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Migrationsdebatte bei Anne Will: Expertin macht Söder klare Ansage


Schlagabtausch im TV
Obergrenze für Geflüchtete? Expertin mit klarer Ansage an Söder

Von t-online, aj

Aktualisiert am 25.09.2023Lesedauer: 4 Min.
Victoria Rietig bei Anne Will: "Obergrenze können wir erstmal beiseite tun"Vergrößern des BildesVictoria Rietig bei Anne Will: "Obergrenze können wir erst mal beiseite tun". (Quelle: IMAGO/Jürgen Heinrich)
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CSU-Chef Markus Söder war bei "Anne Will" zum Sticheln aufgelegt. In der Schusslinie stand vor allem Innenministerin Nancy Faeser. Expertin Rietig schaltet sich ein.

Schafft Deutschland eine bessere Migrationspolitik? Wie könnte die aussehen? Über diese Fragen stritten am Sonntagabend die Gäste bei "Anne Will". Reibereien gab es dabei vor allem zwischen Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.

Die Gäste

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und für Heimat
Markus Söder (CSU), Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern
Frank Rombey (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Niederzier/NRW
Victoria Rietig, Leiterin des Migrationsprogramms der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
Isabel Schayani, Journalistin und Moderatorin ARD "Weltspiegel"

Söder befindet sich zwei Wochen vor den Landtagswahlen im Freistaat mitten im Wahlkampf. Bei Will verwies er mit Nachdruck darauf, es brauche eine "Wende hin zu nachhaltiger Migrationspolitik." Für ihn beinhalte diese eine "Integrationsgrenze", machte er deutlich.

Söder beharrt auf "Integrationsgrenze"

Die Zahl von 200.000 Geflüchteten, die er in diesem Zusammenhang nannte, sei eher als "Richtgröße" zu verstehen, so Söder. Wills Nachfrage, ob er dafür sei, das individuelle Asylrecht abzuschaffen, verneinte der CSU-Chef entschieden.

Die "Integrationsgrenze" lasse sich auch so einhalten, erklärte er. Wichtig seien dabei unter anderem stärkere Grenzkontrollen, verminderte Anreize für Geflüchtete beispielsweise beim Bürgergeld, eine "engagierte Rückführung", das Ende von Sonderaufnahmeprogrammen und Abkommen mit den Herkunftsstaaten.

Faeser erklärt Obergrenze für unmöglich

Von einer Obergrenze wollte Innenministerin Faeser nichts wissen. Es gehe immerhin um das "Leid von Menschen", so die Sozialdemokratin. Sie finde es deswegen "schwierig", von einer Obergrenze zu sprechen.

Darüber hinaus verwies Faeser darauf, dass das europäische Recht eine solche Beschränkung in Deutschland sowieso unmöglich mache. So müsse sich die Bundesrepublik beispielsweise an die Genfer Flüchtlingskonvention halten, erklärte die Innenministerin.

Aus ihrer Sicht könne in der derzeit angespannten Lage nur "eine europäische Lösung" helfen, da die Verteilung von Geflüchteten in der EU noch immer ungleich sei. Triloge in Brüssel hätten bereits begonnen, fügte sie hinzu.

Rietig: "Obergrenze können wir erst mal beiseite tun"

Auch die Leiterin des Migrationsprogramms der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Victoria Rietig, hält eine Obergrenze für sinnlos: "Uns ist allen klar, dass der praktische Effekt der Obergrenze gegen null geht", sagte sie. Auch, weil Deutschlands geografische Lage im Herzen Europas liege. "Obergrenze können wir erst mal beiseite tun", so Rietig.

Zudem wolle sie noch eine "Fehlinformationen geraderücken": "Wir haben gehört, sichere Herkunftsstaaten seien ein großer Faktor, um Einwanderungen zu reduzieren." Die Einstufung mancher Staaten als sicheres Herkunftsland sei zwar wichtig, bei einigen anderen wie etwa bei den Maghreb-Staaten jedoch nicht. Aus dieser Region gebe es eine Summe von weniger als 5.000 Asylanträgen. "Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir nicht immer wieder Einzellösungen diskutieren", so die Expertin.

Söder stichelt los

"Mich überzeugt die Debatte hier bislang nicht wirklich", meldete sich Markus Söder zu Wort. "Wir dürfen der AfD nicht die Chance geben, unser Land als nicht mehr handlungsfähig hinzustellen." Dann schoss er gegen Faeser: Er habe den Eindruck, dass bei ihren Aussagen Wahlkampf eine Rolle spiele, so der CSU-Chef. "Wenn man im Bundestag in einer Woche zweimal was Verschiedenes sagt, ist das nicht sehr überzeugend", stichelte er.

