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Küchengeheimnisse des Piemont


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Küchengeheimnisse des Piemont

Carin Müller

04.02.2014Lesedauer: 4 Min.
Qualitativ geprüfter Inhalt
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Finanziera ist eine ganz besondere Spezialität aus dem Piemont.Vergrößern des Bildes
Finanziera ist eine ganz besondere Spezialität aus dem Piemont. (Quelle: CHROMORANGE/imago-images-bilder)

Die norditalienische Region Piemont ist ein wahres Schlemmerparadies. Doch das kleine Einmaleins aus Barolo und Tartufo bianco (weißem Trüffel) hat inzwischen jeder Hobbygourmet drauf und genussorientierte Touristen können sich dank Online-Bewertungsportalen durch die gesamte italienische Hochküche der Region futtern. Deutlich aufregender wird es, wenn man die ausgetretenen Pfade verlässt und sich Gerichten widmet, die geheimnisvolle Namen wie Finanziera, Panissa oder Bagna Caoda tragen.

Unverzichtbarer Helfer bei dieser Mission ist die Slow-Food-Bewegung, die Mitte der 1980er Jahre im piemontesischen Bra gegründet wurde. Unter dem Symbol der Schnecke setzt sie sich für die Erhaltung der regionalen Küche mit heimischen Produkten und deren lokalen Produktion ein. Buono, pulito e giusto - gut, sauber und gerecht - müssen die Zutaten für ein Essen sein, hat Slow-Food-Gründer Carlo Petrini 2006 festgelegt. Fehlt ein Element, ist es nicht mehr "slow".

Bewaffnet mit der jeweils aktuellsten Ausgabe von "Osterie d'Italia" und "Slow Wine" fahren wir also ins Piemont. Genauer gesagt ins Monferrato, eine Barbera-Anbauregion. Im beschaulichen Nizza Monferrato quartieren wir uns bei ausgewanderten Oberpfälzern ein, die dort seit der Jahrtausendwende zwei schicke Ferienwohnungen mit Pool und einen kleinen Weinberg bewirtschaften. >>

Wir starten in der örtlichen "Vineria della Signora in Rosso". Im Kellergewölbe des eleganten Palazzo Crova befindet sich eine riesige Enoteca, die sich den edlen Tropfen der Region verschrieben hat.

Weinkarte in Lexikonformat

Hier gibt es Weine von bekannten Namen wie Braida genauso wie die der kleinsten Familienbetriebe aus dem Ort. Wer sich überraschen lassen möchte oder von der Weinkarte im Lexikonformat überfordert ist, lässt sich zu jedem Menügang einfach die passende flüssige Begleitung glasweise servieren. Mit etwas Glück ergattern wir einen intimen Tisch in einer Nische zwischen den Weinregalen.

Zur Vorspeise testen wir Insalata Russa (Salat aus diversen Gemüsen, Kartoffeln, Eiern in Mayonnaise), von Hand gehacktes, frisch angemachtes Fleisch vom Fassone-Rind und Acciughe al verde (Sardinen in Kräutersoße). Sardinen, Tartar und Eiersalat sind ein netter Einstieg, in den nächsten Tagen soll es aber bitteschön etwas herausfordernder werden. >>

Wir scheuen die etwas weitere Fahrt in Richtung Lombardei nicht und finden zwischen Reisfeldern die beschauliche Trattoria "Tre Merli". Bereits bei der (wichtigen!) Reservierung wurde gefragt, welche Spezialitäten wir essen wollen. Leider ist gerade keine Saison für Lumache (Schnecken) und Rane (Frösche) - gerade Letztere sollen mit Reis außerordentlich köstlich sein. Wir entscheiden uns daher unter anderem für Panissa, ein Risotto mit roten Bohnen und in Fett eingelegter Salami. Massimo Bobba zaubert am Herd, während seine Ehefrau und gelegentlich auch der Nachwuchs für einen ausgesprochen aufmerksamen Service sorgen. Fast haben wir das Gefühl, bei den Bobbas im Wohnzimmer zu sitzen.

