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China-Reise des Kanzlers | Er musste es tun


China-Reise des Kanzlers
Er musste es tun

  • David Schafbuch
MeinungEin Kommentar von David Schafbuch

04.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Olaf Scholz (r.) und Premierminister Li Keqiang: Die China-Reise des Kanzlers war im Vorfeld harsch kritisiert worden.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz (r.) und Premierminister Li Keqiang: Die China-Reise des Kanzlers war im Vorfeld harsch kritisiert worden. (Quelle: IMAGO/Xie Huanchi)

Olaf Scholz musste viel Kritik einstecken für seine Reise nach China. Doch der Kanzler hat das angesprochen, was nötig war. Allein der Versuch war es wert.

Er musste sich eine Menge Kritik anhören, und das zu Recht: Eine gemeinsame Reise mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach Peking soll Kanzler Olaf Scholz ausgeschlagen haben – und flog stattdessen alleine. Obwohl ein deutsch-französischer Auftritt womöglich deutlich mehr Eindruck bei Chinas Präsident Xi Jinping gemacht hätte.

Zudem hatte Xi gerade erst auf dem Parteitag der KP seine Macht zementiert. Und durch die strengen Corona-Regeln konnte der Gastgeber dem Kanzler auch noch einen engen Zeitplan aufdrücken. Musste die Reise nach Peking also wirklich sein?

Ja, musste sie. Denn die großen Krisen und Konflikte lassen sich eben nur durch Dialog lösen, und vor allem kann die Weltgemeinschaft globale Probleme nur mit China lösen. Deswegen muss ein deutscher Kanzler weiterhin mit Autokraten wie Xi Jinping reden. Auch wenn diese Gespräche teilweise schmerzhaft sind.

Für China ist es ein wichtiger Versuch

Fest steht: Der chinesische Propagandaapparat schlachtet den Besuch groß aus. Treffen mit Uiguren oder Oppositionellen? Wenigstens Fragen von Journalisten in der Pressekonferenz? Fehlanzeige.

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Der Kanzler reiste als erster westlicher Regierungschef seit Xis Wiederwahl nach Peking. Statt Macron oder anderen EU-Partnern hatte der Kanzler wie zu besten Merkel-Zeiten Wirtschaftsbosse an Bord.

Auch das dürfte die Chinesen freuen: Denn der Ausbau der Handelsbeziehungen dürfte für Peking das zentrale Ziel beim Empfang des Kanzlers gewesen sein. Regierungschef Le Keqiang griff den Handel bei der gemeinsamen Pressekonferenz als erstes Thema auf.

Ganz anders der Kanzler: Scholz betont, dass China seinen Einfluss auf Russland gelten machen soll. Er sei mit Xi der Meinung gewesen, dass der Einsatz von russischen Atomwaffen in der Ukraine eine Linie überschreiten würde, die laut seinen Worten auch China gezogen hat.

Klare Worte von Scholz

Die Worte von Keqiang waren dagegen zurückhaltender. Doch auch er sprach davon, dass man sich keine weitere Eskalation in der Ukraine leisten könne.

Natürlich sind die chinesischen Ausführungen mit Vorsicht zu genießen. Niemand kann sich sicher sein, dass Xi dem Kanzler nicht heute das eine sagt, um morgen doch das genaue Gegenteil davon zu tun. Die Worte Chinas bleiben ambivalent. Vor einer nuklearen Eskalation warnt auch Russland. Xi könnte jederzeit so viel Druck aus Russland ausüben, dass der Krieg in der Ukraine endet.

Dennoch: Falls Scholz' Worte auch nur ansatzweise bei dem chinesischen Machthaber angekommen sein sollten, hat sich die Reise gelohnt. Putin mag sich daran gewöhnt haben, dass er den ganzen Westen gegen sich hat. Dass ihm auch noch China den Rücken kehrt, kann er sich nicht leisten.

Eine neue Chinapolitik

Doch die angedeutete gemeinsame deutsch-chinesische Linie im Ukraine-Krieg ist nicht der einzige Punkt, den der Kanzler setzt: Eine gewaltsame Aneignung von Taiwan, die Unterdrückung der Uiguren, Chinas zunehmende Abschottungspolitik: All das hat der Kanzler vor der Weltöffentlichkeit angesprochen – teils mehr, teils weniger deutlich.

Es wäre ein Gewinn, wenn Scholz seine Meinung Xi auch hinter verschlossenen Türen klargemacht haben sollte. Denn ähnliche Widerworte dürfte dieser in seinem isolierten Reich wohl schon länger nicht mehr gehört haben.

Was davon übrig bleibt, lässt sich heute noch nicht seriös bewerten. Doch für den Moment war es den Versuch wohl wert. Scholz sollte diesen Kurs jetzt konsequent weitergehen. Eine neue Chinapolitik, die vor allem in eine gesamteuropäische Strategie eingebettet ist, bleibt der Kanzler weiter schuldig. Das muss sich jetzt ändern.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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