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"Hart aber fair": Lay fordert Verschärfung der Mietpreisbremse


TV-Kritik zu "Hart aber fair"
"Die Grünen entdecken immer irgendwo 'ne Raupe"

t-online, Nico Damm

Aktualisiert am 24.10.2017Lesedauer: 4 Min.
Frank Plasberg im Gespräch mit Caren Lay (Die Linke) und dem Familienvater Thomas Hafner.Vergrößern des BildesFrank Plasberg im Gespräch mit Caren Lay (Die Linke) und dem Familienvater Thomas Hafner. (Quelle: Oliver Ziebe, WDR)
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Die Große Koalition hat das Problem der hohen Mieten nicht gelöst – da waren sich die Gäste bei "Hart aber fair" einig. Und erarbeiteten eine Wunschliste für die kommende Regierung.

Die Gäste

  • Alexander Graf Lambsdorff (FDP, Präsidiumsmitglied, MdB)
  • Thomas Hafner (Familienvater, der eine bezahlbare Wohnung in Frankfurt sucht)
  • Gerhard Matzig (Architektur-Journalist)
  • Klaus-Peter Hesse (Geschäftsführer ZIA, Zentraler Immobilien Ausschuss)
  • Caren Lay, (Die Linke, stellvertretende Parteivorsitzende, MdB)

Das Thema

Vor allem in Großstädten ist es keine Seltenheit mehr, wenn 500 oder 600 Menschen zur Massenbesichtigung einer Wohnung kommen. Nicht nur Menschen mit geringem Einkommen, sondern auch Durchschnittsverdiener zahlen oft rund ein Drittel ihres Einkommens direkt an den Vermieter. Die Mietpreisbremse sollte helfen. Die Sendungsmacher hatten recherchiert.

In 13 von 22 Städten in Nordrhein-Westfalen sind die Mieten nach Einführung des Gesetzes sogar gestiegen. Das Problem ist vielschichtig. Denn nicht nur die Politik mischt mit, sondern auch Immobilienspekulanten. Viele Wohnungen werden schlicht als Anlage-Objekt genutzt – und das völlig legal. Strenge Auflagen und eine Vielzahl von Bauvorschriften machen es nicht einfacher, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Plasberg machte sich am Montag die Mühe, die vertrackte Situation zu entwirren und gemeinsam mit seinen Gästen ein Pflichtenheft für die neue Bundesregierung zu schreiben.

Der Frontverlauf

Selten war sich eine Talk-Runde von Beginn an so einig. Zumindest, was die Benennung des Problems angeht: Mit dem Wohnungsmarkt stimmt etwas ganz gewaltig nicht. Das meinte sogar Immobilien-Lobbyist Klaus-Peter Hesse. Der bot eine einfache Lösung an: "Bauen, bauen, bauen." Und: "Mit Regulierung kommen wir nicht weiter." Die Mietpreisbremse wirke nicht, deshalb gehöre sie direkt abgeschafft – und viele hinderliche Bauvorschriften gleich mit.

Lambsdorff argumentierte ähnlich: "Wir brauchen einen neuen Ansatz." Sein Vorbild: Die Niederlanden. Die hätten das Planungsrecht in den letzten Jahren völlig entschlackt, damit schneller gebaut werden kann. Auch dem FDP-Politiker sind die zahlreichen Vorschriften ein Dorn im Auge. "Wir müssen uns Zielkonflikte eingestehen, zum Beispiel Immissionsschutz und Mietpreis." Sprich: Wer niedrigere Mieten will, sollte über Abstriche bei der Qualität nachdenken.

Lay argumentierte da anders: "Wir brauchen eine Verschärfung der Mietpreisbremse und einen Neustart im Sozialen Wohnungsbau." Es gehe ja nicht nur um Menschen, die keine Wohnung finden, sondern auch um die, die schon eine haben: die Rentner zum Beispiel, die nach 30 oder 40 Jahren aufgrund von Mieterhöhungen aus ihrer Wohnung fliegen.

Matzig beklagte die Auswirkungen der horrenden Preise auf das Stadtbild: Städte seien dabei, "klinisch tot zu werden. Das geht so schnell, dabei kann man fast zuschauen". Klinisch tot, weil Häuser zunehmend zur Spekulation und nicht zum Wohnen genutzt würden. Weil der Journalist und Architekt in München keine bezahlbare Wohnung für seine fünfköpfige Familie fand, suchte er sich bewusst ein extrem schmales "Problemgrundstück", auf das ihm ein Architekt ein passendes, außergewöhnliches Haus baute. Das, so wurde schnell klar, ist aber keine Lösung für jedermann. Nur zehn Prozent der Deutschen könnten sich einen Mietpreis von 13 Euro pro Quadratmeter leisten. "Damit entziehen Sie 90 Prozent das Recht auf Wohnen."

Aufreger des Abends

Was tun mit der ungeliebten Mietpreisbremse? Während Hesse sie gerne abgeschafft sähe, würde Lay sie gerne deutlich verschärfen und damit wirksam machen. Deshalb beharkten sich die Linken-Politikerin und der Immobilien-Vertreter nach Kräften. Lay sah zwar "viel zu viele Ausnahmen und Bedingungen" in der Mietpreisbremse. Es sei ein Defizit, dass Mieter nichts einklagen könnten und Vermieter keine Strafen fürchten müssten. Dennoch forderte sie eine Verschärfung und vor allem mehr sozialen Wohnungsbau. Es entstünden 15.000 neue Sozialwohnungen im Jahr, während 50.000 aus der so genannten Sozialbindung fielen, sprich: zu Marktpreisen vermietet werden können.

Für Matzig ist die Bremse zwar ein "schlecht gemachtes Gesetz". Aber: "Sie abzuschaffen ist wie mit einem Bus auf einen Abgrund zuzurasen, festzustellen, dass die Bremse nicht geht und zu entscheiden: Ich baue sie aus!" Da jedes Jahr 100.000 Wohnungen zu wenig gebaut würden, müsste viel mehr passieren. Der Staat stehe durch viele Vorschriften dabei "im Weg". Es gebe aber auch ein Marktversagen: In den Großstädten entstünden Mini-Apartments für Bestverdiener statt Wohnraum für Familien oder kleine, einfache und altersgerechte Wohnungen.

Lacher des Abends

Es werde zu wenig gebaut, beklagte Lambsdorff – auch in seiner Heimatstadt Bonn. Dort allerdings entdeckten die Grünen in der Jamaika-Koalition "immer irgendwo 'ne Raupe oder 'nen Hamster". Und dann könne eben nicht gebaut werden. Ein kecker Spruch und ein kleiner Auftakt zu den laufenden Sondierungsgesprächen auf Bundesebene.

Was übrig bleibt

Ein bedrückendes Gefühl. Heißt die Lösung "bauen um jeden Preis" oder müssen einfach wieder mehr Sozialwohnungen geschaffen werden? Und selbst wenn Letzteres passiert, wer hilft dann Durchschnittsverdienern wie dem Frankfurter Familienvater und Studiogast Thomas Hafner, die keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung hätten, trotzdem aber nichts Bezahlbares finden? Wenn unbürokratischer und billiger gebaut wird, was passiert dann mit dem Schall- und Umweltschutz? Eines ist sicher: Die kommende Bundesregierung hat viel zu tun. Wenn sie denn das Thema überhaupt ernsthaft auf die Tagesordnung setzt.

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