Das passiert im "La Sosta" in Montabone nicht. Das klassische Restaurant wird zwar von "Osterie d'Italia" mit Missachtung gestraft, an der Qualität kann es jedoch keinesfalls liegen. Wer sich hier zum Abendessen niederlässt, wird obligatorisch mit einem Menü (fünf Gänge, Wasser, Wein und Espresso kosten für zwei Personen moderate 70 Euro) konfrontiert. Unter den drei Antipasti befindet sich glücklicherweise immer der Ziegenfrischkäse Robiola di Roccaverano. Als Primo müssen es diesmal, die Jahreszeit erfordert es, Tagliatelle al burro e tartufo bianco (Bandnudeln in Butter mit weißen Trüffeln) sein. Wirt Luca kommt mit seiner duftenden Schatztruhe und einer Briefwaage an den Tisch und präsentiert seine kostbare Beute. Er geht mit einem lokalen Trüffelsucher und dessen elf Hunden während der Saison regelmäßig in den Wald. Wir wählen ein zwanzig Gramm schweres Knöllchen (für 50 Euro), das wir während der gesamten Vorspeisen anhimmeln. Luca hat es auf einem Tellerchen neben die Weinflasche gestellt und raspelt es später hauchfein über unsere Pasta.

Nichts für zartbesaitete Gemüter

Nach dem Ausflug ins vergleichsweise Konventionelle sind wir am nächsten Tag reif für die Dschungelprüfung. Ganz in der Nähe unseres Quartiers liegt die Trattoria "Bun Ben Bon". Und diesmal bestellen wir Cardo gobbo (gekrümmte Karden), die wir neben anderen Gemüsen in Bagna Caoda tauchen, eine warme Sauce aus Olivenöl, Sardellen und Knoblauch. >>

Anschließend gibt's Gnocchi mit Trippa (Kutteln) und die berühmt berüchtigte Finanziera. Letzteres ist ein Ragout aus allerlei Innereien. Ganz genau wollen wir es gar nicht wissen, denn im Gegensatz zur Trippa, die ein einmaliges Erlebnis bleiben wird, ist die Finanziera auch ausgesprochen köstlich. Zartbesaitete Gemüter sollten allerdings nicht so genau hinschauen, was sie sich gerade in den Mund schieben. Die Hahnenkämme sind schon ein wenig verstörend...

Desserts aus dem Piemont

Desserts können die Piemonteser natürlich auch. Torta di nocciole (Nusskuchen), Bonet (eine Art Schoko-Pudding) und Zabaione al Moscato d'Asti beispielsweise. Wobei unser absoluter Favorit eher überregionaler Natur ist, aber im feudalen Schlossrestaurant "Da Marisa al Castello" in Castell'Alfero serviert wird: die weltbeste Mousse al cioccolato!

Wer Käse als krönenden Abschluss eines gelungenen Menüs bevorzugt, wird beim Käsewagen der Trattoria "La Bella Rosin" in Moncalvo jubeln. Da heißt es, unbedingt bei den vorangehenden Gängen einen finalen Degustationsteller einplanen. Bestückt wird der mit den Erzeugnissen von lokalen Slow-Food-Käsern samt einiger passender Soßen, die Feigensenf ziemlich alt aussehen lassen.

Gigantischer Supermarkt mit regionalen Spezialitäten

Einige dieser Käse und fast alle anderen regionalen Spezialitäten gibt es im gigantischen "Supermarkt" Eataly in Turin. Wunderbare kulinarische Mitbringsel oder einfach die einzig wahren Zutaten, für all jene, die Piemonts Küche auch am heimischen Herd nachkochen wollen. In klimatisierten Kammern dämmern unzählige Schinken- und Käsesorten ihrer finalen Reife entgegen. Und dass dort regelmäßig staunende Besucher durchlaufen, scheint der Qualität keinen Abbruch zu tun.

Wer Hunger bekommt, der kann ihn entweder gleich vor Ort stillen oder er fährt in die City. Turin gilt als Wiege des Aperitivos, und so wundert es nicht, dass ab dem späten Nachmittag praktisch jedes Café, jede Bar und viele Restaurants ganze Büfetts an Häppchen aufbauen, die es teils gratis, teils gegen einen kleinen Obolus zum bestellten Glas Weißwein (z.B. einem Roero Arneis) oder Sprizz verfüttert werden. Ein großes Abendessen ist dann nicht unbedingt mehr nötig. Aber morgen ist ja auch wieder ein Tag.

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