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Steinmeier: "Deutschland ist ein Anker der Hoffnung"


Steinmeier will Demokratie verteidigen
"Deutschland ist ein Anker der Hoffnung"

dpa, afp, Thomas Lanig

12.02.2017Lesedauer: 3 Min.
Der neue Bundespräsident Deutschlands nach seiner Wahl.Vergrößern des BildesDer neue Bundespräsident Deutschlands nach seiner Wahl. (Quelle: ap-bilder)
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Alles ist gut gegangen. Die Erleichterung kann niemand übersehen. 931 Stimmen, immerhin. Unverzüglich, fast hastig, eilen Kanzlerin Angela Merkel und Noch-SPD-Chef Sigmar Gabriel mit Sträußen zu Frank-Walter Steinmeier, um ihm zur Bundespräsidentenwahl zu gratulieren. Tosender Beifall von den Rängen. Dann grätscht Bundestagspräsident Norbert Lammert noch einmal dazwischen: Steinmeier müsse die Wahl erst annehmen, bevor es Glückwünsche geben könne. Das geschieht dann auch, und alles hat seine Ordnung.

103 Enthaltungen, vermutlich vor allem aus der Union, trüben das Ergebnis zwar ein wenig. Aber Merkel und Gabriel und vor allem der neu gewählte Bundespräsident selbst können zufrieden sein.

Merkel jedenfalls steht zu ihrer Entscheidung für Steinmeier, auch wenn nicht alle in der Union mitgegangen sind. "Ich traue ihm zu, dass er unser Land durch diese schwierigen Zeiten in seiner Funktion sehr gut begleiten wird", sagt sie.

Deutschlands Rolle in "stürmischen Zeiten"

Das kann man auch als Hinweis auf die geringe Macht des Bundespräsidenten lesen. Aber Steinmeier ist in Aufbruchstimmung. "Ihr macht mir Mut", ruft er den Mitgliedern der Bundesversammlung zu. Ein bisschen laut und ein bisschen vorhersehbar ist seine kurze Rede, dass er "Mutmacher" in schwierigen Zeiten sein wolle, hat er schon mehrfach betont.

Und ohne ein Wort zum neuen US-Präsidenten Donald Trump, den er als Außenminister einmal "Hassprediger" genannt hat, kann es auch diesmal nicht gehen. Deutschlands Demokratie sei auf dem Fundament des Westens entstanden, sagt Steinmeier. "Und wenn dieses Fundament anderswo wackelt, dann müssen wir umso fester zu diesem Fundament stehen." Dabei betont Steinmeier die Rolle Deutschlands: Das Land sei in "stürmischen Zeiten" für viele Menschen in der Welt zu einem "Anker der Hoffnung" geworden, sagte Steinmeier

In ARD und ZDF sagt Steinmeier später, er sei offen für Gespräche mit Trump. Ob es dazu bald kommt, ist aber ungewiss. Russlands Präsident Wladimir Putin hat ihn schon eingeladen. Sein Vorgänger Joachim Gauck hatte Putin nie besucht. Er könne den Verdacht nicht nachvollziehen, dass Politiker nichts mit dem realen Leben zu tun hätten, sagt er im ZDF. Auch in diesen Interviews gibt sich Steinmeier staatstragend und nüchtern, wirkt ein bisschen erschöpft.

Großer Applaus für Lammerts Trump-Warnung

Mit mehr Pathos spricht dagegen Bundestagspräsident Lammert, der ja auch mehrfach als Bundespräsident im Gespräch war. Er nutzt die Gelegenheit und demonstriert noch einmal sein Talent als Redner. Die meisten der Anwesenden erheben sich Beifall klatschend von ihren Sitzen, als er den neuen US-Präsidenten eindringlich vor Abschottung warnt. Nur die Delegierten der AfD applaudieren nicht.

Fast noch größer ist der Beifall, als Lammert den scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck herzlich verabschiedet. Gauck sitzt in der ersten Reihe der Besuchertribüne, und freut sich sichtlich über das Lob. Neben Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt hat Steinmeiers Ehefrau Elke Büdenbender Platz genommen. Ex-Präsident Christian Wulff und seine Frau Bettina sitzen in der zweiten Reihe.

Der Festtag der Demokratie, wie die Wahl des Bundespräsidenten gerne genannt wird, ist auch die Gelegenheit zur vielfältigen Kontakten - und dazu, auch mal ein Signal zu senden. So geht Kanzlerin Merkel kaum hat sie den Plenarsaal betreten, auf den Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann aus Stuttgart zu.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier parliert derweil mit dem Linken Bodo Ramelow, Regierungschef in Thüringen. Bürgermeister Olaf Scholz aus Hamburg unterhält sich mit CSU-Chef Horst Seehofer - und Fußball-Bundestrainer Jogi Löw, hier als Delegierter der Grünen, legt der Kanzlerin eine Hand auf den Arm. Nur SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz scheint noch ein wenig zu fremdeln. Erst später unterstreicht ein Dreiertreffen mit Merkel und Seehofer in einem Nebenzimmer dann doch seine neue Bedeutung.

Historischer Triumph für Sozialdemokraten

Für die SPD war die Kandidatur Steinmeiers und seine Wahl ein Triumph, wie ihn die Partei lange nicht mehr erlebt hat. Er ist erst der dritte Sozialdemokrat seit 1949, der ins höchste Staatsamt aufsteigt. In der SPD wird sogar der historische Bogen geschlagen bis hin zu Friedrich Ebert, der vor fast genau 98 Jahren - am 11. Februar 1919 - zum ersten sozialdemokratischen Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt wurde.

"Was für ein schöner Sonntag", hatte Gauck vor fünf Jahren nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten ausgerufen, den Schriftsteller Jorge Semprun zitierend. Damals ließ sogar die Sonne die Kuppel des Reichstags erstrahlen. Es war so etwas wie Aufbruchstimmung spürbar.

So einen magischen Moment gibt es diesmal nicht, aber für Steinmeier beginnt die präsidiale Zeit ja erst in einigen Wochen am 18. März. Ob der neue Präsident dann sein Land in schwierigen Zeiten nur begleitet, wie die Kanzlerin es nannte, oder mehr daraus macht, wird sich zeigen.

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