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WM 2014: Taktik-Experte Christian Titz warnt vor Ghana


Experte warnt: "Ghana nicht unterschätzen"

Von t-online
18.06.2014Lesedauer: 4 Min.
Ghanas Andre Ayew (li.) und Kevin-Prince Boateng im Spiel gegen die USA.Vergrößern des BildesGhanas Andre Ayew (li.) und Kevin-Prince Boateng im Spiel gegen die USA. (Quelle: Fotoarena international/imago-images-bilder)
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Die deutsche Nationalmannschaft hat einen wahren Traumstart in die WM hingelegt: Portugal wurde mit 4:0 aus dem Stadion geschossen, die Taktik von Bundestrainer Joachim Löw ist voll aufgegangen und Thomas Müller scheint bereits nach einer Partie im Fußball-Olymp angekommen zu sein. Doch jetzt wartet Ghana auf das Team um Kapitän Philipp Lahm, eine durchaus heikle Aufgabe. Aus diesem Grund hat sich Taktik-Experte Christian Titz den nächsten Gegner der DFB-Elf genau angesehen. Der 43-jährige Fußball-Lehrer warnt eindringlich davor, die Afrikaner zu unterschätzen - zeigt aber auch auf, wo Kevin-Prince Boateng und Co. verwundbar sind.

Das Interview führte Mark Weidenfeller

t-online.de: Herr Titz, die deutsche Nationalmannschaft wurde nach der Gala gegen Portugal von der ganzen Welt gelobt, die Taktik von Joachim Löw gefeiert. Wie hoch fällt der Sieg gegen Ghana aus?

Christian Titz: Wir sollten auf keinen Fall den Fehler machen und dieses Spiel schon jetzt als gewonnen abhaken. Klar hat gegen Portugal vieles sehr gut geklappt. Vor allem das frühe Stören des Spielaufbaus und die defensive Grundordnung gegen Ronaldo waren nahezu perfekt. Aber Ghana ist eine sehr spielstarke Mannschaft, die schon jetzt mit dem Rücken zur Wand steht und unbedingt gewinnen muss.

Das 4-3-3-System der DFB-Elf hat hervorragend funktioniert. Muss gegen Ghana überhaupt etwas verändert werden?

Prinzipiell spielt es der deutschen Mannschaft natürlich in die Karten, dass Ghana offensiv agieren muss. Das eröffnet Räume, die die pfeilschnellen Offensivspieler um Thomas Müller, Mesut Özil oder Mario Götze ausnutzen können. Das Spiel gegen Portugal hat wieder einmal eindrucksvoll bewiesen, dass die DFB-Elf eine der konterstärksten Mannschaften der Welt ist. Das schnelle Umschalten nach vorne ist eine echte Waffe. Und für diese Spielweise ist das 4-3-3-System prädestiniert. Viel umstellen muss der Bundestrainer also tatsächlich nicht.

Können Sie noch einmal erklären, was die Vorteile dieses Systems sind?

Da gibt es zwei Hauptaspekte. Zum einen können die drei Offensivspieler durch geschicktes Zustellen der Räume und gezieltes Anlaufen der Abwehrspieler den Spielaufbau des jeweiligen Gegners lenken. Das ermöglicht dem zentralen Dreieck aus Toni Kroos, Sami Khedira und Philipp Lahm, sich optimal zu stellen und in Zusammenarbeit mit den zweikampfstarken Außenverteidigern die ballführenden Gegenspieler zu doppeln und die Angriffe somit schon möglichst früh zu unterbinden.

Und dann geht es schnell nach vorne?

Richtig, die Offensive ist der zweite Punkt. Kroos und Lahm haben gegen Portugal weit mehr als 80 Pässe gespielt und somit ganz klar die Spielkontrolle übernommen. Dazu kommen dann mit Özil, Götze und Müller drei technisch blitzsaubere Offensiv-Kräfte dazu, die ständig rochieren und mit kurzen schnellen Aktionen für Überraschungen und jede Menge Gefahr sorgen. Genauso gut kann allerdings auch mal das Tempo rausgenommen und dem Gegner die Initiative überlassen werden. Die DFB-Elf hat das Spiel gegen Portugal zwar kontrolliert, hatte aber überraschender Weise gerade einmal 51 Prozent Ballbesitz. Das spricht dafür, dass der richtige Mix gefunden wurde, um den Gegner auch mal zu locken und neben der Ball- und Spielkontrolle auch in Kontersituationen zu kommen.

