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Sudan: So dramatisch läuft die Rettungsoperation der Bundeswehr


Deutsche Spezialkräfte im Sudan
Fallschirmjäger und KSK – so dramatisch läuft der Einsatz


Aktualisiert am 24.04.2023Lesedauer: 4 Min.
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Amman: Auf der Luftwaffenbasis Al-Asrak in Jordanien kommen Soldaten der Bundeswehr an. Die Bundeswehr hat am Sonntag im Sudan einen Einsatz für die Evakuierung deutscher Staatsbürger begonnen.Vergrößern des Bildes
Amman: Auf der Luftwaffenbasis Al-Asrak in Jordanien kommen Soldaten der Bundeswehr an. Die Bundeswehr hat am Sonntag im Sudan einen Einsatz für die Evakuierung deutscher Staatsbürger begonnen. (Quelle: Weyland/dpa)

Mehr als 300 Deutsche waren im umkämpften Sudan eingeschlossen. Nun läuft ihre dramatische Evakuierung. Beinahe wäre die Operation gescheitert.

Es war der dritte Versuch. Doch am Montagmorgen konnte das Bundesverteidigungsministerium endlich vermelden: 311 Personen, die im Sudan eingeschlossenen waren, wurden erfolgreich evakuiert. In der Nacht zu Montag starteten insgesamt drei Maschinen der Luftwaffe aus der Nähe der sudanesischen Hauptstadt Khartum.

Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am frühen Montagmorgen bei Twitter mitteilte, war "ein weiterer Airbus A400M der Bundeswehr mit 113 evakuierten Personen auf dem Rückweg nach Jordanien". Am späten Sonntagabend war eine erste Bundeswehrmaschine mit 101 evakuierten Menschen "sicher in Jordanien gelandet". An Bord der ersten Maschine waren nach Angaben eines Sprechers neben deutschen Bürgern auch Angehörige anderer Staaten. Mehr dazu lesen Sie hier.

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Die drei Bundeswehrmaschinen waren am Sonntag aus dem jordanischen Al-Asrak Richtung Sudan gestartet und landeten auf einem Flughafen in der Nähe von Khartum. Die Evakuierten kehren von Jordanien nach Deutschland zurück.

"Unser Ziel ist, in dieser gefährlichen Lage in Sudan so viele Staatsangehörige wie möglich aus Khartum auszufliegen", schrieb das Verteidigungsministerium am Sonntag auf Twitter. Es handelt sich um mehr als 330 deutsche Staatsbürger, darunter auch kleine Kinder. Für sie hat sich in den vergangenen Tagen die Situation zugespitzt. Wegen der anhaltenden Kämpfe konnten viele von ihnen ihre Häuser und Wohnungen nicht verlassen und keine neuen Lebensmittel mehr beschaffen. Auch sind in der sudanesischen Hauptstadt Khartum weder die Stromversorgung noch die Telefonverbindungen stabil.

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Nach Informationen von t-online sind für die Operation insgesamt vier Militärtransporter des Typs A 400M und mehr als 1.000 Mann des Kommandos Spezialkräfte, Fallschirmjäger der Luftlandebrigade 1 der Bundeswehr im Einsatz, um die deutschen Staatsbürger über den Luft- und Seeweg zu evakuieren.

Erste Evakuierungsflüge abgebrochen

Einen ersten Rettungsversuch ohne große militärische Unterstützung hatte es bereits am Mittwoch gegeben. Doch dieser musste wieder abgebrochen werden, weil die von den verfeindeten Kriegsparteien vereinbarte Waffenruhe nicht hielt. Da sich die Lage im Sudan immer weiter zuspitzte, plante das Bundesverteidigungsministerium insgeheim eine große Evakuierungsaktion.

Die Öffentlichkeit wurde zunächst nicht informiert. Es gab jedoch Anzeichen, dass am Sonntag der nächste Rettungsversuch starten könnte: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verschob kurzfristig seine für Sonntag geplante Washington-Reise. Der Chef der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, hatte am Montag nach Israel aufbrechen wollen. Dort sollte die Luftwaffe erstmals an den Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen des Staates Israel teilnehmen. Auch seine Reise wurde wegen des Sudan-Einsatzes abgesagt. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bleibt ebenfalls in Deutschland und reist am Montag nicht zum EU-Außenministertreffen nach Luxemburg.

