Premierministerin tritt zurĂŒck: Die Kandidaten um die May-Nachfolge
AuĂenminister Jeremy Hunt hat eine Wandlung vom EU-BefĂŒrworter zum Brexit-AnhĂ€nger durchgemacht. Viele glauben, dass er sich damit schon in Position bringen wollte fĂŒr die May-Nachfolge. Als AuĂenminister gelang es ihm, die europĂ€ischen VerbĂŒndeten mit Ă€hnlich provokativen Stellungnahmen gegen sich aufzubringen wie sein VorgĂ€nger Boris Johnson. Bei einer Parteitagsrede verglich er die EU mit der Sowjetunion.
Gesundheitsminister Matt Hancock lehnt einen Brexit ohne Deal ab. Ihm werden im Rennen um die Nachfolge von May allerdings wenig Chancen eingerÀumt. Er selbst hebt in Interviews seine Energie und Durchsetzungskraft hervor.
Er gilt im Rennen um Mays Nachfolge als Ă€uĂerst kompetent, bleibt nach EinschĂ€tzung britischer Medien allerdings ein AuĂenseiter: Entwicklungshilfeminister Rory Stewart ist eigentlich ein EU-AnhĂ€nger. Er akzeptiert jedoch das Ergebnis des Brexit-Referendums. Einen ungeregelten Austritt aus der EU lehnt Stewart kategorisch ab und will mit BĂŒrgerbeteiligung einen Brexit-Kompromiss ausarbeiten. Sollte er Premierminister werden, möchte er den Klimaschutz verstĂ€rken.
Jurist Dominic Raab gilt als Brexit-Hardliner und hatte schon mehrere Posten in der Regierung. Sein Amt als Brexit-Minister gab er nach wenigen Monaten aus Protest gegen den Vertragsentwurf zum EU-Austritt auf. Nicht immer machte er als Brexit-Minister eine glĂŒckliche Figur: So handelte er sich mit einer ĂuĂerung zum Handel heftigen Spott ein. Ihm sei das volle AusmaĂ der Bedeutung des Ărmelkanals fĂŒr die Wirtschaft nicht klar gewesen, hatte Raab gesagt.
Der ehrgeizige Innenminister Sajid Javid wechselte nach dem Referendum auf die Seite der Brexit-BefĂŒrworter. Als Sohn eines pakistanischstĂ€mmigen Busfahrers verkörpert er den Traum vom sozialen Aufstieg. In der Debatte um die RĂŒckkehr einer in GroĂbritannien aufgewachsenen IS-Frau, die mit ihrem Baby in einem FlĂŒchtlingslager in Syrien festsaĂ, zeigte er HĂ€rte und entzog ihr die StaatsbĂŒrgerschaft. Als das Kind starb, hagelte es Kritik.
Umweltminister Michael Gove gilt als bestens vernetzt, nicht nur im britischen Parlament, sondern auch bei den MĂ€chtigen in der Welt der Medien. Er verdingte sich nebenberuflich als Journalist. Gove gilt als ProtegĂ© des US-Medien-Moguls und Trump-VerbĂŒndeten Rupert Murdoch. Kritiker sehen in ihm einen politischen Wendehals, der seine Ambitionen skrupellos verfolgt.
Der Brexit-Hardliner Boris Johnson, der auch vor einem ungeregelten EU-Austritt nicht zurĂŒckschrecken wĂŒrde, gilt derzeit als Favorit. Er ist wortgewandt und Liebling der Parteimitglieder, doch in seiner Zeit als AuĂenminister stapfte er in etliche FettnĂ€pfchen. Seinen Posten gab er schlieĂlich auf â aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs. Viele trauen ihm zu, enttĂ€uschte Brexit-WĂ€hler wieder zurĂŒckzugewinnen.
Aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs legte Arbeitsministerin Esther McVey ihr Amt nieder. Sie besteht darauf, dass GroĂbritannien am 31. Oktober die EU verlassen muss â und nimmt dafĂŒr auch einen ungeregelten Austritt in Kauf. In der ersten Wahlrunde ausgeschieden.
Nach dem Brexit-Referendum und dem RĂŒcktritt von David Cameron 2016 war Andrea Leadsom â neben May â in die engere Auswahl als Parteichefin gekommen. Sie musste sich aber wegen einer unglĂŒcklichen ĂuĂerung aus dem Rennen zurĂŒckziehen. SpĂ€ter wurde die Brexit-Hardlinerin von Premierministerin May als Ministerin fĂŒr Parlamentsfragen ins Kabinett geholt. Ende Mai trat Leadsom aus Protest gegen Mays Brexit-Politik von ihrem Posten zurĂŒck â und beschleunigte damit womöglich den Abschied ihrer einstigen Rivalin. In der ersten Wahlrunde ausgeschieden.
Obwohl er ein EU-Freund ist, akzeptiert Mark Harper das Brexit-Referendum. Er selbst sieht sich im Rennen um Mays Nachfolge als AuĂenseiter. Harper wĂ€re fĂŒr eine kurze VerlĂ€ngerung der Austrittsfrist ĂŒber den 31. Oktober hinaus. Falls das nicht möglich sei, wĂŒrde er auch einer Loslösung von der EU ohne Deal zustimmen. In der ersten Wahlrunde ausgeschieden.