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Journalistin Xenia Sobtschak will Russland regieren


Gefälschte Kandidatin?
"Russlands Paris Hilton" fordert Putin heraus

Von dpa, t-online, pdi

Aktualisiert am 19.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Die Journalistin Xenia Sobtschak hat ihre Kandidatur bei der russischen Präsidentenwahl im März 2018 erklärt.Vergrößern des BildesDie Journalistin Xenia Sobtschak hat ihre Kandidatur bei der russischen Präsidentenwahl im März 2018 erklärt. (Quelle: dpa-bilder)
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Ist sie eine echte Alternative oder eine vom Kreml gewünschte Kandidatin? Die Moskauer Journalistin Xenia Sobtschak will Präsidentin Russlands werden. Doch in Wahrheit hilft ihre Kandidatur Putin.

Mit einem flammenden Appell für echten Wettbewerb bei den russischen Präsidentenwahlen hat die kremlkritische Journalistin Xenia Sobtschak ihre Kandidatur angekündigt. Junge Leute hätten seit Jahren immer nur dieselben Politiker zur Auswahl, sagte Sobtschak in einem Videoclip auf ihrer Webseite. "Ich bin dagegen. Ich möchte die Möglichkeit zurückbringen, gegen alle zu stimmen", sagte sie.

Beobachter bewerten ihre Kandidatur indes als vom Kreml gewollte Opposition, die liberale und junge Stimmen vereinen und so eine Alternative etwa zum Regierungskritiker Alexej Nawalny sein solle. Die Bewerbung stößt in der Opposition auf Kritik.

Wladimir Schirinowski von der Liberaldemokratischen Partei (LDPR) bezeichnet Sobtschak als "gefälschte Kandidatin" ohne Erfahrung. "Präsidentschaftskandidat sollte ein Mensch sein, der seit Jahren in der Politik ist", sagte der Rechtspopulist der Agentur Tass zufolge. Auch er will bei der Wahl antreten. Der Chef der Kommunistischen Partei, Gennadi Sjuganow, rief den ehemaligen TV-Star Sobtschak auf, die Wahl nicht zur Zielscheibe des Spotts zu machen.

Repräsentative Wahl

Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin ist die Kandidatur Sobtschaks ein Glücksfall. Er hat noch nicht öffentlich gesagt, ob er im kommenden Frühjahr wieder antreten wird, jedoch geht die russische Öffentlichkeit davon aus. Offiziell müssen die Kandidaten bis Dezember aufgestellt werden.

Dass Putin die Wahl gewinnt, bezweifelt niemand. Jedoch braucht der Kreml jemanden, der den Schein-Wahlkampf in Russland aufpoliert, damit genügend Menschen überhaupt zur Wahl gehen, um ihr so einen repräsentativen Charakter zu verleihen. Hier kommt Sobtschak ins Spiel.

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"Als ich 18 war, wurde Wladimir Putin Präsident. Die Kinder, die in diesem Jahr geboren wurden, gehen dieses Mal selber wählen", sagte Sobtschak. Seit fünf Jahren demonstriere sie mit Oppositionellen. Sie habe verstanden, dass das Leben schrecklich werde, wenn niemand versuche, etwas zu ändern. Unabhängige Politiker wie Nawalny würden im Gefängnis sitzen, "und nichts wird sich ändern", sagte sie.

TV-Star und Aktivistin

Die 35-jährige Sobtschak ist die Tochter des früheren St. Petersburger Bürgermeisters Anatoli Sobtschak. Dieser gilt als politischer Ziehvater von Präsident Wladimir Putin. Sobtschak hatte Putin in den 1990er Jahren zu seinem Stellvertreter gemacht.

Bevor Xenia Sobtschak Journalistin wurde, war sie als TV-Star und Glamour-Girl im russischen Boulevard bekannt. Kritiker verspotteten sie als "russische Paris Hilton". Seit Anfang der 2010er Jahre positionierte sie sich zunehmend als liberale Regierungskritikerin. 2012 übernahm sie eine Talk-Show beim Internet-Sender Doschd.

Sobtschaks Kandidatur kommt nicht überraschend. Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, dass eine Frau als Gegenbewerberin zum unausgesprochenen Kandidaten Putin gesucht werde. Auch Sobtschaks Name fiel dabei. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Tass, Sobtschak habe ihre Entscheidung nicht mit dem Kreml besprochen.

Gegenpol zu Nawalny

Das kritische Portal newtimes.ru stufte die Journalistin indes als vom Kreml gewünschte liberale Oppositionelle ein. "Sie soll die Aufmerksamkeit der liberalen Wählerschaft erregen" - und damit auch die Kandidaten der Kommunisten und der Liberaldemokratischen Partei (LDPR) in Schach halten, hieß es.

Bislang haben unter anderem der Rechtspopulist Wladimir Schirinowski von der LDPR sowie Grigori Jawlinski von der liberalen Oppositionspartei Jabloko ihre Kandidaturen erklärt. Beide waren schon mehrfach angetreten. Jabloko ist nicht in der Duma vertreten. Die LDPR hat 39 Mandate, sie gilt als "systemnahe Opposition". Die Kommunistische Partei hat sich noch nicht festgelegt.

Zudem möchte sich der Anti-Korruptions-Aktivist Nawalny auf das höchste Staatsamt bewerben. Die Wahlbehörde will ihn aber wegen einer Bewährungsstrafe nicht zulassen. Erst am Dienstag hatte Wahlleiterin Ella Pamfilowa bekräftigt, dass sich Nawalny wegen der Verurteilung nach derzeitigem Stand erst von 2028 an zur Wahl stellen könne.

Nawalny sieht das anders und fordert das Recht auf eine Kandidatur ein. Er hat landesweit rund 80 Wahlkampfbüros eröffnet und organisiert immer wieder zu Proteste. Derzeit sitzt er wegen des Aufrufs zu einer nicht genehmigten Kundgebung eine Arreststrafe ab.

Sobtschak könnte nach Einschätzung von newtimes.ru auch als ausdrückliche Gegnerin Nawalnys auftreten. "Sie wird Nawalny aus der Position der liberalen Journalistin kritisieren und ihm Führerprinzip und Populismus vorwerfen", schrieb das Portal unter Berufung auf Kremlkreise. In der Zeitung "Wedomosti" schrieb Sobtschak jedoch, sie rufe auch dazu auf, Nawalny zuzulassen.

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