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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Alles ehrenamtlich organisiert" Sie füllen das Schauspielhaus Erfurt mit Leben

Die Initiative "Das Schauspielhaus wieder zum Leuchten bringen" sorgt für viele Veranstaltungen in dem Haus. Zuvor stand es viele Jahre lang still.
Mitten in der Erfurter Innenstadt, ein paar Schritte vom Anger entfernt, steht ein Gebäude, das viele Jahre lang einfach still vor sich hinschlummerte: das ehemalige Schauspielhaus. Doch seit einigen Jahren regt sich dort wieder etwas – und das liegt vor allem an Menschen wie Tely Büchner und Thomas Schmidt, die ehrenamtlich alles geben, um das Haus mit Leben zu füllen.
Tely Büchner ist Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Erfurter Stadtrat, Mutter und eine der Mitgründerinnen der Initiative "Das Schauspielhaus wieder zum Leuchten bringen". Gemeinsam mit dem Architekten Thomas Schmidt – 54, Vater zweier Kinder – treibt sie das Projekt seit 2015 voran. "Auf der Suche nach einem Ort für unser KulturQuartier sind wir auf das leerstehende ehemalige Theaterhaus gestoßen", erzählt Büchner. "Und wir dachten: Das kann doch nicht wahr sein, dass so ein bedeutender Kulturort verwaist und dem Verfall preisgegeben ist."
Schauspielhaus als lebendiger Ort für Kultur
Gemeinsam mit dem KulturQuartier Erfurt e.V. und der Unterstützung vom Kinoklub Erfurt, dem Tanztheater Erfurt und Radio F.R.E.I. wurde aus der Vision eine echte Bürgerbewegung. Die Idee: Das alte Theater soll wieder ein lebendiger Ort für Kultur werden – offen für alle, gestaltet von vielen.
"Wir wollten das Haus unbedingt in Bürgerhand bringen", erwähnt Schmidt. "Ein so zentral gelegenes Gebäude sollte nicht irgendwann in Investorenbesitz landen, sondern ein Ort bleiben, an dem die Stadtgesellschaft sich entfalten kann."
Gesagt, getan: 2016 gründeten die Engagierten Thüringens erste Kulturgenossenschaft – die Kulturquartier Schauspielhaus e.G. Und mitten in der Pandemie, 2020 kauften sie das Gebäude tatsächlich von der Stadt– mit über einer Million Euro an Eigenkapital, das über Genossenschaftsanteile zusammenkam. "Anfangs haben uns viele für verrückt erklärt", erinnert sich Büchner. "Aber jetzt sind wir über 1.200 Genossinnen und Genossen – und es werden immer mehr."
Mehrere Tausend Menschen besuchen jährlich die Events
Was bislang im und rund ums Schauspielhaus passiert ist, basiert fast komplett auf freiwilliger Arbeit. "Wir haben in den letzten Jahren Konzerte, Theaterabende, Filmnächte veranstaltet – alles ehrenamtlich organisiert", sagt Schmidt. Ein festes Team von 40 bis 50 Leuten kümmert sich um alles – vom Einlass bis zur Bar. Mehrere Tausend Menschen besuchen jährlich die Events.
"Ich stecke jede Woche zwischen 15 und 20 Stunden in das Projekt", sagt Büchner. "Es ist bewegend. Es geht ja nicht nur um ein Gebäude – es geht darum, Erfurt mitzugestalten. Und Räume für Begegnung, Kultur und neue Ideen zu schaffen."
Auch für Schmidt ist das Ehrenamt mehr als ein Hobby: "Ich mache das auch für die nächsten Generationen. Für mich ist es ein Riesengeschenk, so einen Ort langfristig zu sichern und weiterzugeben."
Schauspielhaus soll 430 Plätze bekommen
Inzwischen ist das Schauspielhaus zur Großbaustelle geworden. Der Plan: Bis Anfang 2027 soll ein vielseitiger Kulturort entstehen – mit rund 430 Plätzen, einem parkähnlichen Außenbereich für Open-Air-Veranstaltungen und viel Raum für Neues.
"Natürlich merken wir auch, dass das Ehrenamt irgendwann an seine Grenzen stößt", sagt Büchner. "Aber jetzt sind wir in dieser Pionierphase, in der alles möglich scheint – und wir zeigen, was Bürgerengagement leisten kann."
Schon heute wird das Projekt bundesweit als Vorbild gesehen. "Wir werden regelmäßig eingeladen, um über unsere Erfahrungen zu sprechen – sogar von Ministerien", erzählt Schmidt. "Viele wollen wissen, wie man so eine Genossenschaft auf die Beine stellt."
Tely Büchner und Thomas Schmidt sehen das Schauspielhaus als Ort, der nicht nur Kultur bietet, sondern auch Menschen zusammenbringt. "Wir wollen, dass hier die unterschiedlichsten Leute Ideen einbringen können", sagt Büchner. "Gerade auch junge Menschen – das soll auch ihr Ort werden."
Das Schauspielhaus in Erfurt war viele Jahre lang dunkel. Doch jetzt beginnt es wieder zu leuchten – dank einer Vision, einer starken Gemeinschaft und zweier Menschen, die einfach angefangen haben, etwas zu verändern.
- Eigene Recherche