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Neuer Ernährungstrend "Clean Eating" hat auch Risiken


Clean Eating
"Sauberes Essen" ist nicht ohne Risiken

Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 09.02.2018Lesedauer: 4 Min.
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Clean Eating: Gesunde Ernährung kann auch zur Sucht werden. (Quelle: marilyna/getty-images-bilder)

Clean Eating ist in aller Munde. Dabei ist der Ernährungstrend nicht neu. Was man früher "Kochen wie bei Großmutter" nannte, wird heute in Zeiten der Wellnessbewegung nochmal neu erfunden. Das "saubere Essen“ punktet mit regionalen, saisonalen, möglichst frischen und unverarbeiteten Produkten. Doch es hat auch seine Schattenseiten.

Clean Eating geht zu den Ursprüngen zurück. Fastfood, Fertiggerichte, Weißmehlprodukte, Haushaltszucker sowie Zusätze wie Geschmacks-, Farb- und Konservierungsstoffe sind tabu. Auf industriell hergestellte Lebensmittel wird verzichtet. Im Fokus steht eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit frischen Zutaten, möglichst unverarbeitet, am besten in Bioqualität. Vieles wird selbst im Garten angebaut, Brot selbst gebacken und Vorräte selbst eingeweckt.

Alte Ernährungsweise im neuen Gewand

Ganz neu ist das nicht. "Schon seit Jahrzehnten wird diese Art zu essen als ausgewogene und gesunde Ernährungsform empfohlen. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist Clean Eating ein neues Label für eine gesunde Ernährung – aufgepeppt mit dem einen oder anderen modernen Schnickschnack, wie den ernährungswissenschaftlich eher umstrittenen Superfoods oder rohen Speisen sowie einer Vielzahl an Gesundheitsversprechen", sagt Diplom-Ökotrophologin Brigitte Neumann. "Wunder vollbringen kann Clean Eating allerdings nicht. Wer gesund ist, kann das mit Clean Eating bleiben. Wer krank wird, sollte sich nicht der Illusion hingeben, mit Clean Eating Krankheiten heilen zu können."

Clean Eating als Teil eines nachhaltigen Lebensstils

Clean Eating hat aber nicht nur die eigene Gesundheit im Blick, sondern die Jünger des Trends propagieren auch Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Laut der Ernährungswissenschaftlerin steht hinter dem Trend das Bedürfnis, beim Essen alles richtig zu machen. "Mit unserer Art zu leben, betreiben wir Raubbau mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen. Der Wunsch nach regionalen, saisonalen und fairen Lebensmitteln, wenn möglich in Bioqualität, soll diesen Raubbau einschränken", sagt Neumann.

Zu viel Zwang beim Essen verdirbt den Spaß

Doch oft versteckt sich viel Zwang in den Regeln, wie die "saubere" Ernährung auszusehen hat. Und nicht alles, was jemand oder eine Gruppe als "gesünder" und "nachhaltiger" definiert, ist es auch. "Egal, wie wir uns ernähren, immer steckt Chance und Risiko in dem, was wir verzehren", betont Neumann. Wichtig dabei ist, ein gesundes Mittelmaß zu finden.

Dem Körper tut es ohne Frage gut, wenn er nicht tagtäglich mit E-Stoffen, Pestiziden, künstlichen Aromen und anderen chemischen Zusätzen konfrontiert ist. Doch wer zu streng mit sich und seiner Ernährung umgeht, sich nur noch mit einem strikten Regelwerk umgibt und Lebensmittel ständig in gut und böse einordnet, läuft Gefahr, im schlimmsten Fall eine Essstörung zu entwickeln.

Gesunde Ernährung kann zur Sucht werden

"Es ist durchaus möglich, dass der Wunsch nach 'cleanem' Essen zu einer Sucht wird. Mediziner sprechen dann von Orthorexia Nervosa, frei übersetzt: krankhaftes Gesundessen", erklärt Neumann. "Das trifft auf diejenigen zu, deren Gedanken unentwegt um gesundes Essen kreisen und deren Verhalten krampfhaft darauf ausgerichtet ist, nur die als 'sauber' deklarierten Lebensmittel zu verzehren und alles zu meiden, was den oft selbst erstellten Regeln nicht gerecht wird." Dabei geht der Spaß am Essen verloren.

