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Südsudan: Teenager vergewaltigen Flüchtlinge


Bürgerkrieg im Südsudan
Schon Teenager vergewaltigen

ap, Rodney Muhumuza

Aktualisiert am 12.06.2017Lesedauer: 4 Min.
Über 1,5 Millionen Südsudanesen sind in den letzten drei Jahren wegen des andauernden Bürgerkriegs aus ihrem Land geflohen.Vergrößern des BildesÜber 1,5 Millionen Südsudanesen sind in den letzten drei Jahren wegen des andauernden Bürgerkriegs aus ihrem Land geflohen. (Quelle: Ben Curtis/ap-bilder)
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Der Bürgerkrieg im Südsudan hat nicht nur Tausende Menschen das Leben gekostet. Unzählige Frauen sind dort auch sexueller Gewalt ausgesetzt. Einige konnten ins Nachbarland Uganda fliehen. Hier versuchen sie, ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten.

Joy Diko erinnert sich noch genau, wie die Regierungstruppen in die Stadt kamen; wie sie plündernd von Haus zu Haus zogen; wie sie überall Mädchen und junge Frauen vergewaltigten, zum Teil über mehrere Tage hinweg. Sie selbst sei unversehrt geblieben, sagt die 60-Jährige. Ihre Tochter aber nicht. Soldaten im Teenager-Alter hätten sie ins Freie gezerrt und sich dort abwechselnd an ihr vergangen, während sie vergeblich um Hilfe geschrien habe.

Das war der Moment, in dem sich Diko entschied, mit ihrer Familie zu fliehen. Inzwischen lebt sie in dem gigantischen Lager Bidi Bidi in Uganda, in dem insgesamt etwa 270 000 Menschen aus dem Südsudan Zuflucht gefunden haben. Auch Dikos Tochter lebt nun hier. Gemeinsam mit Hunderten anderen Frauen, die ebenfalls sexuellen Übergriffen ausgeliefert waren, wird sie notdürftig betreut.

Situation hat "ein unvorstellbares Ausmaß angenommen"

Die Hilfsorganisation International Rescue Committee hat in Bidi Bidi dreizehn Zentren für Opfer von Vergewaltigungen errichtet. Hier können sich die Frauen regelmäßig treffen, sich gegenseitig beraten oder einfach von ihren schrecklichen Erfahrungen berichten, um auf diese Weise vielleicht eines Tages darüber hinwegzukommen. Gleichzeitig lernen sie praktische Dinge für den Alltag im Lager - etwa eine Kochstelle aus Tonerde herzustellen.

Die sexuelle Gewalt im Südsudan habe "ein unvorstellbares Ausmaß angenommen", schrieben Ermittler der Vereinten Nationen kürzlich in einem Bericht. Einige der Betroffenen in Bidi Bidi sagen, dass es ihnen helfe, darüber zu sprechen. Und was sie erzählen, ist erschütternd. "Wir haben gesehen, wie Menschen getötet wurden und wie die jungen Männer manchmal sogar Frauen in meinem Alter zum Sex gezwungen haben", sagt Diko, die im September 2016 über die Grenze kam. "Man hat junge Burschen mit Frauen gesehen, die vom Alter her ihre Mütter hätten sein können."

Vergewaltigungen auf offener Straße

In Dikos Heimatstadt Yei war es bis zum vergangenen August vergleichsweise friedlich gewesen. Doch nachdem in der Hauptstadt Dschuba neue Gewalt ausgebrochen war, verfolgten die Truppen des Regimes den Rebellenführer Riek Machar in Richtung Süden. Während in der Region an der Grenze zu Uganda dann gekämpft wurde, kam es im hier gelegenen Yei zu den wohl schlimmsten Gräueltaten seit Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahr 2013.

Laut einem UN-Bericht vom Mai töteten regierungstreue Soldaten im vergangenen Jahr allein in Yei mindestens 114 Zivilpersonen und vergewaltigten Frauen zum Teil vor den Augen der Familien. Im Laufe des Krieges sollen zwar schon von allen Seiten schwere Verbrechen begangen worden sein. Die Frauen im Flüchtlingslager Bidi Bidi betonen jedoch, dass ihre Häuser von Soldaten mit eingeritzten Narben auf der Stirn überfallen worden seien. Hierbei handelt es sich um ein typisches Kennzeichen der Ethnie Dinka, zu der auch der südsudanesische Präsident Salva Kiir gehört.

Einige Vertreter der Behörden in Dschuba versichern, es seien inzwischen Maßnahmen zur Eindämmung der sexuellen Gewalt getroffen worden. Andere dagegen streiten ab, dass es von Seiten der Regierungstruppen je zu solchen Übergriffen gekommen sei. Dass in dem Bürgerkrieg immer wieder auch ethnische Faktoren eine Rolle spielen, ist dagegen unumstritten. Während die Dinka in der Regel zum Präsidenten halten, unterstützen viele Nuer den Rebellenführer Machar. Andere, kleinere ethnische Gruppen geraten dabei oft ins Kreuzfeuer. Das Flüchtlingslager Bidi Bidi wird überwiegend von Angehörigen der Minderheiten Pojulu und Kuku bewohnt.

Frauen berichten von mehrtägigen Exzessen

Eine 32-jährige Frau in Bidi Bidi wurde nach eigenen Angaben von Dinka-Soldaten festgehalten. Die Männer hätten sie erst gehen lassen, nachdem sie sie mehrere Tage lang vergewaltigt hätten, sagt die Mutter von fünf Kindern. Was aus ihrem Ehemann geworden sei, wisse sie nicht. Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in die Heimat habe sie nicht, da dort noch immer gekämpft werde. Nach ihrer Flucht nach Uganda im September sei bei ihr zudem eine HIV-Infektion festgestellt worden.

Lilian Dawa ist ebenfalls Flüchtling aus Yei, gleichzeitig aber auch die Leiterin von einem der Hilfszentren für Vergewaltigungsopfer in Bidi Bidi. Ihr eigener Ehemann sei im Jahr 2014 von Truppen der Regierung an einen Baum gefesselt und dann erschossen worden, sagt die 25-jährige Mutter eines Kleinkindes. Sie erinnere sich noch gut, wie sie sich im vergangenen Jahr in Yei in ihrem Haus versteckt habe. Aus Angst vor den herumschleichenden Vergewaltigern habe sie sich nicht einmal getraut, im Garten zu arbeiten.

Trotz des eigenen Leids bemüht sich Dawa, anderen Frauen in Bidi Bidi Mut zu machen. Und sie hat auch die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht aufgegeben. "Es ist die junge Generation, die die Zukunft des Südsudans gestalten wird", sagt sie. "Ich glaube, dass wenn alle Südsudanesinnen ihre Kinder in die Schule schicken, dann kann das Klima des Hasses überwunden werden."

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