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Algenalarm: Riesiger Blaualgen-Film bedeckt Ostsee


Algenalarm
Riesiger Blaualgen-Film bedeckt Ostsee

Von dpa-tmn, t-online, afp, dpa
22.07.2010Lesedauer: 4 Min.
Ein riesiger Algenteppich in der Ostsee?Vergrößern des BildesEin riesiger Algenteppich in der Ostsee? (Quelle: ESA/ddp)
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Blaualgen vermehren sich jeden Sommer explosionsartig. Mit ihrem hohen Nährstoffgehalt bietet die Ostsee dafür beste Voraussetzungen. Weil es in den zurückliegenden Wochen keine Stürme gab, hat sich jetzt allerdings ein gigantischer Algenteppich gebildet. Noch hält sich die Konzentration der Blaualgen an deutschen Stränden in Grenzen. Doch bei einem weiteren Anstieg drohen Badeverbote, in Usedom stehen bereits erste Warnschilder. Verschaffen Sie sich einen Eindruck über die Algenteppiche in unserer Foto-Serie.

Riesiger Algenfilm auf der Ostsee

Ein riesiger Blaualgen-Film bedeckt die Ostsee, wie Satellitenbilder der Europäischen Weltraumagentur ESA belegen. Mit einer Größe von 377.000 Quadratkilometern sei er der größte, der seit 2005 auf dem Binnenmeer gesichtet wurde, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros, Jochen Lamp, in Stralsund. Der Algenteppich zieht sich nach WWF-Angaben von Finnland bis zur Pommerschen Bucht vor Rügen. Ursachen für die explosionsartige Ausbreitung seien die Hitze, wenig Wind und der hohe Nährstoffgehalt der Ostsee. Nach Angaben Lamps verschärft sich das Sauerstoffproblem in der Ostsee nun noch.

Erste Warnschilder an Usedoms Stränden

Für Badegäste in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern besteht nach Angaben der Behörden kein Grund zur Besorgnis. "Auch die Badestrände im östlichen Teil vor Rügen, Stralsund und Greifswald sind aktuellen Messungen zufolge frei von Blaualgen", sagte die Sprecherin des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, Anja Neutzling. Auf der Haffseite der Insel Usedom waren am Wochenende an vier Badestellen (Quilitz, Balm, Usedom und Pudagla) Warnschilder aufgestellt worden. Noch sind die Konzentrationen nach Angaben des Gesundheitsamtes Ostvorpommerns nicht so hoch, das ein Badeverbot notwendig wäre. Nach Angaben des Instituts für Ostseeforschung in Rostock- Warnemünde (IOW) sind von den Blaualgen derzeit vor allem die nördliche und zentrale Ostsee betroffen - also Gebiete vor Finnland, Schweden, Russland und den baltischen Staaten bis nach Bornholm. Die Angaben des WWF zur Größe des Teppichs konnte das Institut nicht bestätigen. "Die Satellitenbilder werden derzeit ausgewertet", sagte der Mikrobiologe Klaus Jürgens.

Urlauber: bei Gemeinden und Veranstalter informieren

Ostsee-Urlauber sollten sich in den kommenden Tagen bei der Gemeindeverwaltung ihres Ferienortes nach der Qualität des Meerwassers erkundigen. "Die Gemeinden müssten Informationen der Gesundheitsämter über die Badewasserqualität haben", sagte Alexander Bachor vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern in Güstrow. Ob und wann die Blaualgen an den Stränden angespült werden, sei derzeit schwer zu sagen. "Das hängt vor allem vom Wind ab", erklärte Bachor. Für Urlauber, die einen Badeurlaub in potentiell betroffenen Gebieten gebucht haben, gibt es nach Ansicht von Reiserechtsexpertin Eva Klaar von der Verbraucherzentrale Berlin momentan keine Möglichkeit, kostenlos zu stornieren. Ihrer Einschätzung nach sei ein außergewöhnlicher Algenbefall wahrscheinlich als "höhere Gewalt" zu werten und der Veranstalter somit nicht verantwortlich. Zudem ist momentan nicht abzusehen, ob und welche Strände betroffen sind. Klaar rät, die Situation weiter zu beobachten und sich bei Bedenken im Vorfeld beim jeweiligen Reiseveranstalter nach eventuellen Umbuchungsmöglichkeiten zu erkundigen.

