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Machtkampf bei Linken: Sahra Wagenknecht weist Bernd Riexinger in die Schranken


Nächste Runde im Linke-Streit
Kipping legt gegen Wagenknecht nach: "Souverän geht anders"

dpa, dru

Aktualisiert am 18.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Die Fraktionsvorsitzenden der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch ziehen sich in Potsdam bei der Fraktionsklausur der Partei zu einer Besprechung zurück.Vergrößern des BildesDie Fraktionsvorsitzenden der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch ziehen sich in Potsdam bei der Fraktionsklausur der Partei zu einer Besprechung zurück. (Quelle: dpa-bilder)
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Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch haben die parteiinterne Machtprobe bestanden und bleiben Fraktionsvorsitzende der Linken. Nach ihrer Wahl am Dienstagabend wies Wagenknecht Linke-Chef Bernd Riexinger öffentlich in die Schranken. Co-Chefin Kipping ätzte am Morgen zurück.

Bartsch erhielt von den Abgeordneten der Fraktion 80 Prozent der Stimmen, Wagenknecht 75,4 Prozent. Zu Stellvertretern wurden die Abgeordneten Petra Pau, Sevim Dagdelen, Jan Korte und Caren Lay ernannt.

Der Entscheidung waren hitzige Debatten vorausgegangen. Wagenknecht hatte mit Rückzug gedroht für den Fall, dass sich Riexinger und Co-Chefin Katja Kipping mit einer angeblichen Entmachtung von ihr und Bartsch durchsetzen. Ein Antrag von Abgeordneten, der den Parteichefs ein Stimmrecht im Fraktionsvorstand geben sollte, wurde zurückgezogen. Allerdings einigte man sich auf einen Kompromiss: Kipping und Riexinger sollen ein erweitertes Rederecht im Bundestag erhalten.

Wie heftig die Spannungen zwischen Fraktions- und Parteispitze waren, machte ein Detail am späten Abend deutlich. Wagenknecht ging davon aus, dass sie und Bartsch das Ergebnis alleine vor der Presse kommentieren würden, doch dann kamen auch Riexinger und Kipping zu dem Statement. Riexinger begann: "Ich darf sie ganz herzlich begrüßen." Daraufhin schnitt Wagenknecht ihm das Wort vor laufenden Fernsehkameras ab: "Bernd, das ist die Pressekonferenz der Fraktion."

"Auseinandersetzungen waren völlig überflüssig"

Wagenknecht ging die Parteichefs danach indirekt scharf an. Versuche, die Fraktionsspitze zu demontieren, seien nicht sinnvoll gewesen und hätten bei den Abgeordneten keinen Rückhalt gefunden. "Diese ganzen Auseinandersetzungen waren völlig überflüssig", sagte sie. "Wir haben zum Glück jetzt einige Kontroversen ausgeräumt."

Die bevorstehende Jamaika-Koalition brauche eine starke Opposition, das wolle die Linke sein. Bartsch sagte, "nach den nicht so erfreunlichen letzten Tagen" habe die Linke die Chance, "entschlossen und auch wieder geschlossen in die Auseinandersetzung zu gehen".

Riexinger betonte: "Es gab nie das Ziel, die Fraktionsvorsitzenden zu demontieren oder einzugrenzen oder etwas ähnliches." Kipping meinte: "Wir haben bis zuletzt hart miteinander gerungen." Die Geschlossenheit der Linken sei "ein hohes Gut".

An der Geschlossenheit darf aber weiter gezweifelt werden. Kipping stichelte am Mittwochmorgen im ARD-"Morgenmagazin" gegen Wagenknecht. Auf die Frage, wie sie die Zurechtweisung von Co-Chef Riexinger empfunden habe, sagte sie: "Ich hab gedacht: Ok, souverän geht anders."

Wagenknecht spricht von "wegmobben"

Unmittelbar vor der Sitzung hatte Wagenknecht am Morgen mit einem vierseitigen Brief an die Abgeordneten eine Drohkulisse aufgebaut. Sie bringe sich gern weiter ein, schrieb die Frau von Oskar Lafontaine. "Allerdings sehe ich keinen Sinn darin, meine Kraft und meine Gesundheit in permanenten internen Grabenkämpfen mit zwei Parteivorsitzenden zu verschleißen, die offenkundig nicht zu einer fairen Zusammenarbeit bereit sind (...)", so Wagenknecht weiter. In der Fraktion erzeugte Wagenknechts Rückzugsdrohung wenig Freude, erzielte am Ende aber ihre Wirkung.

Wagenknecht warf Kipping und Riexinger vor, die früheren Personalentscheidungen zugunsten von ihr und Bartsch "aus dem Hinterhalt und mittels Intrigen" zu unterlaufen. Die beiden hätten nie akzeptiert, dass Wagenknecht und Bartsch erst Fraktionschefs und dann auch noch Spitzenkandidaten wurden. "Allerdings kann ich Bernd Riexinger und Katja Kipping beruhigen: sie werden sich nicht die Mühe machen müssen, mich über Monate wegzumobben."

Fraktion ist gepalten

Kämen Anträge durch, nach denen die Parteivorsitzenden gleichwertiges Rederecht im Bundestag bekommen und ein Stimmrecht im Fraktionsvorstand, setzen sie zudem ihre Personalvorschläge für die Fraktionsvizeposten durch, "nehme ich das als mehrheitlichen Wunsch der Fraktion zur Kenntnis, auch die Fraktionsspitze neu zu besetzen", so Wagenknecht. Das saß.

Die Fraktion stand gespalten da: Die einen äußerten Verständnis für Kipping und Riexinger. Eine engere Verzahnung von Partei und Fraktion sei angesichts der gestutzten Rolle der Linken hinter der AfD im Bundestag nötig. Andere warnten vor einer faktischen Entmachtung ihres Spitzenduos.

"Man kann sie nicht einfach abschießen"

Der Machtkampf hatte in den vergangenen Tagen zunehmend bizarre Züge angenommen. So stand in der "Bild"-Zeitung, dass Riexinger Wagenknecht wegmobben wolle. Unter Berufung auf eine eidesstattliche Versicherung eines Zeugen wurde Riexinger aus einer internen Runde in einer Bar zitiert. "Sahra ist leider nicht aufzuhalten als Fraktionsvorsitzende. Man kann sie nicht einfach abschießen", soll er gesagt haben. Werde sie aber immer wieder abgewatscht, werde sie sicher von alleine gehen. Riexinger bestritt den Vorgang. Wagenknecht schrieb in ihrem Brief dagegen, ihr seien die Sätze von einem jungen Parteimitglied bestätigt worden.

Wie lange der erneuerte Burgfrieden bei den Linken hält, bleibt abzuwarten. Noch nicht ausgetragen ist etwa der Streit, welche Akzente man in der Flüchtlingspolitik künftig setzen soll. Während Kipping darauf pocht, das Image der Linken als gegenüber Flüchtlingen offene Kraft nicht zu gefährden, will Wagenknecht eine Debatte über das Thema. Hintergrund: Im Osten hat die Linke bei der Bundestagswahl viele Wähler verloren, mehr als 400.000 wanderten zur AfD ab.

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