Stuttgarter Traditions-Sektkellerei Rilling macht dicht

Schock für die Liebhaber des Stuttgarter Sekts: Nach rund 135 Jahren stellt die traditionsreiche Sektkellerei Rilling ihren Betrieb ein.

Die Stuttgarter Traditions-Sektkellerei Rilling hört auf. Bis zum 30. September wird das Unternehmen aus Stuttgart-Bad Cannstatt seinen Betrieb sukzessive einstellen. Damit verschwindet die Traditionsmarke nach fast 135 Jahren endgültig vom Markt.

"Das Marktumfeld für Sekt und Schaumweine ist seit Jahren schwierig", heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Rilling Sekt habe in der Vergangenheit mit rund 30 Sektsorten ein zu breites Sortiment gehabt, konnte sich aber zugleich nicht rechtzeitig auf die sich verändernde Nachfrage einstellen, heißt es weiter. Die Mitarbeiter wurden laut Unternehmensangaben bereits im Vorfeld informiert und mit eingebunden.

"Wir hatten von Anfang an das Ziel, Rilling als Sekthersteller zu erhalten und mit einem erfahrenen Partner mit Produktions- und Markt-Know-how fortzuführen", sagt Tobias Grimminger, der 2021 mit Partner Cemal Isin das Unternehmen kaufte und die Geschäftsführung übernahm. "Die Gespräche und Verhandlungen waren jedoch nicht erfolgreich", so Grimminger weiter. Ein zweiter Interessent habe die anfänglich Erfolg versprechenden Gespräche aufgrund der hohen erforderlichen Investitionen und dem schwierigen Marktumfeld abgebrochen.

Absatz von Rilling-Sekt schon länger rückläufig

Schon seit den 1990er Jahren sei der Absatz von Rilling rückläufig, schreibt das Unternehmen weiter. Zudem verweist es auf fehlende Erschließung neuer Zielgruppen, ein verändertes Konsumverhalten und eine unterdurchschnittliche Vertretung im Einzelhandel. So sei die Marke in ein niedriges Preissegment mit geringen Margen abgerutscht.

Auch die Pandemie habe dem Unternehmen zugesetzt, weil Gaststätten geschlossen werden mussten und Feiern wie Hochzeiten, Bälle und Festivals nicht stattfinden konnten – Veranstaltungen also, auf denen sonst viel Sekt getrunken werde.

Darüber hinaus habe der Ukraine-Krieg starke Kostensteigerungen bei Glasflaschen, Aluminium und Energie verursacht, die nicht an die Kunden hätten weitergegeben werden können, schreibt das Unternehmen.

Stuttgarter Sektkellerei mit langer Tradition

Rilling wurde 1887 als Weinhandlung von Ludwig Rilling in Bad Cannstatt gegründet. Bereits 1900 erwarb Rilling das Stammhaus in der Brückenstraße 8–10 mit einem weitgewölbten Keller aus dem 17. Jahrhundert. 1935 begann das Unternehmen mit der Herstellung von Sekt und prägte die Branche in Deutschland entscheidend mit. Sohn Albert Rilling erhielt ein Patent auf das Verfahren einer zweiten Gärung im Sekttank, auf dem heute weltweit der größte Teil der Sektproduktion basiert. Zu Spitzenzeiten beschäftigte Rilling mehr als 200 Mitarbeitende. Heute sind es nur noch rund 30.

Von 2010 bis zum Verkauf an die Neueigentümer wurde das Unternehmen von Charlotte und Bernhard Rilling geleitet. Bernhard Rilling hat das Unternehmen als Betriebsleiter nach der Übernahme weiter begleitet. Umfangreiche Investitionen wären in den vergangenen Jahren notwendig geworden, um weiterhin erfolgreich am Markt agieren zu können. Zu den nicht mehr zeitgemäßen Produktionsanlagen kam die logistisch schwierige Lage des verwinkelten Gebäudeensembles am Ufer des Neckars.