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Israel-Gaza: Netanjahu wusste wohl seit 2018 von Hamas-Geldströmen


Hunderte Millionen Dollar
Israel hätte Hamas wohl längst den Geldhahn abdrehen können

Von t-online, mam

Aktualisiert am 16.12.2023Lesedauer: 4 Min.
Hamas Terroristen auf einem Pickup-Truck (Archivbild): Laut Israel haben viele Angehörige der Organisation kapituliert.Vergrößern des BildesHamas Terroristen auf einem Pickup-Truck (Archivbild): Bei ihrem Angriff am 7. Oktober töteten die Terroristen 1.200 Menschen. (Quelle: IMAGO/Majdi Fathi \ apaimages)
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Israelische und US-Beamte sollen wohl bereits weit vor dem Angriff der Hamas die Finanzierungsquelle der Terroristen entdeckt haben. Doch sie unternahmen: nichts.

Seit Wochen geistert sie durch Medien und Regierungsbehörden: Die Frage danach, ob die israelische Regierung, ob die USA, den Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel verhindern hätte können – und damit die Tötung und Verschleppung von mehr als Tausend Zivilistinnen und Zivilisten. Nun enthüllt die "New York Times" mit einer Recherche weitere Details und lässt diesen Verdacht damit erstarken.

Demnach soll es israelischen Geheimdiensten bereits im Jahr 2018 gelungen sein, den mehrere Millionen Dollar schweren privaten Aktienfonds der Hamas aufzudecken – doch machten sie sich diese Informationen offenbar nicht zunutze.

USA und Israels Regierung ignorierten Dokumente wohl

In den vom Computer eines hochrangigen Hamas-Funktionärs gestohlenen Dokumenten sollen Vermögenswerte der Terrororganisation Hamas im Wert von Hunderten Millionen Dollar aufgeführt gewesen sein. Wie israelische und amerikanische Beamte der "New York Times" mitteilen, soll der Fond zu seinem Höhepunkt einen Wert von knapp einer halben Milliarde Dollar gehabt haben. Die israelischen Geheimagenten hätten die Informationen dem Bericht zufolge innerhalb ihrer eigenen Regierung und in Washington weitergegeben.

Wie die "New York Times" unter Berufung auf die Geheimdienstinformationen berichtet, soll die Hamas Bergbau-, Hühnerzucht- und Straßenbauunternehmen im Sudan kontrolliert haben, zwei Wolkenkratzer in den Vereinigten Arabischen Emiraten, einen Immobilienentwickler in Algerien und eine an der türkischen Börse notierte Immobilienfirma.

Die Verantwortlichen in den USA und der israelischen Regierung ignorierten diese Informationen aber offenbar. So soll keines der in dem privaten Aktiendepot aufgeführten Unternehmen je mit Sanktionen seitens der USA oder Israel konfrontiert gewesen sein. Auch soll die Türkei, in der sich das Zentrum des Finanznetzwerks befinde, nie dazu aufgefordert worden sein, dieses zu schließen.

Im Gegenteil: Als die Agenten die Geschäftsbücher im Jahr 2018 entdeckten, habe Israels Premierminister Benjamin Netanjahu die Regierung von Katar sogar dazu ermutigt, Millionen von Dollar an den Gazastreifen zu liefern. Er habe darauf gesetzt, dass das Geld Stabilität und Frieden erkaufen würde und die Hamas mehr mit Regieren als mit Krieg beschäftigt sei.

Millionen Dollar zu brisantem Zeitpunkt

Doch Netanjahu irrte sich offenbar: Dutzende Millionen Dollar sollen aus dem Aktiendepot genau zu diesem Zeitpunkt an die Hamas geflossen sein, als die Terrororganisation sich die Waffen für ihren Großangriff auf Israel kaufte, berichtet die "New York Times". Einem früheren Bericht des US-Mediums von Ende November zufolge soll das bereits mehr als ein Jahr vor dem 7. Oktober der Fall gewesen sein.