Juckreiz und Durchfall durch Algen

Falls sich der Blaualgen-Film bis an die Küste ausbreitet, sollten Urlauber nach Warnschildern Ausschau halten; im Ernstfall sperrt die DLRG bewachte Strände. Wer sich an einem unbewachten Strand aufhält, kann im Vorfeld bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung nach der aktuellen Gefahrenlage fragen. "In erster Linie sollte man natürlich das Baden vermeiden. Kommt man aber dennoch in Kontakt mit den Blaualgen, kann das zu Hautauschlägen mit starkem Juckreiz führen", sagt Bettina Flörchinger vom Centrum für Reisemedizin (CRM) in Köln. Bettina Flörchinger empfiehlt, bei entzündeter Haut einen Arzt aufzusuchen. "Wenn Kinder Wasser schlucken, kann es durch die Blaualgen zu Durchfall und Darmbeschwerden kommen".

Jedes Jahr kommen die Blaualgen

"Blaualgen breiten sich seit Jahrzehnten jeden Sommer in der Ostsee aus." Grund sei die starke Belastung der Ostsee mit Phosphaten, vor allem durch die Landwirtschaft, erläuterte Jürgens. Bei der derzeit ruhigen See seien die Blaualgen besonders gut zu sehen. Ob es aber mehr Algen als in den Vorjahren sind, sei nicht erwiesen. Bei Sturm könnten die Teppiche schnell verschwinden, trotzdem seien die Algen dann immer noch da. Dass sich der Algenfilm vor allem in der Mitte der Ostsee bilde, hänge mit der dort stabilen thermischen Schichtung der Wassersäule zusammen, erklärte Jürgens.

Beobachtungsschiff vor die deutsche Küste

Das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie in Mecklenburg-Vorpommern schickte am frühen Donnerstag morgen ein Beobachtungsschiff vor die deutsche Küste, um Wasserproben zu nehmen. Die Besatzung werde sich an aktuellen Satellitenbildern orientieren und nordwestlich von Rügen auf die Suche nach dem Algenfilm machen, berichtete Katrin Stein vom Landesamt in Güstrow. "Das Beobachtungsschiff ist früh rausgefahren. Es schaut nun gezielt nach den Algen." Ergebnisse sollen am Freitag vorliegen. Der Film müsse nicht ausschließlich aus toxischen Blaualgen bestehen. Ersten Informationen zufolge handelt es sich um für die Ostsee typische Arten der Gattungen Anabaena und Nodularia. "Diese Arten sind potenziell toxisch und können bei Kontakt Hautreizungen hervorrufen", sagte Stein. Zudem könne es beim Verschlucken größerer Mengen zu Magen-Darm-Problemen kommen. "Wirklich gefährdet sind dabei vor allem Tiere, die belastetes Wasser trinken." Trotzdem empfehlen die Behörden, bei sichtbaren Blaualgenbefall nicht zu baden.

Umweltschutz muss verbessert werden

Der WWF warf den Ostseeanrainer-Staaten angesichts der Algenexplosion Halbherzigkeit im Umweltschutz vor. Zum einen beschlössen die Staaten ehrgeizige Ziele zum Stopp des Nährstoffeintrags, heizten die Überdüngung aber weiter an. So sei in Schweden die Düngemittelsteuer abgeschafft worden. In Mecklenburg- Vorpommern wurde das Landeswassergesetz geändert. Statt bis auf sieben Meter Abstand dürfe jetzt bis auf einen Meter an Gräben und Bäche heran gedüngt und gespritzt werden, sagte Lamp. Über diese Gewässer gelangten die Nährstoffe ins Meer.

Und auch vor der Bretagne sind wieder Algen

Jedes Jahr tauchen sie auch hier wieder auf: Die Algen vor der Bretagne in Frankreich. Wie die französische Zeitung "Le Figaro" berichtet, sind bereits 25.000 Kubikmeter der grünen Masse eingesammelt worden. In der Bretagne kennt man das Algenproblem bereits. Am schlimmsten hat es den Norden des Departements Finistère erwischt. Problematisch ist besonders, dass von den Algen eine Gefahr für die Gesundheit ausgeht. Wenn sie verrotten, entstehen giftige Gase.

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