen stellen, betont auch der Nabu, um entsprechende Infrastruktur an den Häfen einzurichten. CO2 würde so reduziert und auch die Luftverschmutzung in den Hafenstädten deutlich verringert.

Abgase sind nicht gleich Abgase

Fest steht: Die meisten Kreuzfahrtschiffe produzieren Schadstoffe, je nach Treibstoff sind die noch einmal zu untergliedern in:

  • Schwefeldioxid (SO2),
  • Stickoxide (NOX),
  • Kohlendioxid (CO2)
  • nicht limitierte Schadstoffe und
  • Feinstaub.

Die Belastung jeder dieser Stoffe für Mensch und Umwelt ist unterschiedlich stark.

Wie gefährlich sind die einzelnen Stoffe für den Menschen?

Der Kreuzfahrtverband schreibt sich auf die Fahnen, dass die CO2-Emission von Urlaubsschiffen gering ist. Das stimmt auch. Im Verhältnis zur Größe und dem Transportgut sind Schiffe ein für das Klima weniger schädigendes Transportmittel. Nur ist der CO2-Ausstoß von Schiffen nicht das einzige Problem. Noch schwerer wiegt der Ausstoß von Stickoxiden und Partikeln.

Das Umweltbundesamt erklärt beispielsweise zu Schwefeldioxid, es reize die Schleimhäute und könne zu Augenreizungen und Atemwegsproblemen führen. Die Emissionen in Deutschland liegen allerdings deutlich unter den Grenzwerten und Gesundheitsprobleme seien nicht zu erwarten. Auf einem Kreuzfahrtschiff, in direkter Nähe zum Ausstoß der Emissionen, kann das anders aussehen.

Abgase von Schiffen können zu vorzeitigen Todesfällen führen

Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO sind Schiffsabgase zudem krebserregend. Besonders die Rußpartikel können Herz und Lunge schädigen. Partikel, also Feinstaub, sind am gefährlichsten für die Gesundheit.

Einer Studie des Umweltbundesamts zufolge konnten demnach 2018 rund sechs Prozent der COPD-Erkrankungen auf eine Feinstaubbelastung zurückgeführt werden. Bei Lungenkrebs waren es sieben Prozent und bei Schlaganfällen sogar elf Prozent. Zehn Prozent der ischämischen Herzerkrankungen sowie der Diabetes-Fälle wurden damals ebenfalls auf Feinstaub zurückgeführt. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor, es ist aber eine positive Entwicklung zu erkennen: Die Erkrankungen durch Feinstaubbelastung sind zwischen 2010 und 2018 bereits zurückgegangen.

Besonders von der zusätzlichen Belastung durch die Kreuzfahrtschiffe betroffen sind in Küsten- und Hafenregionen lebende Menschen. Und auch, wer wochenlang mit einem Luxusliner umherreist und an Deck flaniert, atmet die schädlichen Emissionen direkt ein.

Das Umweltbundesamt erklärt, dass 2018 in der Gesamtbevölkerung in Deutschland mehr als 290.000 gesunde Lebensjahre durch Feinstaub verloren gegangen sind. Im Jahr 2020 seien rund 18 Prozent der Deutschen direkt Feinstaubkonzentrationen ausgesetzt gewesen, die über dem WHO-Richtwert lagen.

Feinstaub wird beispielsweise von Kraftfahrzeugen, Kraftwerken sowie Öfen und Heizungen in Wohnhäusern ausgestoßen – und eben auch von Schiffen.

Luxusliner als Schwefelschleudern

Schiffsmaschinen stoßen zudem in erheblichem Maße das toxische Gas Schwefeldioxid aus. Denn sie werden mit Schweröl angetrieben, das aus den Resten der Erdölverarbeitung besteht.

Diesel für Autos enthält heutzutage nur noch etwa 0,001 Prozent Schwefel, Schweröl für Schiffe enthielt bis 2020 maximal 3,5 Prozent Schwefel, seither wurde der Grenzwert weltweit auf 0,5 Prozent gesenkt. Das ist zwar immer noch deutlich mehr als bei einem Diesel-Fahrzeug, aber deutlich weniger, als zuvor.

Kreuzfahrtschiffe müssen auf alternative Energien umsteigen

Unabhängige Experten sind sich einig: Schweröl hat keine Zukunft. Eine Alternative ist verflüssigtes Erdgas, weil dabei beispielsweise kaum Feinstaub anfällt. Dazu wird Erdgas auf -160 Grad Celsius abgekühlt, bis es flüssig ist. Es wird liquefied natural gas genannt und LNG abgekürzt.

Doch auch dabei gibt es einen Haken: Bei der Verbrennung entstehen wiederum Stickoxide, die mit Katalysatoren reduziert werden müssten. Auch eine vollständige Landstromversorgung, bei der im Hafen liegende Schiffe extern mit Strom versorgt werden, ist in der Planung, aber sehr aufwendig.

Der Verband für Elektroschiffe lehnt Diesel-Fahrgastschiffe ab. Er setzt sich dafür ein, dass Elektroschiffe auf deutschen Binnengewässern eingeführt werden. Konkret fordert der Verband vor allem die nötige Infrastruktur für Elektroschiffe, also innerstädtische Steganlagen sowie Ladesäulen.

Die Reedereien haben in den vergangenen Jahren zunehmend im Sinne der Gesundheit und Umwelt gehandelt – wohl auch durch den Druck von Umweltverbänden. Wichtige Schritte wurden bereits getan. Jedoch gibt es ein Problem, das im wahrsten Sinne des Wortes noch weitaus größer ist als Kreuzfahrtschiffe: Containerschiffe. Denn Kreuzfahrtschiffe machen nur etwa ein Prozent der Handelsschiffe aus.

Verwendete Quellen



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