Auch davon sollen israelische Behörden gewusst, diese jedoch nicht ernst genommen haben: Demnach berieten israelische Behörden sich zu einem Dokument mit dem Codenamen "Jericho-Mauer", das einen Gefechtsplan der Hamas skizzierte, der dem Angriff am 7. Oktober ähnelte. Doch sie entschlossen sich offenbar diesen zu ignorieren. Mehr dazu lesen Sie hier.

Die Finanzdokumente der Hamas, so schreibt es die "New York Times", wären ein weiterer potenzieller Wegweiser gewesen, um den Terrorangriff zu verhindern. Mit Sanktionen gegen die betreffenden Unternehmen hätte die israelische Regierung mithilfe der USA der Hamas den Geldhahn zudrehen und ihre Angriffspläne damit möglicherweise vereiteln können.

"Das ist etwas, worüber wir uns zutiefst Sorgen machen"

"Alle reden über Versagen der Geheimdienste am 7. Oktober, aber niemand redet über das Versäumnis, das Geld zu stoppen", sagt Udi Levy, ein ehemaliger Chef der Abteilung für Wirtschaftskriegsführung des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad. "Es ist das Geld – das Geld – das es ermöglicht hat", so Levi.

Befürchtet wird nun, dass die Hamas mit dem Aktiendepot weiter Geld machen könnte. "Das ist etwas, worüber wir uns zutiefst Sorgen machen und angesichts der finanziellen Belastung, unter der die Hamas steht, auch damit rechnen", sagte Brian Nelson, Unterstaatssekretär für Terrorismus und Finanzinformationen im US-Finanzministerium. "Was wir versuchen, ist, das zu stören", so Nelson – ein Plan, den die israelischen Ermittler im Bereich der Terrorismusfinanzierung mit ihrer Entdeckung schon im Jahr 2018 erreichen wollten.

Auf den höchsten Ebenen der israelischen und der amerikanischen Regierung konzentrierten sich die Beamten zu diesem Zeitpunkt jedoch darauf, eine Reihe von Finanzsanktionen gegen den das islamische Regime im Iran zu verhängen. Dieses stand damals wegen seines Atomprogramms im Fokus der US-Außenpolitik. Die Hamas gerieten in der Aufmerksamkeit der Beamten dabei ins Hintertreffen. Sie finanzieren sich neben dem Aktiendepot auch durch Geld des islamischen Regimes im Iran, wie Sie hier lesen.

Natanjahu unter Druck

Für Netanjahu kommt die Enthüllung des US-Mediums ungelegen, denn der Druck aus der israelischen Bevölkerung auf ihn wächst angesichts seines Vorgehens: Der Premier konzentriert sich derzeit voll und ganz auf die Bodenoffensive der israelischen Armee in Gaza und damit auf die Bekämpfung der Hamas. Doch noch immer hält diese mehr als Hundert israelischer Geiseln in ihrer Gefangenschaft, drei wurden am Freitag offenbar versehentlich durch israelische Soldaten erschossen – obwohl sie weiße Fahnen getragen haben sollen. Mehr dazu lesen Sie hier und ihm Newsblog zum Krieg in Nahost.

Video | Angehörige trauern nach Tod dreier Geiseln
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Quelle: reuters

Die israelischen Geheimdienste und Sicherheitsbehörden haben sich mittlerweile für die Versäumnisse entschuldigt und dafür, den Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung am 7. Oktober somit nicht verhindert zu haben. Auch Netanjahu gab zu, dass es seine Regierung es versäumt hat, ihr Volk zu schützen. Er werde sich nach dem Krieg schwierigen Fragen stellen und diese beantworten.

Dennoch hat er bislang stets bestritten, dass er die Hamas aus den Augen gelassen habe. Zu der Recherche der "New York Times" habe er sich auf Anfrage nicht äußern wollen.

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