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Türkei und USA: In Syrien droht ein bewaffneter Konflikt zwischen Nato-Partnern


Streit zwischen USA und Türkei
In Syrien könnten sich bald zwei Nato-Partner gegenüberstehen

Von reuters, dpa, t-online, pdi

25.01.2018Lesedauer: 4 Min.
Kämpfer der Freien Syrischen Armee sichern die von der türkischen Armee besetze Gegend um Azaz: Die USA haben die Türkei wegen Offensive «Olivenzweig» zur Mäßigung aufgerufen.Vergrößern des BildesKämpfer der Freien Syrischen Armee sichern die von der türkischen Armee besetze Gegend um Azaz: Die USA haben die Türkei wegen Offensive "Olivenzweig" zur Mäßigung aufgerufen. (Quelle: dpa-bilder)
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Donald Trump und Recep Tayyip Erdogan sprechen am Telefon über die türkische Offensive in Syrien. Lauten Streit gibt es weiterhin. Die Soldaten beider Länder könnten sich im Norden des Landes bald gegenüberstehen.

Die Nato-Partner USA und Türkei haben in einem Telefonat ihrer Präsidenten Differenzen über das türkische Eingreifen in Nordsyrien nicht ausräumen können. US-Präsident Donald Trump habe seinen türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan zur Zurückhaltung bei der Militäroffensive aufgefordert.

Erdogan müsse jegliche Aktionen unterlassen, durch die es zu einem direkten Konflikt mit US-Soldaten kommen könnte, sagte Trump nach Mitteilung des US-Präsidialamts. Die zunehmende Gewalt in der Region Afrin untergrabe gemeinsame Ziele in Syrien.

Widersprechende Angaben über Telefonat

Die türkische Regierung widersprach dieser Darstellung. Die Präsidenten hätten in dem Telefonat lediglich ihre Meinungen zur Offensive "Olivenzweig" ausgetauscht. Dabei habe Trump keinerlei Sorge über eine Eskalation der Gewalt durch die Militäraktion geäußert, hieß es in türkischen Regierungskreisen.

Einer von Trumps Sicherheitsberatern, Tom Bossert, bekräftigte später allerdings die US-Position nach Zurückhaltung der Türkei. Er sei dafür, dass sich die Türkei zunächst wieder aus Afrin zurückziehe, sagte Bossert. Im Norden Syriens steigt das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der Türkei und den USA.

US-Militär östlich des Kampfgebiets

Die Türkei hat ihre Offensive in Syrien am Samstag mit Luft- und Bodeneinheiten begonnen. Der Einsatz richtet sich gegen die mit den USA verbündeten kurdischen Volksschutzeinheiten YPG in der Region Afrin. Die Türkei sieht die YPG als syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation. Die YPG ist maßgeblich beteiligt am Kampf gegen die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS).

Erdogan droht, den Kampf gegen die YPG auszuweiten auf die Region Manbidsch. Dort haben die Amerikaner Militärpersonal stationiert – anders als im weiter westlich gelegenen Afrin, wo seit mehreren Tagen ein türkischer Luft- und Bodeneinsatz gegen die YPG läuft. Erdogan habe Trump aufgefordert, die Waffenlieferungen an die YPG zu stoppen, sagte ein türkischer Regierungsvertreter. Trump habe erklärt, die USA lieferten den Kurden derzeit keine Waffen und würden die Lieferungen auch nicht wieder aufnehmen.

USA hat sich an "Terrororganisationen geklammert"

Auch der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hat die USA scharf kritisiert. "Ein Land, das wir unseren Partner nennen und mit dem wir jahrelang in der Nato und in der Region zusammengearbeitet haben, hat sich nun an Terrororganisationen geklammert", sagte Yildirim in Ankara. Das sei eine "sehr schmerzliche und fatale Situation" und eine "sehr entwürdigende Sache für Amerika".

Der Sender NTV berichtete, die Türkei habe zusätzliche Truppen an die syrische Grenze geschickt. Yildirim sagte, die Offensive in Syrien gehe wie geplant weiter. Nach neuesten Angaben sollen mehr als 300 gegnerische Kämpfer "neutralisiert" worden sein. Mit "neutralisiert" ist in der Regel getötet gemeint, der Begriff kann aber auch verletzt oder gefangen genommen bedeuten. Die türkischen Streitkräfte hatten die Zahl der "neutralisierten" gegnerischen Kämpfer am Vorabend mit 287 angegeben. Eine Bestätigung der YPG dafür gab es nicht.

Gefechte überschatten Syrien-Gespräche

Ungeachtet der jüngsten Gefechte in Syrien versuchen die Vereinten Nationen in Wien erneut, die Bürgerkriegsparteien wenigstens zu kleinen Schritten Richtung Frieden zu bewegen. UN-Sondervermittler Staffan de Mistura lud die Beteiligten für Donnerstag und Freitag nach Wien ein – zur neunten Runde der Syrien-Verhandlungen. Dort soll wenigstens eine Gesprächsbasis zwischen Rebellen und syrischer Regierung geschaffen werden, um sich dann später dem Fernziel annähern zu können: eine neue Verfassung und freie Wahlen unter Aufsicht der UN.

Bei den bisherigen Treffen kam es nicht zu direkten Verhandlungen der verfeindeten Lager. Jede Gruppe hatte sich nur zu getrennten Gesprächen mit dem UN-Sondervermittler getroffen. Auch diesmal ist nichts anderes zu erwarten. In dem fast siebenjährigen Bürgerkrieg in Syrien sind bislang mehr als 400.000 Menschen getötet worden.

Wenige Tage nach den Syrien-Gesprächen in Wien soll auf Initiative Russlands, der Türkei und des Iran in Sotschi ein "Kongress der Völker Syriens" stattfinden, um eine Nachkriegsordnung zu besprechen. Doch während in Wien Regierung und Opposition vertreten sein werden, ist bisher völlig unklar, wer genau in den russischen Ferienort reist. Viele Regierungsgegner sind gegen die Konferenz. Auch die UN zeigen sich bisher wenig begeistert vom Sotschi-Kongress.

Fakten schaffen auf dem Schlachtfeld

Beide Termine stehen aber unter schlechten Vorzeichen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan lässt seine Armee Krieg führen gegen die YPG. Und schon seit Wochen geht der syrische Präsident Baschar al-Assad mithilfe russischer Luftangriffe in der Provinz Idlib massiv gegen Rebellen vor.

Auf dem Schlachtfeld sollen Fakten geschaffen werden. Besonders Assad glaubt nach den militärischen Erfolgen des vergangenen Jahres an einen Sieg mit Waffen statt mit Worten. Deshalb sind erneut Zehntausende Menschen auf der Flucht. Helfer klagen, sie kämen nicht hinterher, die Vertriebenen bei kaltem Winterwetter mit Unterkunft und Essen zu versorgen. UN-Hilfsorganisationen sprechen von verheerenden Zuständen.

Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian sah die bevorstehenden Gespräche unter UN-Vermittlung trotzdem als "letzte Hoffnung" für eine politische Lösung des Syrien-Konflikts. Er hoffe, dass dort eine "Friedens-Agenda" entworfen werden könne. Es gebe eine beträchtliche Verschlechterung der humanitären Situation in Syrien, sagte er in der französischen Nationalversammlung. Er erwähnte sowohl die Region Afrin, wo die türkische Armee bei einer Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG vorrückt, als auch die Regionen Idlib und Ost-Ghuta, wo syrische Regierungstruppen gegen Rebellen vorgehen.

Quellen:
- dpa, Reuters
- Eigene Recherchen

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