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Thomas Koschwitz im Interview: Über seine Rente, Karriere und die Zukunft


Thomas Koschwitz geht in Rente
"Mein Image war im Eimer"

InterviewVon Charlotte Koep

Aktualisiert am 19.12.2023Lesedauer: 6 Min.
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Thomas Koschwitz: Der Moderator spricht mit t-online über seine langjährige Karriere.Vergrößern des Bildes
Thomas Koschwitz: Der Moderator spricht mit t-online über seine langjährige Karriere. (Quelle: IMAGO / VISTAPRESS / Lana Yassi )

Thomas Koschwitz legt seine Arbeit nach 48 Jahren nieder. Mit t-online hat der Moderator über Höhen und Tiefen seiner Karriere und die Zukunft gesprochen.

Fast ein halbes Jahrhundert arbeitete Thomas Koschwitz als Moderator. Er begann seine Karriere beim Hessischen Rundfunk, hatte Stationen sowohl beim Radio als auch beim Fernsehen. Zuletzt führte er bei hr1 durch seine eigene Radio-Morgenshow.

Nun hat Thomas Koschwitz nach 48 Jahren seinen Abschied gefeiert. Wenige Stunden nach seiner letzten Sendung sprach t-online mit dem 67-Jährigen. Dabei erzählte der Moderator, worauf er stolz ist, was er nicht vermissen wird und wieso sein Image einst einen Riss bekam.

t-online: Sie haben Ihre letzte Sendung hinter sich. Wie geht es Ihnen gerade?

Thomas Koschwitz: Mir geht es hervorragend, auch wenn es mich am Ende der Sendung natürlich erwischt hat. In dem Moment ist mir bewusst geworden, dass ich die Sendung zum letzten Mal absage. Auf der anderen Seite freue ich mich auf die Zukunft. Insofern ist es eine gemischte Gefühlslage.

Wie kam es dazu, dass Sie sich nach 48 Jahren für den Ruhestand entschieden haben?

Mir wurde nach meiner Rückkehr zum Hessischen Rundfunk klar, dass das hier meine letzte Station sein würde. Man trifft zwar nie den richtigen Moment. Es kann sein, dass es zu früh ist. Ich dachte mir nur, dass ich es selbst entscheiden möchte. Ich wollte nicht, dass irgendein Manager mir vorschreibt, wann meine letzte Sendung ist. Einem Kollegen vom NDR ist es so ergangen.

Was werden Sie an Ihrem Job am meisten vermissen?

Vor allem meine Truppe. Ich habe sie immer die kleine Frühstücks-WG genannt. Ich habe mich jeden Tag wahnsinnig gefreut, zum Sender zu fahren und alle zu sehen. Wir haben einfach ein gemeinsames Schicksal geteilt, wenn wir morgens um fünf Uhr zusammensaßen und gegen die Müdigkeit ankämpften.

"Wie anstrengend war das frühe Aufstehen?"

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, 2.30 Uhr ist meine Lieblingsaufstehzeit. Ich bin zwar der frühe Vogel, aber früh heißt für mich sieben Uhr. Frühes Aufstehen kann aber auch toll sein, vor allem im Sommer. Im Winter ist es hingegen gruselig.

Es nimmt auch Lebensqualität, oder?

Und zwar nicht nur meine Lebensqualität. Auch meine Frau hat gelitten. Sie konnte am Abend wenig mit mir anfangen. Wir sind vielleicht mal zu Eintracht Frankfurt gefahren oder ins Kino, aber im Prinzip bin ich unter der Woche früh ins Bett und konnte nur am Wochenende ein bisschen unterwegs sein. Meine Frau freut sich sehr, dass das aufhört.

Stars wie Helge Schneider haben öffentlich gemacht, wie gering ihre Renten sind. Machen Sie sich darüber auch Gedanken?

Gerade mache ich mir noch keine Gedanken. Ich kann aber nicht ausschließen, dass das ein Thema werden könnte. Ich bin kein mehrfacher Millionär, sondern in einer normalen Gehaltsgruppe unterwegs. Die Arbeit in der Öffentlichkeit scheint für viele immer nur strahlend zu sein. Das habe ich auch gemerkt, als ich vor über 20 Jahren einen Schlaganfall hatte. Jemand sagte damals zu mir, dass Leute vom Fernsehen so etwas doch gar nicht bekommen würden. Aber nein, wir werden auch krank und wir haben auch ganz normale Sorgen.

Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken – was waren die Highlights?

Nach dem Mauerfall konnte ich mithelfen, den Sender 94,3 RS2 zu retten. Der privatisierten Station war wegen vertraglicher Probleme die komplette Frühsendungs-Crew abhandengekommen. Die Quoten stürzten ab. Der Geschäftsführer und der Programmdirektor waren in heller Aufregung und kamen auf mich zu. Nach einem Monat ging der Sender wieder steil nach oben und sie überredeten mich zu bleiben. Das war für mich eine beeindruckende Zeit.

Und was waren Entscheidungen, die Sie bereuen? Man erinnere sich etwa an "Hamster TV".

Das war definitiv nicht die klügste Entscheidung. Damals bekam Rudi Carrell bei RTL eine Hundeshow. Sat.1 wollte nachziehen und man bat mich, "Hamster TV" zu moderieren. Sie würden mir dafür einen Stein in den Garten schmeißen, hieß es. Es war keine tolle Sendung, doch die Quote war gigantisch. Die Kritik anschließend war vernichtend – zu Recht. Ich als ehemaliger Late-Night-Talker machte auf einmal "Hamster TV". Als ich dann anschließend gefragt habe, welchen Stein sie mir nun in den Garten werfen würden, sagte man mir, dass ich beim Sender gerade ganz schwer durchzusetzen sei. Mein Image war im Eimer.

