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"Flieg, Albatros, flieg": Wie Michael Groß 1984 zur Olympia-Legende wurde


Wie Groß zur Olympia-Legende wurde
"Fliiiieg, Albatros, fliiiieg"


25.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Spannweite 2,13 Meter: Michael Groß (hier bei seinem Erfolg über 100 Meter Schmetterling) trumpfte auch dank seiner beeindruckenden Körpermaße bei den Olympischen Spielen 1984 groß auf. (Quelle: imago sportfotodienst/imago)

Zwei Wochen im Sommer 1984 machten Michael Groß zu einem deutschen Sportidol. Dabei verlor er bei den Olympischen Spielen in L.A. das Rennen, in dem er als sicherer Sieger galt.

"Fliiiieg, Albatros, fliiiiieg" – auf den letzten Metern des olympischen Schwimmrennens über 200 Meter Schmetterling schreit sich ein junger Sportkommentator die Seele aus dem Leib.

Die Dramatik der Ereignisse im Wasser macht das umso nachvollziehbarer. Michael Groß, Weltmeister, Weltrekordhalter und der große Favorit, verliert auf der dritten Bahn des olympischen Schwimmstadions seine eigentlich klare Führung und wird auf den letzten Metern vom auf der Außenbahn herannahenden 17-jährigen Australier Jonathan Sieben eingeholt. Eine der größten Überraschungen der olympischen Schwimmgeschichte ist perfekt.

Denn Groß, der aufgrund seiner Größe von 2,01 Metern und seiner Armspannweite von 2,13 "Albatros" genannt wird, ist in der Schwimmwelt nicht irgendwer. Der damals 20-Jährige hatte sich in den Tagen zuvor im Becken des McDonald's Swim Stadion in Los Angeles zum Star der Olympischen Spiele 1984 geschwommen.

Der bekannteste Satz in Wontorras Journalistenleben

"Er war der große Favorit und man dachte: Wenn Gold, dann in diesem Rennen. Dann kam plötzlich ein totaler Außenseiter auf und Groß wurde im Prinzip immer langsamer. Deshalb war es von mir aus der Emotion heraus eine Anfeuerung", blickt Kommentatoren-Legende Wontorra über drei Jahrzehnte später bei "Meinsportradio.de" auf den bekanntesten Satz seines Journalistenlebens zurück.

Geholfen hat seine legendäre Anfeuerung zwar nicht, sie hat sich allerdings ins kollektive Gedächtnis der Sportnation gebrannt – und Groß endgültig zu einer Legende gemacht. 2019 wurde der Ausspruch "Flieg, Albatros, flieg" sogar auf einer Briefmarke verewigt.

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Und das, obwohl der hochfavorisierte Groß am Ende lediglich Zweiter wurde – was in seiner erfolgreichen Karriere mit insgesamt 21 Titeln bei WM, EM und Olympia, zwölf Weltrekorden sowie vier Auszeichnungen als Sportler des Jahres fast als Randnotiz durchgehen kann.

"Das war schon eine kolossale Überraschung. John Sieben ist das Rennen seines Lebens geschwommen. Er war vorher und danach nicht so schnell. Aber das ist halt Schwimmen", blickt der 2,01 Meter große Offenbacher heute auf diesen Tag im August 1984 zurück.

Gehadert hat Groß mit dem Rennen allerdings nicht. "Meine Leistung stimmte, ich konnte mir überhaupt nichts vorwerfen", konstatiert er. Denn: Groß unterbot auf den 200 Metern sogar seinen eigenen Weltrekord. Doch Sieben war eben noch schneller.

"Dass man bei so einem Once-in-a-lifetime-Moment eines anderen Schwimmers dabei sein konnte, war toll. Wir sind bis heute in Kontakt. Weil diese Erinnerung uns verbindet", sagt Groß.

40 Jahre später kann er sich immer noch genau an den Rennablauf erinnern. "Ich war am Ende total platt. Und er hat hinten raus seinen Vorteil ausgespielt", so Groß. Siebens großer Trumpf auf den letzten Metern: seine Körpergröße von 1,74 Metern. "Er ist für einen Schwimmer ziemlich klein und hat das Ganze am Ende über die Frequenz gepusht. So sind halt die Australier. Das sind totale Fighter. Und er hat einfach den Kopf zwischen die Arme gesteckt und los ging's."

"Wenn ich die Technik verliere, bin ich wie eine Wand im Wasser"

Groß konnte mit seinen über zwei Metern Körpergröße und einer Armspannweite von 2,13 Metern nicht mehr gegenhalten. Der 30-fache deutsche Meister erklärt: "Da bin ich nicht ganz so flexibel, weil ich einen sehr ausgreifenden Armzug habe und beim Endspurt auf meine Technik vertrauen muss. Wenn ich die verliere, bin ich wie eine Wand im Wasser. Deswegen habe ich am Schluss nicht mehr zulegen können."

Dass Groß das Rennen auch damals schon so reflektiert einschätzte, hat sicher auch damit zu tun, dass er zuvor bei einer ähnlichen Entscheidung schon einmal das Glück auf seiner Seite hatte – und in L.A. zudem ordentlich Edelmetall ergatterte.

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Michael Groß (Quelle: Eventpress Radke via www.imago-images.de/imago)

Michael Groß

In den 1980er-Jahren holte der Ex-Schwimmer dreimal Olympia-Gold und wurde als "Albatros" international bekannt. Danach machte er seinen Doktor in Philologie und arbeitete als Journalist. Mittlerweile ist Groß Buchautor, Unternehmensberater und Coach für Führungskräfte.

Beispielsweise über 200 Meter Freistil, die der viermalige deutsche Sportler des Jahres souverän in Weltrekordzeit gewann. "Das war schon das i-Tüpfelchen auf der Karriere", blickt er heute auf sein erstes olympisches Goldrennen zurück.

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Nur einen Tag später gewann er völlig überraschend Gold über 100 Meter Schmetterling gegen den hochfavorisierten US-Boy Pablo Morales. Später bezeichnete er es als das Rennen seines Lebens, denn die Konstellation war ähnlich wie gegen Sieben: "Das war für Pablo super frustrierend. Denn er wäre Weltrekord geschwommen, wenn ich nicht noch schneller gewesen wäre."

Doch nur etwa 100 Minuten später ereilte den "Albatros" das nächste Wechselbad der Gefühle, als die deutsche Staffel über 4x200 Meter die Goldmedaille denkbar knapp an die USA verlor.

"Wir waren viereinhalb Sekunden schneller als unser eigener Weltrekord – also über eine Sekunde. Unglaublich. Acht Minuten vorher hätte ich nie gedacht, dass wir das schwimmen könnten", konstatiert Groß, der in der Staffel sogar schneller schwamm als einen Tag zuvor bei seinem Gold-Weltrekord.

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Doch am Ende war die US-Staffel einen Wimpernschlag schneller, was neben neuem Weltrekord auch Gold bedeutete. "Die waren nur vier hundertstel Sekunden schneller. Das ist natürlich Glück. Das war ziemlich frustrierend, denn so knapp an Gold vorbeizuschwimmen, ist schon eine ziemliche Niederlage", gesteht Groß.

Bis heute wurmt ihn diese Staffel-Niederlage also deutlich mehr als das eingangs erwähnte Duell mit Sieben. Denn diese zwei Wochen im Juli und August 1984 machten Groß bundesweit zum Star – auch, wenn Wontorras Anfeuerung am Ende nichts half.

Verwendete Quellen
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