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USA: Pleite bei Gesundheitsreform: Donald Trump steht vor einem Scherbenhaufen


Debakel bei Gesundheitsreform
Die eigene Partei verpasst Trump einen Dolchstoß

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 18.07.2017Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Donald Trump ist mit seiner Gesundheitsreform vorläufig gescheitert.Vergrößern des BildesUS-Präsident Donald Trump ist mit seiner Gesundheitsreform vorläufig gescheitert. (Quelle: imago-images-bilder)
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Der Gesundheitssektor in den USA macht ein Sechstel der Volkswirtschaft aus. Donald Trump hatte Dimension und Komplexität des Aufregerthemas lange nicht erkannt. Jetzt steht er vor einem Scherbenhaufen und der Dolchstoß kam aus der eigenen Partei.

Für Präsident Donald Trump und seine Partei kommt das Versagen einem politischen GAU gleich. Gesundheitsversorgung ist nach allen Meinungsumfragen das Nummer-Eins-Thema für die Amerikaner - weit vor der Russland-Affäre und sogar der Steuerreform. Mindestens vier Vorschläge - jeweils mit unzähligen Modifizierungen - waren im Umlauf. Doch die US-Republikaner kamen zu keinem Ergebnis.

"Obamacare abschaffen und ersetzen!"

Mit dem Scheitern haben die Republikaner in der so wichtigen Frage nach sieben Jahren Vorbereitung in der Opposition und einem halben Jahr unter Trump jetzt den Worst Case heraufbeschworen: Sollte die von McConnell angestrebte Abstimmung über die reine Abschaffung kommen, würden in den nächsten zehn Jahren weit über 30 Millionen Menschen ohne Krankenversicherung dastehen, 18 Millionen schon im ersten Jahr. 19 Millionen sozial Schwache würden bis 2026 ihre Grundversorgung verlieren, rechnete das überparteiliche Congressional Budget Office (CBO) vor. Doch selbst für die Abschaffung, ein Republikaner-Versprechen seit Jahren, findet sich keine Mehrheit.

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Die Republikaner stehen vor einem Scherbenhaufen. Unfähig zum Kompromiss in den eigenen Reihen scheitern sie bei der Umsetzung eines ihrer wichtigsten Vorhaben. "Obamacare abschaffen und ersetzen!" - das war einer ihrer lautesten Schlachtrufe im Wahlkampf. Zu verhasst war ihnen das System, das auch noch den Namen eines Mannes trug, für den der Begriff Klassenfeind aus Sicht vieler Konservativer fast schmeichlerisch klingt. Zu groß ist ihrer Meinung nach der Eingriff des Staates, manche ihrer Wähler stellen sogar die Frage, ob eine staatliche Krankenversicherung nicht auch so etwas wie eine Manipulation an Gottes Schöpfung darstelle.

Republikaner gespalten

Die Niederlage offenbart zwei Probleme. Zum einen gelingt es den Konservativen selbst in den eigenen Reihen nicht, den politischen Spalt zu überwinden, der sich in so vielen Bereichen durch die amerikanische Gesellschaft zieht. Zu verhärtet sind die Fronten, zu groß die Differenzen zwischen den einzelnen Flügeln. Zu zerstritten ist die Partei, zu zerzaust in Grabenkämpfen.

Die Republikaner haben die Mehrheit im Kongress, sie stellen den Präsidenten, aber sie werden ihre alten Probleme nicht los. Im Vorwahlkampf konnten sie sich nicht auf einen Gegenkandidaten zu dem Außenseiter Trump einigen, der Unternehmer setzte sich durch. Sie gewannen mit ihm die Wahl im November, aber der verheerende Zustand der "Grand Old Party" - hat sich nicht geändert.

Unter Obama einte sie zumindest der Zustand des steten Widerstands gegen den demokratischen Präsidenten und der nach ihm benannten Gesundheitsversorgung. Nun, da sie das Weiße Haus zurückerobert haben, können sie sich nicht darauf einigen, was sie bei der Gesundheitsversorgung eigentlich wollen.

Trump bringt Partei nicht auf Linie

Auf der einen Seite des republikanischen Spektrums stehen moderate Senatorinnen wie Susan Collins aus Maine oder Lisa Murkowski aus Alaska. Sie störten sich etwa an den geplanten Kürzungen am Medicaid-System, der Grundversorgung für sozial Schwache.

Auf der anderen Seite stehen sehr konservative Abgeordnete oder Libertäre wie Rand Paul. Ihnen gehen die Einschnitte nicht weit genug - oder besser gesagt: Eine staatliche Pflichtversicherung für Jedermann ist für sie an der Grenze zum Sozialismus. Mit welch harten Bandagen gekämpft wurde, zeigt die Episode um den notorischen Trump-Kritiker John McCain. Der 80-Jährige ließ sich im heimischen Arizona operieren, sprengte mit seinem Fehlen die Abstimmung in Washington, meldete sich aber am Montag gleich mit einem neuen Vorschlag zu Wort.

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Das Scheitern zeigt auch, dass Trump nicht in der Lage ist, die Republikaner auf Linie zu bringen. Trump, der politisch Unerfahrene, hat nur wenig Autorität auf dem "Hill", wie der Kongress in Washington wegen seiner Lage auf dem Capitol Hill genannt wird. Das ist für einen Seiteneinsteiger nicht verwunderlich, aber Trump tat in den vergangenen Monaten öffentlich kaum etwas dafür, das zu ändern.

Das Thema Gesundheit lange völlig unterschätzend, fremdelt er weiterhin sichtlich mit den harten Wirklichkeiten des politischen Systems, dem zähen Zerren um Zugeständnisse. In seinen Äußerungen zur Gesundheitsversorgung ging er nie näher darauf ein, wie diese aussehen soll. Er wiederholte nur gebetsmühlenartig, dass man "Obamacare" abschaffen und ersetzen müsse.

Suche nach Schuldigen

Es gibt Anzeichen dafür, dass er ein politisches Glücksspiel versucht: Trump will nach eigenem Bekunden "Obamacare" durch politisches Aushungern an die Wand fahren lassen - um dann eine Neuregelung anzugehen, mit Hilfe von Demokraten und moderaten Republikanern. Damit würde er den offenen Krieg mit dem konservativen Flügel riskieren. Und ob die derzeit auf Totalopposition ausgerichteten Demokraten mitspielen, ist mehr als fraglich.

In den vergangenen Wochen sendete der Präsident widersprüchliche Signale an seine Parteikollegen. Als die Republikaner im Repräsentantenhaus ihren Gesetzentwurf zu "Obamacare" durchboxten, feierte Trump das gemeinsam mit ihnen im Rosengarten des Weißen Hauses - wohl wissend, dass dieses Paket im Senat keine Chance haben würde. Später wiederum bezeichnete er das Papier als "fies", weil es soziale Härten enthält.

Den republikanischen Senatoren drohte er schließlich damit, dass er "sehr verärgert" sein werde, sollte der Entwurf scheitern. Der Präsident ging damit auf Distanz zu seinen eigenen Parteikollegen, noch bevor es überhaupt zu einer Abstimmung kam. Am Dienstagmorgen ist er auf Twitter bemüht, die Schuldigen auszumachen. Er macht die Demokraten verantwortlich, nimmt aber auch einige der Republikaner in die Pflicht.

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