Wie sind Sie damit umgegangen, als Ihre Karriere auf einmal einen Knick bekam?

Ich konnte anfangs gar nicht damit umgehen. Aber es war für mich eine Lehrstunde. Bis zu dem Zeitpunkt vertraute ich meinen Programmdirektoren und tat, was Leute mir sagten. Ab dem Moment war das vorbei. Ich begriff, dass ich mein eigener Programmdirektor sein muss.

Nach dem Fernsehen sind Sie wieder zurück zum Radio. Ist Ihnen dieses Medium lieber?

Deutlich. Im Fernsehen wird oft zu wenig darauf geschaut, ob etwas Substanz hat. Dort möchte man mit Trash und großen Aufregern hohe Quoten erzielen. Das nervt mich persönlich sehr. Und es geht immer nur um das Äußerliche. Ich hatte bei N24 eine gute Talkshow, aber meine Mutter hat nur auf eine Sache geachtet: Dass meine Krawatte nicht zum Jackett passte. Es geht mehr darum, wie man aussieht, ob das Haar sitzt und man im richtigen Licht steht. Dieses Selbstreferenzielle geht mir wahnsinnig auf den Zahn.

Schaffen sich die Privaten selbst ab, wenn sie weiter diesen oberflächlichen und "trashigen" Weg gehen?

Nein, sie haben damit Erfolg, weil es eine neue Klientel und eine neue Währung gibt. Die Prominenz baut weniger auf Können auf, sondern viel mehr auf Followerzahlen. Ich sehe natürlich, dass Influencer eine ganze Menge können. Die machen teilweise Werbeclips, da kann sich jede Agentur eine Scheibe von abschneiden. Ich will das gar nicht verurteilen. Es ist nur nicht meine Welt.

Und was hat die Radiowelt zu Ihrer Welt gemacht?

Die Tatsache, dass man mit Musik, mit der Stimme, mit Erzählungen etwas in den Köpfen der Menschen auslöst. Das ist für mich viel emotionaler. Die heutigen Macher von Radio, die es als eine Art Nebenbei-Programm sehen, unterschätzen die Wichtigkeit. Es ist wie eine Telefonseelsorge, viele Menschen sind sehr einsam und nehmen uns als eine Art Freund wahr. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider: Jede Station, die sowohl Radio als auch Fernsehen anbietet, hat ihre Kundschaft zu 70 Prozent beim Radio und zu 30 Prozent beim Fernsehen.

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Hat sich das Radio im Laufe Ihrer Karriere verändert?

Es hat sich durch den Einzug der Privatradioszene deutlich verändert. Ich finde sie zwar prinzipiell gut, aber aus dem ursprünglichen Kulturgedanken ist ein kommerzielles Geschäft geworden. Es ist traurig, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch nicht gelungen ist, den Versuchungen, die das Privatradio liefert, zu widerstehen.

Warum gehen die Öffentlich-Rechtlichen dann nicht einen eigenen Weg?

Die Chefs der Öffentlich-Rechtlichen wollen eine gute Quote, damit die Politik nicht noch deutlicher sagt, dass sie obsolet seien. Das verstehe ich auch. Ich hätte mir nur gewünscht, dass das Selbstbewusstsein der Öffentlich-Rechtlichen ein bisschen größer gewesen wäre, als das private Radio aufkam.

Würden Sie für ein bestimmtes Format Ihren Ruhestand pausieren?

Ich würde gerne eine Late-Night-Show machen, das fehlt in Deutschland momentan. Mir gefällt aber auch der einstige "Frühschoppen" von Werner Höfer. Diese Haltung, dass man in der Kneipe sitzt, raucht, Wein trinkt und redet, finde ich toll. Aber glücklicherweise kommt gerade niemand auf die Idee. Also muss ich mir keine Sorgen machen, dass ich wieder anfange zu arbeiten. (lacht)

Nach Thomas Gottschalks Abschied bei "Wetten, dass..?" kam erneut die Debatte auf: "Was darf man überhaupt noch sagen?" Wie stehen Sie dazu?

Eine Sache verstehe ich gut und finde es auch richtig, dass es angemahnt wird: Man sollte vermeiden, andere Menschen zu verletzen. Aber dieser Irrwitz, dass im vorauseilenden Gehorsam, Comedystücke, die uralt sind und den alten Chauvi-Witz transportieren, etikettiert werden, ist falsch. Es werden Warnungen ausgesprochen, statt dass man einfach humorvoll damit umgeht. Es war eine andere Zeit, beruhigt euch einfach alle wieder. Wir sollten uns da eine gelassene Heiterkeit wie bei Loriot wieder leisten. Ich habe im Radio immer gesagt, was ich denke. Ein ähnliches Problem wie Thomas Gottschalk habe ich also nie gehabt.

Sie sind also von Ihrem Team oder dem Publikum wegen irgendwelcher Sprüche kritisiert worden?

Es gibt eine Formulierung, die ich einmal verwendet habe: Man kommt in Schwulitäten. Was einfach heißt: Man kommt in Schwierigkeiten. Ich dachte, dass es sprachlich ungefährlich sei. Doch es bedeutet heute nun mal, dass ein Homosexueller Schwierigkeiten mit sich bringt. Das war natürlich nicht mein Ziel mit dieser Formulierung, aber es ist so angekommen. Eine Sprachforscherin, mit der ich eine ganze Sendung zu dem Thema hatte, erklärte das wunderbar: Sprache verändert sich eben, und zwar mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung. So sehe ich das in dem Fall auch. Aber den ganzen Rest, so wie Thomas Gottschalk es beschrieben hat, finde ich einfach übertrieben.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Thomas Koschwitz
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