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ZDF-Talk von Maybrit Illner zur Rente: Die Schicksale berührten


Renten-Talk bei Illner
Angst vor Altersarmut: "Schlimmer ist die Demütigung"

t-online, David Heisig

Aktualisiert am 25.11.2016Lesedauer: 4 Min.
Maybrit Illner: Seit 1999 beleuchtet sie in ihrer Talkshow aktuelle politische Themen.Vergrößern des BildesMaybrit Illner: Seit 1999 beleuchtet sie in ihrer Talkshow aktuelle politische Themen. (Quelle: imago images / Emmanuele Contini)
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Die Große Koalition in Berlin schießt sich auf die Rente ein. Zündstoff bietet das Thema genug. Auch bei Maybrit Illner ging es in ihrem aktuellen Talk um die Rente und die Angst vor der Altersarmut. Dabei berührten persönliche Schicksale mehr als die Antworten der Gäste. Es zeigte sich auch: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen manchmal Welten.

Die Gäste

  • Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz
  • Antonio Brettschneider, Politikwissenschaftler
  • Christoph M. Schmidt, Wirtschaftsweiser
  • Paul Ziemiak (CDU), Vorsitzender der Jungen Union

Der Kern der Diskussion

Wer voll arbeitet, müsse als Rentner mehr haben. Was Ziemiak da sagte, konnte das Podium unterschreiben. Denkbar wäre eine Zusatzleistung zur Grundsicherung, so der Unionspolitiker. Allerdings könne die Rentenkasse nicht alle Probleme des Sozialstaats lösen. Mehr Leistung bedeute auch die Frage, wer das bezahle. Das dürfe nicht zu Lasten der jungen Generation gehen, die bei höheren Beiträgen weniger in der Tasche habe.

Schmidt betonte, die Fehler des Systems lägen in der Vergangenheit, etwa in Problemen, die durch den demografischen Wandel entstanden seien. Das aktuelle Szenario "bald sind wir alle arm" stimme nicht, so Ziemiak. Dennoch: Die Runde konnte nicht von der Hand weisen, dass viele Menschen der jetzigen Rentnergeneration von Armut betroffen sind. "Wer sein Leben lang gearbeitet hat, darf am Ende nicht arm sein", forderte daher Dreyer, wahrscheinlich wohl wissend, dass in vielen Geldbörsen die dicken Scheine fehlen.

Höhepunkt des Abends

Die drei Damen, die Illner eingeladen hatte, konnten davon ein Liedchen singen. Das berührte. Rentnerin Magda Kunkel erzählte, dass sie nach 40 Jahren Arbeit mit 630 Euro Rente zurechtkommen muss. "Schlimmer ist die Demütigung", sagte sie. Etwa wenn sei auf dem Amt um Extra-Unterstützung für neue Schuhe bitten müsse. Die Lebensleistung vieler Rentner werde nicht gewürdigt. Sie war fast den Tränen nah.

Carla Rodrigues-Fernandes arbeitete Teilzeit, um sich um ihr Kind zu kümmern. Sie sei "für das Kinderkriegen bestraft" worden. Die selbstständige Kioskbesitzerin Claudia Kloß-Fricke meinte, die Politik habe den Hang zur Realität verloren. Man denke "in großen Sphären", aber nicht an "den Durchschnittsmenschen". Schade war, dass so viel Wirklichkeit von Illner nicht direkt mit an den Diskussionstisch geladen wurde. Das hätte für Reibung gesorgt. Die Frauen fungierten eher als Stichwortgeber. Mütterrente, Altersversorge von Selbstständigen: Daran konnte man sich abarbeiten.

Aufreger des Abends

So gab es nicht viel Aufregendes. Die Runde war sich in vielen Dingen einig. Zahlengewitter gab es bestenfalls auf der rechten Seite, wo die Experten saßen. Schmidt meinte, die Lage wäre schlimmer "ohne die Agenda 2010". Das versah Brettschneider mit einem dicken Fragezeichen. Die Arbeitslosigkeit hätte nur reduziert werden können um den Preis gedrückter Löhne, so der Fachmann. Es gebe jetzt viele Arbeitnehmer in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Die Arbeitgeber müssten mehr Verantwortung übernehmen, forderte er. Die Doktrin der Wettbewerbsfähigkeit schütze Unternehmer. Schmidt konterte, Arbeitgeber und -nehmer bildeten eine "Leidensgemeinschaft", profitierten voneinander.

Ins Fettnäpfchen trat Ziemiak. "Da treffen wir auf das Leben", konfrontierte Illner ihn mit der Tatsache, dass die Kioskbesitzerin kein Geld für die gesetzliche Rente aufbringen kann. Ziemiak bedauerte die Situation, dass Kloß-Fricke mit wenig Geld auskommen müsse, ihr berufliches Engagement ehrbar sei. Dann riet er ihr jedoch vielleicht perspektivisch etwas Lukrativeres, ohne Kiosk zu machen. Autsch! Ein Raunen ging durch das Publikum. Sie habe "noch nie viel Geld" gehabt, konterte sie. "Ich weiß nicht, wie's ihnen geht", so Kloß-Fricke weiter. Ziemiak wurde da kleinlaut.

Moderatoren-Momente

Für Illner war die Sendung kein großer Brocken. Kein Zoff, nur nüchterne Diskussion. Reiben konnte sie sich nur an Ziemiak. Etwa beim Thema, dass Arbeitgeber die Betriebsrenten nicht mehr garantieren müssen. "Dürfen sich die Unternehmen aus der Verantwortung ziehen?", fragte sie den Jungpolitiker. "Das tun die nicht", echauffierte sich der. Viel werde über staatlich geförderte Modelle ausgeglichen. "Riester funktioniert", so Ziemiak. "Da lachen ein paar", greift die Moderatorin das Gelächter im Studio auf. Vielleicht seien die Erwartungen ja zu hoch gewesen, weicht der Unionsmann aus. Wer auf Riester schimpfe, mache es sich zu einfach. "Meine Frage war eine ganz andere", wies sie Ziemiak an anderer Stelle zurecht. Freunde wurden beide am Abend nicht mehr.

Was schade war

Niemand hätte erwartet, dass Dreyer oder Ziemiak als Politikvertreter den drei Damen entschuldigend um den Hals fallen. Aber ein bisschen mehr Empathie hätte es sein dürfen. Es blieb bei Lippenbekenntnissen, wie unschön deren finanzielle Situation sei. Verbunden mit einem dicken "Aber". Dreyer meinte, die Politik habe schon viel geschafft, Schmidt forderte, nicht alles zu schwarz zu malen. Brettschneider erwähnte, dass die Große Koalition sich immerhin darauf geeinigt habe, die Erwerbsminderung abzufedern. Ein bisschen mehr Hoffnung auf finanziellen Frieden im Alter wäre für den Zuschauer schön gewesen. Einen Ausspruch, wie Norbert Blüms "Die Rente ist sicher", erwartet ohnehin niemand mehr ernsthaft.

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