Ghana hat hingegen den richtigen Mix noch nicht gefunden und das erste Gruppenspiel gegen die USA mit 1:2 verloren. Gibt es trotzdem etwas, auf das die DFB-Elf aufpassen muss?

Definitiv. Vor allem die rechte Seite der Ghanaer mit Christian Atsu, der immer wieder den Weg nach innen gesucht hat, und Asamoah Gyan, der enorm stark bei Pässen in die Tiefe ist, hat eine besondere Qualität. Hier ist dieses Mal Benedikt Höwedes gefragt, der im Zusammenspiel mit Kroos und Götze möglichst früh doppeln und für klare Verhältnisse sorgen sollte. Aber auch Kevin-Prince Boateng und Michael Essien, die gegen die USA für mich völlig überraschend auf der Bank gesessen haben, oder Sulley Muntari können dem Spiel ihren Stempel aufdrücken und mit Diagonalbällen oder Tempodribblings für Unruhe sorgen.

Im Vergleich zu den Aufgaben gegen Cristiano Ronaldo und Co. klingt das dennoch alles machbar.

Das deutsche Team sollte Ghana aber auf keinen Fall unterschätzen. Die Partie gegen die USA ist durch das ganz frühe und das ganz späte Gegentor denkbar ungünstig gelaufen. Ghana war mit 22:8 Torschüssen und über 60 Prozent Ballbesitz die klar spielbestimmende Mannschaft. Die Truppe von Jürgen Klinsmann hat hingegen mit einfachsten fußballerischen Mitteln, mit Leidenschaft und taktischer Disziplin dagegengehalten. Das kann auch mal reichen, aber das war enorm glücklich. Und nur auf Glück wird Joachim Löw mit Sicherheit nicht bauen wollen.

Wo sollte er denn stattdessen ansetzen? Wo liegen die Schwachstellen von Ghana?

Die ganz große Schwachstelle ist eindeutig die linke Abwehrseite, hier muss die DFB-Elf Druck machen. Im Gegensatz zum Spiel gegen Portugal sollte sich sogar Jerome Boateng vermehrt in die Angriffe einschalten, um auf dem rechten Flügel Überzahl zu schaffen und in den Rücken der Abwehr zu kommen. Und dann ist Ghana natürlich anfällig bei schnellen Gegenstößen. Deswegen ist es sicherlich auch eine Variante, den Ghanaern ab und zu den Ball absichtlich zu überlassen, sie zu locken und so Räume zu schaffen. Was die deutsche Offensive leisten kann, wenn genug Platz da ist, haben wir ja gegen Portugal gesehen.

Gibt es denn eigentlich im deutschen Team Verbesserungsbedarf – oder war das Spiel gegen Portugal schon das Maximum?

Es gibt natürlich immer kleine Schrauben, an denen man drehen kann. Der Abstand zwischen den Ketten war beispielsweise nicht optimal, hier könnte noch mehr Kompaktheit rein. Zudem sollten Özil und Götze noch öfter in die Zentrale ziehen und von dort aus mit ihren technischen Fähigkeiten Torchancen kreieren. Wenn das gelingt, wird es für jede Mannschaft auf der Welt schwierig, gegen Deutschland zu bestehen.

Mehr Informationen zu Christian Titz, der schon bei großen Vereinen wie Bayer Leverkusen, Schalke 04 oder Ajax Amsterdam hospitierte und den FC Homburg als Chefcoach 2012 in die Regionalliga Südwest führte, finden Sie bei Facebook (www.coaching-zone-portal.de) und seinem YouTube-Channel (https://www.youtube.com/watch?v=unV1795mTkA).

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