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"Tatort: Der Wüstensohn": Batic und Leitmayr in Krimi voller Klischees


Emir-Sprössling hält Batic und Leitmayr auf Trab
"Tatort: Der Wüstensohn": Kommissare, Kamele und Klischees

t-online, Jessica Hornig

Aktualisiert am 14.09.2014Lesedauer: 3 Min.
Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) posieren mit Kamel.Vergrößern des BildesLeitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) posieren mit Kamel. (Quelle: Bayerischer Rundfunk/Heike Ulrich)
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"Kameltreiber, blöder!" Ivo Batic hielt mit seinen Ressentiments gegenüber dem "Wüstensohn" und dessen Landsleuten, mit denen es die Münchner Kommissare im gleichnamigen "Tatort" zu tun bekamen, nicht hinterm Berg. Überhaupt strotzte der Sonntagskrimi mit Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) nur so vor Klischees über Araber. Eine Gratwanderung mit einem heiklen Thema, die der "Tatort" aber meisterte. Denn den plakativ dargestellten Vorurteilen setzte der Film das gelungene Porträt des jungen Emir-Sohns Nasir Al Yasaf entgegen, dessen Weltbild im Lauf des Falls immer mehr zerbröckelte.

Verschleierte Frauen, die auf der Münchener Maximilianstraße Luxusschuhe und -taschen kaufen. Der fünfte Sohn des Emirs von Kumar, der sich aufgrund seines Diplomatenpasses alles erlauben kann und weder aufgehalten wird, wenn er mit 180 Sachen im Lamborghini durch München braust noch wenn er in aller Öffentlichkeit kokst. Der seinem Papa zum 70. Geburtstag einen Panzer schenken will und im bayerischen Vorstadt-Idyll auf dem Grundstück seiner Luxusvilla Kamele als Haustiere hält. Und der zu allem Überfluss tatsächlich einen Teppichladen besitzt, sich mit der Herstellung der edlen Bodenbeläge sogar auskennt - und Batic gleich mal einen aufs Kommissariat liefern lässt, um ihn zu bestechen. Keine Frage, der "Tatort: Wüstensohn" bot alle Klischees auf, die man sich so vorstellen kann, wenn Orient auf Okzident trifft.

Bayerisch geerdet

Aber ob völlig überzeichnet oder mit einem Quäntchen Wahrheit versehen - der "Tatort" verlor sich nicht nur in plumpen Vorurteilen, sondern spielte vielmehr munter und amüsant damit, ohne allzu klamaukig zu werden. Das lag vor allem am Duo Batic und Leitmayr, die mit herrlich staubtrockenem Humor und bayerisch geerdet inmitten des ungewohnten, dekadent-luxuriösen Umfeldes agierten.

Zudem tauchten die beiden Kommissare im Lauf ihrer Ermittlungen immer tiefer in die ihnen unbekannte Kultur ein und mussten feststellen, dass der so arrogante, selbstverliebte und oberflächliche Emir-Sohn Nasir - grandios finster und geheimnisvoll gespielt vom bislang unbekannten Yasin el Harrouk - eigentlich ein armes, reiches Würstchen ist.

Er hat typische Vater-Sohn-Probleme, Beziehungssorgen, wird von seinen Vertrauten nur ausgenutzt und ahnt nicht, welche Intrigen direkt vor seiner Nase geschehen. Letztlich zählt Nasir sogar trotz aller Arroganz und Überheblichkeit irgendwie zu den Guten, weil er als Einziger wirklich versucht, den Kommissaren zu helfen. Seine Probleme können in den besten Familien vorkommen - egal, aus welchem Kulturkreis sie stammen. Und so wirkt plötzlich sogar das Fremde vertraut.

Aufklärung des Mordes gerät in den Hintergrund

Dieses gelungene Porträt des jungen Arabers zwischen den Welten, der gar nicht so frei ist, wie seine zahlreichen Freiheiten glauben machen, sowie seine Interaktion mit den beiden grauen Wölfen Batic und Leitmayr fesselten viel mehr als das Gestochere der Kommissare nach der Wahrheit inmitten diplomatischer Restriktionen.

Und so geriet die Aufklärung des Mordes an Nasirs bestem Freund Karim immer mehr in den Hintergrund. Zu Recht, denn der Fall entpuppte sich letztendlich nur als ein schmieriges Stück Wirtschaftskriminalität, das so oder ähnlich schon oft inszeniert wurde: Der kumarische Generalkonsul Abdel Saleh, der Firmenvertreter Lange und der Wirtschafts-Staatssekretär Baum waren in illegale Rüstungsgeschäfte mit Nasirs Vater verwickelt. Karim hatte die Machenschaften aufdecken wollen und wurde deshalb ermordet.

Bauernopfer bringt Leitmayr auf die Palme

Leider recht realistisch war, dass am Ende die Gerechtigkeit weitgehend auf der Strecke blieb: Der Konsul präsentierte der Polizei ein williges Bauernopfer, während die Kommissare ohne jeden Beweis gegen die Täter dastanden. Unrealistisch dagegen, aber deshalb auch umso sympathischer, dass der verärgerte Leitmayr nicht mehr an sich halten konnte und dem Konsul eine Ohrfeige verpasste. Oder die Finte der Kommissare, heimlich geschossene Fotos vom Staatssekretär im Bett mit einer (zu) jungen Frau und Informationen über den Rüstungsdeal an die Presse zu spielen. Die Schuldigen landeten nicht hinter Gittern, aber ihnen wurde Dampf gemacht. Immerhin.

Politisch unkorrekt gut

Fazit: Ein politisch völlig unkorrekter "Tatort", der aufgrund seines Humors, der Originalität und aller Tragik aber keinen faden Beigeschmack hinterließ. Wachtveitl und Nemec waren in Topform und durften sich wie in alten Zeiten die Bälle zuspielen. Mit Yasin el Harrouk bekamen sie zudem einen ebenbürtigen Gegenpart, der überzeugend spielte und Aufsehen erregte. Einzig der Klagegesang des "Prinzen" zum Schluss war doch zu viel des orientalischen Kitsches.

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