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Friedrich Merz' Strategiewechsel bei Taurus: was dahinter steckt


Schlagabtausch im Bundestag
Der neue Ton beim Taurus


20.03.2024Lesedauer: 3 Min.
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Friedrich Merz im Bundestag (Archivbild): Die CDU will beim Bürgergeld hohe Einsparungen vornehmen – und Leistungen kürzen.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz im Bundestag (Archivbild): Die CDU will beim Bürgergeld hohe Einsparungen vornehmen – und Leistungen kürzen. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)

In der Rede von Friedrich Merz im Bundestag zeichnete sich am Mittwoch ein überraschender Strategiewechsel ab.

Friedrich Merz runzelt die Stirn, greift nach seiner Mappe und geht Richtung Rednerpult. Gerade hat der Bundeskanzler im Plenum des Deutschen Bundestags seine Regierungserklärung zum Europäischen Rat abgegeben. Jetzt ist der Oppositionsführer dran.

Wer der Union in den vergangenen Wochen zugehört hat, der könnte nun mit einer flammenden Rede für Waffenlieferungen an die Ukraine rechnen. Mit einem Merz, der noch einmal deutlich sagt, dass der Kanzler einen Fehler mache, wenn der sich weigert, Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Aber es kommt anders als erwartet.

In seiner Rede nimmt der CDU-Chef weder "Taurus" noch "Waffenlieferungen" in den Mund. Eigentlich ist es eines der zentralen Themen, bei dem die CDU/CSU die Bundesregierung in den vergangenen Wochen vor sich hergetrieben hat. Gleich zwei Anträge wurden von der Unionsfraktion dazu gestellt. Beide Male ohne Erfolg.

Nun hat Merz die eigenen Reihen dazu aufgerufen, das Thema ruhen zu lassen. Man müsse nicht jede Woche einen Antrag stellen, so der Appell in der Fraktionssitzung am Dienstag. Teilnehmer berichten t-online, Merz habe unterstrichen, dass die Debatte nicht überhöht werden dürfe.

Ein Strategiewechsel in der Kommunikation, wenn man so will. Aber was steckt dahinter?

Unmut im Osten – Abgeordnete und Länderchefs beschweren sich

Tatsächlich beschäftigt das Thema nicht nur die Fraktion, sondern auch die Partei seit einer Weile. Viele haben im Blick, dass die Mehrheit der Deutschen gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern ist. Auch unter den Anhängern von CDU und CSU. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage lehnen dort 60 Prozent der Befragten eine Lieferung ab.

Und während der Wunsch nach einem gemäßigteren Ton bei Waffenlieferungen im Westen offenbar bislang noch im Rahmen geblieben ist, haben CDU-Politiker im Osten mittlerweile auch andere Erfahrungen gemacht. Abgeordnete berichten von der immer lauter werdenden Kritik in ihren Wahlkreisen. Davon, als "Kriegstreiber" beschimpft zu werden.

Auch die Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten sollen Unmut über die offensive Kommunikation der Fraktion geäußert haben, heißt es aus der Partei.

Wie t-online erfuhr, soll Merz dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und dem Thüringer CDU-Chef Mario Voigt vergangene Woche im Rahmen der Gremien schließlich versichert haben, bei dem Thema einen Gang runterzufahren und keine weiteren Taurus-Anträge mehr in der Fraktion zu stellen. Beide dürften mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen massiv unter Druck stehen. Wie t-online aus Teilnehmerkreisen erfuhr, soll Kretschmer diesbezüglich im Präsidium noch einmal Kritik geäußert haben.

Kein Wunder. Immerhin ist die Mehrheit der Ostdeutschen nicht nur gegen mehr Hilfe für die Ukraine, sie befürwortet sogar, weniger Waffen zu liefern. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung und des Progressiven Zentrums hervor, die der "Tagesspiegel" am Mittwoch veröffentlichte. Kretschmer hatte wohl auch deshalb die Europäer vor Kurzem dazu aufgerufen, einen Waffenstillstand anzustreben.

Merz wählt Worte sorgfältig, spricht nur noch von "Unterstützung"

Nun brachte die Fraktion zwar vergangene Woche ihren zweiten Taurus-Antrag in den Bundestag ein. Das muss aber nicht heißen, dass Merz sich nicht an die Absprache mit seinen Länderchefs gehalten hat. Stattdessen könnte es auch daran gelegen haben, dass der Antrag schon länger in Vorbereitung war. Ihn zurückzuziehen, hätte womöglich einen Streit nach sich gezogen. Zwar hatte es auch in der Fraktionssitzung vergangene Woche Wortmeldungen gegeben, mit denen zu einem gemäßigterem Ton in der Debatte aufgerufen wurde und die dem Antrag mit Blick auf die Stimmung in der Heimat kritisch gegenüberstanden. Allerdings vertrat die Mehrheit der Fraktion die Meinung, man könne die Ampel dadurch weiter spalten. Darüber hinaus sind nun keine weiteren Anträge in Planung.

Und auch an diesem Mittwoch ist während der Rede des Oppositionsführers ein deutlich anderer Ton erkennbar, als man ihn bisher vernommen hat: Merz spricht über den Zusammenhalt der Nato, über die europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Über Migrationsabkommen und Entschließungsanträge zum Antisemitismus. "Und dann schließlich die Ukraine", sagt Merz gegen Ende seiner Rede. Es dürfe keinen Zweifel daran geben, dass Deutschland weiter Unterstützung liefere. "Friedfertigkeit kann das Gegenteil von Frieden bedeuten", so der Oppositionsführer.

Gemeint sind die Äußerungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, der in einer Rede vergangene Woche vom "Einfrieren" des Krieges gesprochen hatte. Merz kritisiert ihn scharf. Weist darauf hin, dass es auch bei Grünen und FDP "eisiges Schweigen" zu Mützenichs Worten gegeben habe. Merz mahnt, dass solche Debatten nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und Moskau verfolgt würden. Putin dürfe nicht das Gefühl bekommen, er müsse den Krieg nur lang genug aussitzen.

Dann spricht er von weiterer "Unterstützung", "alles, was die Ukraine braucht", fordert Merz. Was genau? Das sagt er – wohl bewusst – dieses Mal nicht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Forsa Umfrage zu Waffenlieferungen für RTL/ntv
  • Tagesspiegel: Befragung zur Europawahl: Mehrheit im Osten für geringere Unterstützung der Ukraine
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