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DFL-Vorstoß zu 50+1-Regel: "Dann müsste Martin Kind klagen"


DFL-Vorstoß zur 50+1-Regel
"Dann müsste Martin Kind klagen"

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
InterviewVon Patrick Schiller

Aktualisiert am 08.03.2023Lesedauer: 4 Min.
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Martin KindVergrößern des Bildes
Martin Kind spricht bei einer Pressekonferenz (Archivbild): Wie wirkt sich der DFL-Vorstoß auf Hannover 96 aus? (Quelle: Peter Steffen/dpa/Archivbild/dpa-bilder)

Der DFL-Vorstoß im Streit um die 50+1-Regel könnte eine neue Dynamik bei Hannover 96 entfachen. t-online sprach mit Andreas Hecker, Jurist und Experte für Gesellschaftsrecht.

Die 50+1-Regel im deutschen Fußball ist hochumstritten. Besonders bei Hannover 96, wo Mehrheitsgesellschafter Martin Kind seit vielen Jahren an der Abschaffung der Regel im Club arbeitet. Am Mittwoch hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) einen Vorschlag gemacht, um dauerhafte Rechtssicherheit bei dieser Regel zu schaffen. Das Bundeskartellamt kann damit offenbar gut leben: Die Änderungen könnten geeignet sein, "unsere kartellrechtlichen Bedenken auszuräumen", sagt Andreas Mundt, Präsident der Behörde, noch am selben Tag.

Zum einen sollen Förderausnahmen, wie es sich Kind für Hannover 96 erhofft, aus der Satzung der DFL gestrichen werden. Dann könnten Investoren auch nach 20 Jahren ununterbrochener erheblicher Förderung nicht mehr die Mehrheit des Klubs übernehmen dürften. Zum anderen sollen die Ausnahmeklubs Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg Ausnahmen bleiben dürfen – allerdings müssen die neue Entscheidungsgremien zulassen und sie sollen ihren Ligakonkurrenten einen Verlustausgleich zahlen müssen.

"Wir werden den Vorschlag prüfen und eine interne Bewertung vornehmen", teilte Hannover 96 auf t-online Nachfrage zum DFL-Vorschlag mit.

Doch wie ist die Entscheidung aus Hannover-96-Sicht tatsächlich zu bewerten? t-online sprach mit Andreas Hecker, Rechtsanwalt und Experte für Gesellschaftsrecht aus Düsseldorf. Hecker verfolgt den Machtkampf bei Hannover 96 bereits seit Jahren, kennt die DFL und die Rechtsstreitigkeiten zwischen 96-Stammverein und Gesellschafter Kind bestens.

t-online: Herr Hecker, wie ist das DFL-Konzept zur 50+1-Regel zu verstehen?

Andreas Hecker: In der vorläufigen Bewertung vom 31. Mai 2021 hat das Kartellamt die Grundregel hinter 50+1 als grundsätzlich kartellrechtsneutral eingeschätzt, aber Kritik an der Regelung zu den Förderausnahmen geäußert. Hierbei ging es insbesondere um nicht ausreichende Mitgliederpartizipation und die Herbeiführung von Wettbewerbsnachteilen, welche zu Zweifel an der Eignung der Gesamtregelung führen.

Mit den nun vorgelegten Vorschlägen der DFL möchte man genau diesen Punkten, die die 50+1-Regelung aus rechtlichen Gründen insgesamt zu Fall bringen könnten, begegnen. Dazu soll es einerseits keine weiteren Förderausnahmen geben. Zum anderen sollen bei den bereits existierenden Förderausnahmen, denen hiernach Bestandsschutz gewährt wird, zusätzliche strukturelle Vorgaben in Bezug auf Einfluss des Muttervereins und Finanzen gemacht werden. Diese zielen genau darauf ab, die wirtschaftlichen Vorteile zu begrenzen. Das betrifft Regelungen bezüglich "Stille Gesellschaft" und "Verlustausgleich". Zugleich möchte man die Mitgliederpartizipation erhalten oder gar erhöhen. Hier im besonderen Regelungen hinsichtlich "Transparenz und Kontrolle". Zum Beispiel die Besetzung von Kontrollgremien und Veto-Rechte.

Damit zielt der DFL-Vorschlag direkt auf die ausdrücklich im Mai 2021 geäußerten Zweifel des Kartellamts an der Gesamtregelung.

Wie aussichtsreich ist es, dass das Kartellamt den DFL-Vorschlag einfach durchwinkt?

Ein "Durchwinken" des Kartellamts wird es nicht geben. Zwar hat das Kartellamt heute in einer Mitteilung eine positive Ersteinschätzung zum DFL-Vorschlag abgegeben, aber auch weitere Akteure, wie etwa Clubs und Investoren, erhalten in den kommenden Wochen eine Möglichkeit zur Stellungnahme. Auf diese Weise werden noch einmal kritische Positionen ihre Ansicht darlegen und nicht nur 50+1 als solches, sondern auch das neue DFL-Konzept hinterfragen können. Erst danach folgt die abschließende kritische Würdigung und Positionierung des Kartellamts. Auch eine nochmalige Einbeziehung der DFL ist nicht ausgeschlossen.

Wie lange könnte es dann noch bis zu einer Entscheidung dauern?

Da auch den anderen Akteuren eine Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt wird und erst anschließend eine finale Bewertung des Kartellamts erfolgen kann, wird es noch eine Weile dauern, bis uns die abschließende Entscheidung des Kartellamts vorliegt.

Welche Auswirkung hätte ein positiver Entscheid auf Hannover 96 in seiner jetzigen Struktur Ihrer Meinung nach?

Mit der Umsetzung der nun vorgeschlagenen Regelungen durch die DFL und deren kartellrechtlicher Anerkennung durch das Bundeskartellamt wäre weiteren Clubs wie Hannover 96 oder RB Leipzig der Weg in die Förderausnahme verwehrt. Ein solcher Zugang wäre dann nur über den Rechtsweg und den grundsätzlichen Angriff der 50+1-Regelung denkbar.

Würde die Neuregelung Hannover 96 beschneiden?

Die bisherigen Strukturen von Hannover 96 sind durch den heutigen Vorschlag nicht unmittelbar betroffen. Allerdings wird die DFL zum dauerhaften Schutz von 50+1 nicht nur auf die gewährten Förderausnahmen blicken oder künftige Förderausnahmen ausschließen können.

Steigt damit die Wahrscheinlichkeit einer Klage durch Martin Kind?

Bei der Wahrscheinlichkeit einer Klage wären dann zwei Aspekte zu beachten: Zum einen wird weiteren Clubs, unter anderem auch Hannover 96, die Möglichkeit der Förderausnahme nicht mehr gewährt. Sollte dies weiterhin gewünscht sein, müsste Herr Kind nach einer positiven Entscheidung des Kartellamts die neuen Regelungen angreifen.

Zum anderen müsste die Umsetzung des DFL-Vorschlags mit einer stärkeren Kontrolle bestehender Strukturen – ohne Förderausnahme – einhergehen. Sollte dies der Fall sein, könnte auch der Status quo bei Hannover 96 im Hinblick auf den Einfluss des Vereins auf die Geschäftsführung des Profibereichs noch einmal thematisiert werden. In diesem Fall könnte selbst ohne Zielsetzung "Förderausnahme" aus Sicht von Herrn Kind ein Rechtsmittel notwendig werden.

Herr Hecker, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Andreas Hecker
  • dfl.de: Mitteilung der DFL vom 8. März 2023
  • bundeskartellamt.de: Mitteilung vom 8. März 2023
  • E-Mail-Anfrage an Hannover 96
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