Nicht alles aus dem Supermarkt ist schlecht

Die Lebensmittelindustrie komplett zu verteufeln, ist der falsche Ansatz. Denn sie bietet den Verbrauchern Vorteile."Die Lebensmittel, die wir im Supermarkt, im Discounter oder generell im Lebensmittelhandel erwerben können, unterliegen den Regeln des Lebensmittelrechtes und dürfen weder gesundheitsgefährdend noch anderweitig riskant sein", sagt Neumann und ergänzt: "Zudem punktet die Lebensmittelindustrie bezüglich Hygieneregeln und Haltbarkeit. Das ist ein klarer Vorteil."

Nachteile allerdings seien, dass Aromen häufig den natürlichen Geschmack überdecken und Geschmacksverstärker eine bessere Qualität vortäuschen als tatsächlich vorhanden ist. Hinzu komme, dass die oft vielen Verarbeitungsschritte häufig zu Nährstoffverlusten führen – die dann gegebenenfalls durch Zusätze wieder ergänzt werden. Ein weiterer Nachteil der Lebensmittelindustrie ist laut Neumann zudem der enorm hohe Einsatz von Ressourcen, insbesondere durch lange Transportwege einzelner Zutaten, aber auch durch hohen Verpackungsaufwand oder energieintensive Verarbeitungswege.

"Dirty Eating" nicht verbieten

Doch wie findet der Verbraucher einen gesunden, entspannten und möglichst vielfältigen Ernährungsweg? Es ist die Mischung, die es macht. "Saubere" Lebensmittel dürfen auch mal mit "bösen" kombiniert werden. Essen soll entspannt sein und Spaß machen. Dabei darf es ruhig auch mal "Dirty Eating" sein. "Jeder Tag ist ein neuer Anfang. Wenn ich an einem Tag Dirty Eating lebe, mit Tütensuppe, Fertiglasagne und Schnelldessert aus der Tüte, dann wenigstens bewusst und mit gutem Gewissen. Dann freue ich mich auch wieder auf Gemüsepfanne und Obstsalat", sagt Neumann.

Eigenes Essverhalten immer wieder hinterfragen

Zudem rät die Ernährungsexpertin, das eigene Essverhalten von Zeit zu Zeit dahin zu überprüfen, ob sich nicht doch etwas eingeschlichen hat, bei dem man merkt, dass es einem nicht gut tut oder dass es unnötig Stress und Druck ausübt. Wer dem Trend folgen möchte, muss seinen eigenen Weg finden, wie er sich damit wohlfühlt und sollte sich nicht alleine von Regeln leiten lassen. Nicht jeder verträgt beispielsweise Vollkorn und viel Rohkost ohne Probleme. Und nicht immer ist ausreichend Zeit vorhanden, alles selbst zu machen und sich das nötige Wissen anzueignen, etwa für das Haltbarmachen von Lebensmitteln oder den Gemüseanbau.

Selber machen erfordert viel Zeit und Wissen

"Nur in wenigen Regionen Deutschlands ist der Mutterboden so nährstoffreich, dass Gemüse, Kräuter, Salate, Beeren und Büsche 'einfach' wachsen. Ohne Düngung geht es meist nicht. Wie der eigene Anbau richtig geht, damit es mit der Ernte klappt und Gesundheitsrisiken, etwa durch Schimmel, Pilze oder bestimmte Pflanzenkrankheiten, umgangen werden, muss man erst lernen", sagt Neumann. Hinzu kommt: "Wer auf unbekanntem Boden mit dem eigenen Gartenbau beginnt, sollte vor jeder Arbeit eine Bodenanalyse machen, um einen Überblick über die Schad- und Nährstoffgehalte zu bekommen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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