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Kommentar zu Gil Ofarim: Zweifel müssen erlaubt sein


Zweifel an Gil Ofarims Schilderungen müssen erlaubt sein

Ein Kommentar von Mario Thieme

Aktualisiert am 19.10.2021Lesedauer: 2 Min.
Meinung
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Gil Ofarim ist seit Wochen im Gespräch. Er soll antisemitisch beleidigt worden sein.Vergrößern des Bildes
Gil Ofarim ist seit Wochen im Gespräch: Er soll antisemitisch beleidigt worden sein. (Quelle: Tobias Hase/dpa)

Er sei in einem Hotel antisemitisch beleidigt worden, behauptete Gil Ofarim. Nach dem Auftauchen eines Überwachungsvideos kamen Zweifel an der Schilderung auf. Eine Verleumdung des Opfers ist das aber nicht.

Als Gil Ofarim aufgrund seiner Davidstern-Kette eines Leipziger Hotels verwiesen wurde, war die Empörung in der Öffentlichkeit groß. Der Vorfall löste eine Antisemitismus-Debatte aus. Der Sänger war selbst davon überrascht, wie hoch die Wellen schlugen. Dann tauchten plötzlich Aufnahmen auf, die den Fall in einem etwas anderen Licht erscheinen ließen. Auf den Videos ist der Schmuck nämlich nicht sichtbar.

Trug Gil Ofarim nun den Davidstern um den Hals oder nicht? Das sei gar nicht die Frage, behaupten manche, darunter auch unsere Kommentatorin bei t-online. Entscheidend sei nur, dass Antisemitismus existiere und problematisiert werden müsse. Besonders in den sozialen Medien wie Twitter ist diese Sicht der Dinge populär.

Aber ist nicht genau dieses Detail entscheidend für die Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Opfers und die Tragweite der Vorwürfe? Schließlich ist es eben diese Kette, die Gil Ofarim angeblich nach Aufforderung durch den Hotel-Mitarbeiter wegstecken sollte.

Beide Seiten der Geschichte anhören

Es geht nicht darum, aus einem Opfer einen Täter zu machen – geschweige denn Gil Ofarim als Lügner anzuprangern. Im Gegenteil, die lückenlose Aufklärung der unschönen Angelegenheit sollte im Interesse aller sein. Dabei ist es unumgänglich, beide Seiten der Geschichte zu hören – sowohl die des Anklägers als auch die des Beschuldigten.

Die Version Gil Ofarims infrage zu stellen, bedeute, das vermeintliche Opfer zu verunglimpfen, ist etwa bei Twitter zu lesen. Diese Praxis, auch als "Victim Blaming" bekannt, ist heutzutage ein rasch erhobener Vorwurf gegen diejenigen, die der Tätersicht zu viel Beachtung schenken, beziehungsweise dem Opfer kritische Nachfragen stellen oder es auf Widersprüche hinweisen.

Gerichte tagen – online und offline

In den schnelllebigen sozialen Medien wird der Begriff "Victim Blaming" oft unbedacht in den Raum geworfen. Das ist ein Problem. Denn wenn das Twitter- und Facebook-Gericht tagt, ist die Verurteilung des Angeklagten oftmals schon beschlossene Sache, ohne dass sich eingängig mit der entsprechenden Causa auseinandergesetzt wurde.

Mit dem Skandal um den 39-jährigen Musiker wird sich bald wohl ein tatsächlich existierendes Gericht beschäftigen, fernab vom Internet. Denn der Rezeptionist, der ihn aufgrund des Davidsterns abgewiesen haben soll, erstattete Anzeige wegen Verleumdung. Es bleibt zu hoffen, dass die polizeilichen Ermittlungen weniger vorschnell zu einem Urteil führen, als es in den sozialen Medien geschehen ist.

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