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Söder spielte in seiner Kritik an Faeser darauf an, dass die Innenministerin am Mittwoch für die Schleierfahndung – eine verdachts- und anlassunabhängige Personenkontrolle – an den Grenzen geworben hatte. Am Freitag zeigte sie sich dann plötzlich offen für stationäre Grenzkontrollen an der polnischen und tschechischen Grenze, obwohl sie diese Unionsforderung zuvor mehrfach abgelehnt hatte.

Faeser wehrt sich

"Hab' ich nicht!", stellte Faeser klar. "Mir vorzuwerfen, ich würde Wahlkampf machen, finde ich nicht sehr gut bei so einem wichtigen Thema", so die SPD-Frau.

Bei Will stellte Faeser klar, dass sie Schleierfahndung an den Grenzen nach wie vor befürworte und für "sehr wirksam" halte. Mit Blick auf die Schleuserbekämpfung seien zusätzliche stationäre Kontrollen jedoch ebenfalls sinnvoll.

Söder kritisiert Bundeskanzler Scholz

Söder griff weiter an – bat Will sogar einmal um einen "kurzen Einwurf": "Frau Faeser, es geht doch nicht nur um die Ukraine. Ihre Sonderprogramme, die Sie gemacht haben ohne Rücksprache mit den Ländern oder Kommunen, haben einen zusätzlichen Zuwanderungsdruck nach Deutschland gebracht". Faeser hatte zuvor darauf verwiesen, dass Deutschland deutlich mehr ukrainische Flüchtlinge als andere Länder aufgenommen habe.

Söder holte am Sonntag nicht nur gegen Faeser aus. Auch der Bundeskanzler blieb nicht unbescholten. Olaf Scholz müsste mal "ran an das Thema" Migrationsbegrenzung, sich äußern und "Führung zeigen", so der bayerische Ministerpräsident.

Kritik eine Retourkutsche?

"Er hat sich geäußert", verteidigte Faeser ihren Parteigenossen: Bei einer Wahlkundgebung in Nürnberg hatte Scholz am Samstag zusätzliche Maßnahmen in Aussicht gestellt, um irreguläre Migration stärker zu begrenzen.

In der gleichen Rede hatte der Bundeskanzler auch Söder kritisiert mit den Worten: "Jede Woche ein neuer Plan und eine andere Richtung klingt zwar nach Führung, ist aber keine."

Dänemark als Vorbild?

Im Ringen um Lösungen sprach Will am Sonntag auch die rigorose Politik an, die Dänemark und Österreich verfolgen. So halbiere Dänemark beispielsweise Sozialleistungen für abgelehnte Geflüchtete, erklärte Will. Kriminellen Migranten drohe Haftvollzug in einem Gefängnis im Kosovo. "Ist das eine bessere Flüchtlingspolitik?", wollte sie wissen.

Expertin: Vergleich hinkt

Rietig kritisierte den Vergleich Deutschlands mit den beiden Ländern. Der Grund: Österreich und Dänemark seien kleiner, erklärte sie. Außerdem seien dort viele Dinge anders. So hätten die beiden Länder beispielsweise Deutschland als großen Migrationsmagneten als Nachbarn, was die Zuwanderungszahlen eindämme.

Auch die Innenministerin konnte Dänemark keinen großen Vorbildcharakter abgewinnen. Das Land werde seiner Verpflichtung "nicht gerecht", erklärte Faeser.

Bürgermeister ist "fassungslos"

Das letzte Wort hatte am Sonntag der Bürgermeister der 15.000-Seelen-Gemeinde Niederzier in NRW, Frank Rombey: Die Diskussion, die er soeben verfolgt habe, hinterlasse ihn "fassungslos", so der Parteilose.

"Wir haben viel über Abkommen gesprochen, ich hatte mir Lösungen erhofft", erklärte er. Aus Ländern und Kommunen – darunter auch Rombeys – waren zuletzt immer mehr Warnungen vor einer Überlastung gekommen.

Zahl der Asylanträge drastisch gestiegen

Bis Ende August registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl – ein Plus von 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Dazu kommt, dass wegen des russischen Kriegs mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland Schutz suchten, die keinen Asylantrag stellen müssen.

Verwendete Quellen
  • "Anne Will" vom 24. September 2023
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