Die Bundeswehr traf schon vor Tagen Vorbereitungen für einen neuen Anlauf zur Evakuierung deutscher Staatsbürger und weiterer zu schützender Personen. In Berlin tagt täglich ein Krisenstab, am Samstag besprachen Pistorius und Baerbock die bevorstehende Rettungsaktion. Das Auswärtige Amt äußerte sich öffentlich nicht zu den Plänen. Das ist gängige Praxis, um den Ablauf der Operation nicht zu gefährden.

Die Evakuierung sollte in enger Absprache mit Verbündeten wie den USA stattfinden. Doch dann das: Am Samstag vermeldeten die USA eine erfolgreiche Evakuierung. Im Bendlerblock schwieg man. Der Grund: Die Deutschen hatten von sudanesischer Seite keine Landegenehmigung erhalten.

Deutsche Staatsbürger sollen zum Flughafen kommen

Am Sonntagnachmittag dann endlich die erlösende Nachricht: Um 16 Uhr twitterten das Verteidigungsministerium und das Auswärtige Amt zeit- und wortgleich, die Evakuierungsoperation laufe. Ziel sei es, "in dieser gefährlichen Lage in Sudan so viele deutsche Staatsangehörige wie möglich aus Khartum auszufliegen". Im Rahmen der Möglichkeiten wolle man auch "europäische und weitere Staatsangehörige mitnehmen". Dazu gehören insbesondere Menschen, deren Länder keine diplomatischen Vertretungen im Sudan haben.

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Kurz vor 16 Uhr war der erste A400M in der Nähe der sudanesischen Hauptstadt gelandet, eine Dreiviertelstunde später landete ein zweiter. 114 Menschen kann eine dieser Maschinen offiziell aufnehmen, in akuten Krisensituationen passen bis zu 200 hinein. Die deutschen Staatsbürger konnten sich zuvor auf der Krisenvorsorgeliste (ELEFAND) des Auswärtigen Amtes eintragen und wurden über den Krisenstab in Berlin per E-Mail, SMS und Telefon aufgefordert, sich zum Flughafen zu begeben. Wie vielen von ihnen dies gelungen ist, ist noch unklar. Denn eines ist sicher: Nicht alle befanden sich vor dem Beginn der Kämpfe in der Hauptstadt.

Die deutschen Staatsbürger sollen so schnell wie möglich ins drei Flugstunden entfernte Al-Azrak in Jordanien ausgeflogen und von dort nach Deutschland gebracht werden.

Es droht ein Bürgerkrieg

Die Operation ist brandgefährlich. Zwar hat die sudanesische Regierung allen internationalen Partnern eine sichere Evakuierung ihrer Staatsbürger zugesagt, eine Feuerpause gibt es deshalb im Sudan aber nicht. Im Gegenteil: Die Flughäfen des Landes sind als wichtige strategische Punkte besonders umkämpft. In den vergangenen Tagen stieg immer wieder schwarzer Rauch über dem Flughafen in Khartum auf. Stehende Flugzeuge am Boden gerieten unter Beschuss.

Der Sudan wird seit dem vergangenen Wochenende von schweren Kämpfen erschüttert, Hunderte Menschen sollen bereits ums Leben gekommen sein. Das Militär kämpft gegen paramilitärische Einheiten der Rapid Support Forces (RSF). Es ist die Eskalation einer langjährigen Feindschaft zwischen De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, und seinem Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, dem Anführer der mächtigen RSF.

Deutscher Botschafter noch im Land

Die RSF wurden vor zehn Jahren vom ehemaligen Langzeitdiktator im Sudan, Omar al-Baschir, aufgebaut, als Konkurrenz zur sudanesischen Armee. Al-Baschir wurde 2019 abgesetzt, die Zivilbevölkerung forderte freie Wahlen. Doch das Militär putschte im Jahr 2021 und ließ diese nicht zu. Die RSF sollten in die Armee eingegliedert werden, aber auch das scheiterte, weil RSF-Führer Daglo zunächst die Entfernung von Islamisten aus dem sudanesischen Offizierskorps verlangte.

Deshalb ergreifen neben Deutschland nun viele andere Staaten die Flucht aus dem Sudan. Nach erfolgreicher Evakuierung wird die Bundesregierung die dortige Botschaft schließen, bis sich die Lage wieder entspannt hat. Doch das könnte lange dauern, dem Sudan droht ein Bürgerkrieg. Noch ist der deutsche Botschafter Thomas Terstegen vor Ort, um die Evakuierung mitzuorganisieren.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Material der Nachrichtenagenturen afp und dpa
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