Sind Enkel erbberechtigt, wenn Kinder das Erbe ausschlagen?
Ehepartner kรถnnen sich gegenseitig als Vorerben einsetzen und zugleich die darauf folgenden Nacherben bestimmen. Nur was, wenn die Nacherben รผbergangen werden?
Erblasser kรถnnen Vorerben und Nacherben einsetzen. Das sind hรคufig der Ehepartner und dann die Kinder. Schlagen diese das Erbe aus, treten die Ersatznacherben auf den Plan โ in der Regel die Enkelkinder. Doch was passiert, wenn die Nacherben das Erbe fรผr die Enkel ausschlagen? Verfรคllt dann die Erbfolge?
Nein. Vorerben mรผssen den Nachlass fรผr die Nacherben erhalten. Sie dรผrfen deshalb nicht etwa ein Grundstรผck aus dem Nachlass verschenken โ eben auch in dem Fall, wenn die Nacherben ausschlagen. Das bedeutet: Verzichten die Nacherben auf ihren Pflichtteil, treten automatisch die Enkel als ursprรผngliche Ersatznacherben an ihre Stelle. Das hat das Landgericht (LG) Bremen entschieden (Az.: 2 O 179/19).
Im verhandelten Fall hatte ein Mann seine Ehefrau im Testament als Vorerbin eingesetzt. Die erwachsenen Kinder wurden als Nacherben, die Enkel als Ersatznacherben benannt. Nach dem Tod des Erblassers schlugen die Kinder ihr Nacherbe aus.
Witwe verschenkt Teil des Nachlasses
Daraufhin verschenkte die Witwe als Vorerbin eines der geerbten Grundstรผcke an ihren Groรneffen. Nach dem Tod der Frau verlangten die Enkel das Grundstรผck als Teil ihres Nacherbes vom Groรneffen.
Zu Recht, urteilten die Richter. Trotz Ausschlagung der Kinder durfte die Ehefrau das Grundstรผck nicht verschenken. Denn: Die Enkel sind als Ersatznacherben an die Stelle der Kinder getreten.
Bei der Ausschlagung durch die Nacherben fรคllt das Erbe im Zweifel an den Vorerben zurรผck. Dies gilt aber nur dann, wenn der Erblasser nichts anderes angeordnet hat. Wurden Ersatznacherben bestimmt, so deutet das nach Ansicht der Richter darauf hin, dass sie bei Wegfall der Nacherben begรผnstigt werden sollen.
Familie soll nicht doppelt berรผcksichtigt werden
Dies gilt jedenfalls, wenn die Kinder als eigentliche Nacherben nicht ihren Pflichtteil erhalten, so das Landgericht. Denn dann kรคme es zu einer doppelten Berรผcksichtigung der Familie des ausschlagenden Kindes, von der nicht anzunehmen ist, dass der Verstorbene dies wollte.
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Wenn โ wie in diesem Fall โ die Kinder aber keinen Pflichtteil erhalten haben, kรถnnen die Enkel das Grundstรผck verlangen, da es Bestandteil der ihnen angefallenen Nacherbschaft ist.